Pharmazie
Wie die Ärzte Zeitung in ihrer Ausgabe vom 2. September 1997 unter
Berufung auf eine Meldung im "Wall Street Journal Europe" berichtete, hat
die Firma Novartis in den USA ihre Phenolphthalein-haltigen Arzneimittel,
die als Abführmittel eingesetzt werden, vorsorglich vom Markt genommen.
Novartis habe damit auf tierexperimentelle Studien reagiert, in denen
Phenolphthalein in hoher Dosierung Krebs verursacht habe. In Deutschland
bietet Novartis übrigens keine Arzneimittel mit dem Wirkstoff an. Von der
amerikanischen Zulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration)
sei ein Verbot Phenolphthalein-haltiger Arzneimittel erwogen worden.
Phenolphthalein wird zur kurzfristigen Anwendung bei Obstipation sowie bei
Erkrankungen, die eine erleichterte Defäkation erfordern, eingesetzt. Es hat
unabhängig vom jetzt erstmals geäußerten Krebsverdacht ein breites Spektrum an
spezifischen Nebenwirkungen, deren Ausprägung in der Mehrzahl der Fälle auf eine
Hypersensitivität schließen läßt. Einige der unerwünschten Wirkungen sind als
schwerwiegend einzustufen. In der Aufbereitungsmonographie, veröffentlicht im
Bundesanzeiger Nr. 179 vom 23. September 1988, werden genannt:
o gelegentlich: fixe Hautreaktionen, die mit Hyperpigmentation und Pruritus
einhergehen können, und als erythematöse, vesikuläre, papolovesikuläre, urtikarielle
oder exfoliative Formen imponieren
o selten: Urtikaria, Quincke-Ödem, Stevens-Johnson-Syndrom; abdominelle
Krämpfe: Nierenschäden mit Hämoglobinurie, Albuminurie, Hämaturie, Proteinurie
oder Anurie
o in Einzelfällen: Lyell-Syndrom, Nagelveränderungen; anaphylaktische Reaktionen,
kardialer Schock, Perikardtreiben, angioneurotisches Ödem;
Lupus-erythematodes-ähnliche Krankheitsbilder; Urethritis, Konjunktivitis,
Stomatitis, Schwellung und Geschwürstbildung der Glans penis; Hämorrhagie,
Hämolyse, nichtthrombozytopenische Purpura.
In Deutschland sind noch eine Reihe von Arzneimitteln im Handel, die den
umstrittenen Wirkstoff enthalten und überwiegend im Handverkauf abgegeben
werden. Sie können der Pharmazeutischen Stoffliste oder der ABDA-Datenbank
entnommen werden. Es bleibt abzuwarten, wie die deutsche Zulassungsbehörde auf
diese tierexperimentellen Studien reagiert. Vosichtshalber sollten, auch wegen des
breiten Nebenwirkungsspektrums, Phenolphthalein-haltige Abführmittel
zurückhaltender als bisher angewendet werden.
PZ-Artikel von Rolf Thesen, Eschborn
© 1997 GOVI-Verlag
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