Pharmazie
Die weltweite Zunahme maligner Hauterkrankungen wie Melanome,
Basaliome oder Stachelzellkarzinome wird unter anderem durch die erhöhte
Belastung mit UV-Strahlung verursacht. Bedenkt man die langen
Entwicklungszeiten dieser Tumoren, ist mit steigenden Zahlen an
Erkrankten zu rechnen. Als besonderes Risiko für die spätere Ausbildung
eines Melanoms gelten Sonnenbrände vor dem 20. Lebensjahr.
Ebenso beobachten die Menschen aufgrund eines geänderten Verhaltens gegenüber
der Sonne zunehmend "Sonnenallergien". Die meisten dieser sogenannten Allergien
gehören allerdings in den Bereich der phototoxisch verursachten polymorphen
Lichtdermatosen (PLD). Die Differentialdiagnose kann nur der Dermatologe stellen,
als vorbeugende Maßnahme kommt an erster Stelle ein ausreichender Sonnenschutz
in Frage. Als Ursache für die zunehmend auftretenden PLD wird auch oxidativer
Streß durch freie Radikalionen vermutet, erklärte Dr. Lutz Schneider, Wuppertal,
bei einem von Beiersdorf unterstützten Seminar anläßlich des 34.
DAV-Wirtschaftsforums in Baden-Baden.
Selbst die häufige Nutzung von Sonnenstudios wird von der
Strahlenschutzkommission mittlerweile mit gewisser Besorgnis" gesehen, und es gilt
sicher die Empfehlung, daß auch bei der zunehmenden Qualität der
Bräunungsapparate (keine UVB- oder UVA2-Strahlung) ein umsichtiger Gebrauch
sinnvoll ist. Die zunehmende Erkenntnis um das Risiko übermäßiger
Strahlungsbelastung sollte im Sonnenschutz zur Devise führen: Nicht kleckern -
klotzen!
Die Apotheke als Informations- und Beratungsinstitution
Die erforderliche Beratung der Menschen im Hinblick auf einen vernünftigen Einsatz
von Sonnenschutzmitteln kann im besonderen Maße in Apotheken erbracht werden.
Neben der Kenntnis um den Aufbau der Haut und ihrer möglichen Schäden kann
dort der Wert der verschiedenen Schutzmöglichkeiten kompetent bewertet werden.
Die wesentlichen Prinzipien des äußeren Lichtschutzes sind die Filterung oder
Reflexion des UV-Lichtes. Während Filter noch einen Teil der Strahlung
hindurchtreten lassen, dienen Mikropigmente als Reflektoren für einen blockierenden
Sonnenschutz. Für hohe Lichtschutzfaktoren werden häufig beide gemischt.
Aufgrund der weitgehend durch UVA ausgelösten phototoxischen Reaktionen und
Austrocknungseffekte schützen die meisten Präparate heute nicht nur gegen UVB-,
sondern auch gegen UVA-Strahlen.
Die Angabe der Lichtschutzfaktoren erfolgt nach unterschiedlichen Testmethoden.
Wegen der Genauigkeit sollte heute für die Bestimmung von
UVB-Lichtschutzfaktoren die DIN- oder COLIPA-Methode verlangt werden. Da
die Bestimmung an Probanden erfolgt, können die Faktoren recht genau die
Verlängerung der Eigenschutzzeit der Haut gegenüber UVB-Licht angeben. Die
Ermittlung von UVA-Lichtschutzfaktoren kann experimentell nach dem australischen
Standard erfolgen, wobei die Angabe hoher, mittlerer beziehungsweise niedriger
UVA-Schutz" ausreichend ist.
Über die Bedeutung der Lichtschutzfaktoren (LSF) herrschen häufig falsche
Vorstellungen, wie etwa "viel hilft viel". Tatsache ist, daß die Eigenschutzzeit nur
einmal ausgenutzt werden kann: Ein Mensch mit einer typbedingten Eigenschutzzeit
von 30 Minuten kann diese Schutzzeit bei Verwendung eines LSF 10 theoretisch auf
300 Minuten verlängern. Das setzt aber eine richtige Anwendung voraus, wie zum
Beispiel häufiges Auftragen des Sonnenschutzmittels, betonte Schneider.
Den Kunden bei der Auswahl des richtigen Lichtschutzfaktors individuell und
persönlich zu beraten, ist eine der wesentlichen Leistungen für die Apotheker. Die
umfassende Befragung des Patienten nach seinem Urlaubsziel, seinem persönlichen
Risiko (Hauttyp) und seinen zu erwartenden Verhaltensweisen in der Sonne
(Bräunungsfanatiker?) bestimmen die Auswahl des richtigen Sonnenkosmetikums.
Um eine Austrocknung zu vermeiden, wird empfohlen, die theoretisch mögliche
Gesamtschutzzeit nur zu zwei Drittel auszunutzen. Es gibt Bemühungen, dies durch
einen sogenannten Alterungsfaktor, der sich für die Haut ergibt, zu verdeutlichen.
Zahlreiche Ansätze zum Schutz vor Sonne
Die Vermutung, daß oxidativer Streß für den Zelltod mitverantwortlich ist, führte zu
Untersuchungen zum protektiven Effekt von Radikalfängern. Es werden hierfür
beispielsweise Selenhefe, Carotinoide, Vitamin C und E eingesetzt. Die Überlegung
eines Sonnenschutzes von innen über die durchblutete Lederhaut führte zur
Formulierung der "Sonnenschutz-Kapseln".
Auch wurden Lichtfilterkombinationen entwickelt, die zum Beispiel Vitamin E
enthalten. Für Pharmazeuten ist das synthetische Vitamin E als
alpha-Tocopherolacetat schon lange als Oxidationsschutz auch für Medikamente
bekannt.
Es sind mehrere Möglichkeiten des Sonnenschutzes möglich, deren Kombination
dem Menschen einen sicheren Aufenthalt im Freien ermöglicht: textiler Lichtschutz,
Eigenschutz wie Lichtschwiele und langsames Bräunen durch vernünftiges Verhalten
aktivieren, rechtzeitiger und ausreichender Lichtschutz mit Sonnenkosmetika. Das
Ziel muß heißen: Jeden Sonnenbrand vermeiden und Spätschäden minimieren.
PZ-Artikel von Lutz Schneider, Baden-Baden
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