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Testosteron beim älteren Mann substituieren?

22.09.1997  00:00 Uhr

- Pharmazie

Govi-Verlag

Testosteron beim älteren Mann substituieren?

In einigen Illustrierten war es bereits zu lesen: Gegen Ende des Jahres soll ein Testosteron-Pflaster in Deutschland auf den Markt kommen, und verlorengegangene Manneskraft sei dann kein Problem mehr. In diesen Pressemeldungen stimmen angestrebter Zeitpunkt der Zulassung und Darreichung des Arzneimittels, die Indikation jedoch nicht. Vielmehr ist eine Testosteronsubstitution bisher nur bei nachgewiesenem Testosteronmangel infolge Hypogonadismus oder Kastration indiziert.

Als weitere mögliche Anwendung steht die Substitution beim älteren Mann im Raum, "jedoch nicht nach dem Gießkannenprinzip", warnte Professor Dr. Dr. Wolf-Bernhard Schill vom Zentrum für Dermatologie und Andrologie der Justus-Liebig-Universität, Gießen, auf einer von Ferring Arzneimittel unterstützten Veranstaltung. Männer haben nämlich nicht ein der Frau vergleichbares Klimakterium, die abrupte Hormonumstellung bleibt aus.

Für Schill ist eine Testosteron-Substitution beim älteren Mann dann sinnvoll, wenn das freie Testosteron relativ erniedrigt ist (in den Morgenstunden gemessene Serumkonzentration unter 12 nmol/l) und mit Symptomen wie Libidoverlust, Antriebslosigkeit, Verminderung der Leistungsfähigkeit, Osteoporose oder Reduktion der Muskelmasse einhergeht. Eine erektile Dysfunktion als einziges Symptom sei meist keine Indikation zur Substitution, da diese Störung nur in 2,5 bis 6 Prozent der Fälle durch ein Testosteron-Defizit allein verursacht werde. Meistens lägen Gefäßstörungen zugrunde. Das erkläre auch die Tatsache, daß bei Diabetikern häufiger erektile Dysfunktionen auftreten.

Schill machte klar, daß Testosteron-Präparate zur Verbesserung der Spermatogenese ungeeignet sind: "Die physiologischen Androgenkonzentrationen im Hoden liegen bis zum Faktor 100 über dem der Blutserumspiegel." Wolle man durch parenterale Testosteronapplikation die intratestikuläre Konzentration deutlich erhöhen, bräuchte man Dosen von mehr als einem Gramm pro Tag. Schill gab jedoch zu, daß niedrig dosiertes Testosteron günstige Effekte auf die Nebenhoden ausübe. Reifung und Transport der Spermatozoen werden verbessert.

Transskrotale Applikation imitiert physiologischen Tagesspiegel

Die Entwicklung eines Hormon-Pflasters für den Mann stieß zunächst auf Schwierigkeiten. "Beim Mann müssen hohe Dosen im Bereich der Testosteron-Eigenproduktion von etwa 6 Milligramm pro Tag appliziert werden", erklärte Professor Dr. Eberhard Nieschlag von der Westfälischen Wilhelms-Universität, Münster. Zum Vergleich: Die Estradioldosis in Hormonpflastern für die Frau liegt im Mikrogrammbereich. Das von Ferring und Alza gemeinsam entwickelte Hormonpflaster (Testoderm) nutzt die gute Resorptionsfähigkeit der Skrotalhaut aus. Die Hodensackhaut ist bis in die obersten Epithelschichten gut durchblutet.

Testoderm besteht aus 40 oder 60 cm2 großen Polymermembranen, die mit 10 beziehungsweise 15 Milligramm Testosteron beladen sind. Jeden Tag neu in den Morgenstunden auf die Skrotalhaut geklebt, werden Serumtestosteronspiegel erreicht, die dem circadianen Rhythmus entsprechen. Das sei der entscheidende Vorteil gegenüber bisherigen Testosteron-Präparaten, die oral oder intramuskulär verabreicht werden, informierte Nieschlag. Auch Implantate geben anfangs zu große Hormonmengen ab.

Da die Skrotalhaut eine hohe 5a-Reduktase-Aktivität aufweist, wird Testosteron in hohem Prozentsatz zu Dihydrotestosteron (DHT) metabolisiert. So liegen denn auch die Serum-DHT-Konzentrationen der Patienten über dem oberen Normalwert, und der DHT-Testosteronquotient ist erhöht. Testosteron- und Estradiolwerte liegen im Normbereich.

Langzeituntersuchungen von bis zu acht Jahren haben nach den Ausführungen Nieschlags ergeben, daß die erhöhten DHT-Spiegel keinen negativen Einfluß auf die Entwicklung der Größe der Prostata haben. Vermutungen, daß die Konzentration des prostataspezifischen Antigens (PSA) und damit das Prostatakarzinomrisiko ansteigen, haben sich laut Nieschlag nicht bestätigt. Trotzdem rät er zu Kontrolluntersuchungen einmal im Jahr. PSA-Wert-Bestimmung, Blutbild- und Fettwert-Überprüfung seien bei Testosteron-Substituierten dringend anzuraten. Beeinträchtigungen des Fettstoffwechsels seien im Bereich des möglichen.

Vorteil des transskrotalen therapeutischen Systems ist, daß es wegen der guten Penetrationsmöglichkeit keinen Enhancer enthält. Hautirritationen kommen deshalb selten vor. Während Testoderm in den USA bereits auf dem Markt ist, wartet Androderm in den USA gerade auf die Zulassung. Androderm ist ein transdermales Testosteronpflaster, das auf Bauch oder Oberarm geklebt wird. Für diesen Transportweg ist wiederum ein Enhancer notwendig. Hautreizungen sind die Folge. Zur Substitution müssen zwei Systeme (Testosteron-Reservoir und Enhancer) für 24 Stunden täglich aufgetragen werden.

PZ-Artikel von Elke Wolf, Salzburg Top

 

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