Der Laden läuft |
25.09.2000 00:00 Uhr |
Egal ob Bayer, Roche, Aventis oder Merck - fast alle großen forschenden Pharmakonzerne setzten auf das Know-how der LQS. Die drei schwarzen Buchstaben auf gelben Grund stehen für Labor- und Qualitäts-Service GmbH, ein unabhängiges Tochterunternehmen der Deutschen Apothekerschaft, das vor etwas mehr als zwei Jahren als eigenständiges und wirtschaftendes Unternehmen aus dem Zentrallaboratorium ausgegliedert wurde.
Das Durchschnittsalter im Team liegt deutlich unter 40. Dr. Johannes Krämer, Geschäftsführer und geistiger Vater der LQS ist stolz auf seine Mannschaft: "Trotz klarer Hierarchien wird Teamgeist bei uns großgeschrieben." Krämer setzt vor allem auf die Kreativität und Motivation seiner 25 Schützlinge, die er zum Teil aus ZL mit in die eigene Firma rettete.
Vor rund drei Jahren fasste Krämer spontan den Entschluss, eine eigene Firma zu gründen. Er und seine schon damals auf Biopharmazie spezialisierte Abteilung standen nahezu auf der Straße. Das als gemeinnützig anerkannte ZL durfte keine Aufträge mehr aus der Industrie annehmen, um seinen steuerbegünstigten Status nicht zu gefährden.
Diese Lücke wollte Krämer mit seiner LQS künftig füllen. Zunächst im Alleingang, entschied sich der Pharmazeut dann für eine Partnerschaft mit der ABDA. Heute ist die LQS ein Tochterunternehmen der deutschen Apothekerschaft. Neben Geschäftsführer Krämer übernahmen BAK-Präsident Dr. Hartmut Schmall und ABDA-Vizepräsident Werner Trockel die Funktion eines Gesellschafters.
Die pharmazeutische Industrie lagert inzwischen immer mehr Arbeit rund um die Entwicklung sowie Herstellung von Arzneimitteln aus. Dieses Outsourcing der Qualitätskontrolle bildet eine wichtige Lebensgrundlage der LQS. Sie entwickelt und validiert im Auftrag Prüfverfahren für alle Phasen der Arzneimittelherstellung und führt die Untersuchungen dann auch im eigenen Labor durch. "Wir sind quasi die verlängerte Werkband der Industrie", erklärt Krämer. Und das gilt nicht nur für die Entwicklung von Prüfmethoden, zum Beispiel zur Bestimmung biopharmazeutischer Parameter wie der In-vitro-Freisetzung, wenn die Unternehmen neue Arzneimittel auf den Markt bringen. Die LQS übernimmt später auch Aufgaben im laufenden Herstellungsprozess, gibt zum Beispiel Chargen frei oder sucht in Ausgangssubstanzen nach Verunreinigungen oder prüft die Stabilität von Rohstoff und fertigem Produkt. Dazu stehen sogar im Keller eigene Klimakammern bereit, in denen das Prüfgut entsprechend den Vorgaben eingelagert werden kann.
Domäne Biopharmazie
Spektakuläre Hightech-Geräte sucht man im LQS-Labor vergeblich. Den Raum dominieren vielmehr die verschiedensten Glasgefäße, in denen Rührer monton vor sich hin rudern. Mit diesen Paddle-Apparaturen analysieren die Mitarbeiter in vitro das Freisetzungsverhalten verschiedenster Arzneiformen. "Ich glaube, wir haben so ziemlich alle Geräte, die weltweit in Arzneibüchern vorgeschrieben sind", berichtet Krämer stolz. Die Kunst besteht darin, mit einfachen In-vitro-Methoden möglichst perfekt die physiologischen Prozesse im menschlichen Organismus zu simulieren, so dass die Daten des Experiments im Rührgefäß mit In-vitro-Werten korrelieren.
Die Proben werden anschließend hauptsächlich per Hochleistungsflüssigkeits- oder Gaschromatographie (HPLC, GC) sowie mit spektroskopischen Methoden auf ihre Inhaltsstoffe hin analysiert. Damit auch lichtempfindliche Substanzen untersucht werden können, steht in einem Teil des LQS-Labors eine Art Dunkelkammer bereit. "Dieses Separee heißt bei uns Transsylvanien", schmunzelt Krämer. Auch hier rühren diverse Paddleapparaturen - und die gezogenen Proben können vor Ort per HPLC direkt vermessen werden.
Was auf die deutschen Apotheken in Sachen Qualitätssicherung in den nächsten Jahren erst zukommen wird, ist bei der LQS seit jeher Alltag. Nicht nur alle Geräte von Kühlschrank bis zur Analysenwaage sind kalibriert, ausnahmslos jeder Arbeitsschritt im Labor wird auch dokumentiert und kann jederzeit nachvollzogen werden. Das geht soweit, dass ein eigener Computer die Temperaturschwankungen in den einzelnen Klimakammern im Keller lückenlos aufzeichnet.
Ein weiteres wichtiges Standbein der LQS sind die so genannten Referenzstandards. Diese Vergleichssubstanzen sind für jedes Unternehmen unabdingbar, um Arzneistoffe oder Hilfsstoffe auf Identität aber auch Gehalt und Verunreinigungen zu prüfen. Die LQS bietet ihren Kunden die gängigsten Referenzsubstanzen in Arzneibuchqualität an. Dabei konzentriert sich der Handel in Eschborn vornehmlich auf Standards, die für Prüfungen nach dem US-amerikanischen Arzneibuch USP nötig sind. Interessierte Kunden können diese vergleichsubstanzen rund um die Uhr per Mausklick unter www.lqs-gmbh.de ordern.
Vielleicht liegt der lockere und freundschaftliche Umgang, der jedem Besucher sofort auffällt, der durch die Büros und Laborgänge im zweiten Stock in der Carl-Mannich-Straße 20 spaziert, an der Internationalität des LQS-Teams. Ausser ihm stamme nur noch eine Kollegin aus Deutschland, berichtet Krämer und zählt die sonst noch vertretenen Nationen auf: Frankreich, Vietnam, Türkei, Polen, Rumänien et cetera. Genauso bunt gemischt sind auch die beruflichen Werdegänge seiner Schützlinge: Neben PTA, CTA, promovierten Chemikern, Chemieingenieuren und Chemielaboranten gibt's nur einen Apotheker - den Chef selbst. Dennoch ist die LQS als Weiterbildungsstätte für den Bereich pharmazeutische Analytik anerkannt. Zusätzlich verbringen regelmäßig Pharmazie- und PTA-Praktikanten einen Teil ihrer Ausbildung im Haus.
Inzwischen erwirtschaftet die LQS jährlich rund 100.000 DM Umsatz pro Mitarbeiter. Die meisten Aufträge stammen aus der Pharmaindustrie. Aber auch die Arzneimittelkommission Deutscher Apotheker (AMK) gibt manch kniffelige Prüfung über das ZL an die LQS weiter. Den Erfolg des jungen Unternehmens wertet Krämer als ein klares Indiz für das große Engagement seiner Mitarbeiter. "Manchmal rufe ich spät abends von zu Hause in der Firma an, um eine eifrige Kollegin endlich zum Heimgehen zu motivieren."
Teamgeist bewies die gesammelte LQS-Mannschaft erst am letzten Wochenende. Denn Krämer
und seine Truppe treffen sich nicht nur jeden Dienstag Abend zum gemeinsamen Jogging,
sondern nahmen am letzten Wochenende auch geschlossen an einem Volkslauf im hessischen
Kronberg teil. Dazu ließ der Chef eigens Trikots mit dem LQS-Slogan bedrucken: "Der
Laden läuft".
© 2000 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de