Pharmazie
Seit Anfang Juli steht ein neuer Wirkstoff zur Glaukomtherapie zur
Verfügung: Latanaprost, ein Prostaglandin-F2alpha-Derivat. Die
Augentropfen senken den Augeninnendruck bei primärem
Offenwinkelglaukom und bei okulärer Hypertension (erhöhter
Augeninnendruck). Die Substanz kann als Monotherapie oder in
Kombination eingesetzt werden.
Der Augeninnendruck wird reguliert durch die Bildung von Kammerwasser und
dessen Abfluß über das Trabekelwerk und zum geringeren Teil über den
uveoskleralen Weg (mittlere Augenhaut und Lederhaut). Niedrig dosierte
Prostaglandine, zum Beispiel PGF
2alpha, verbessern den uveoskleralen Abfluß.
Das Wirkprinzip ist relativ neu: Betarezeptorenblocker (Beispiel: Timolol) und
Carboanhydrasehemmer (Dorzolamid, Acetazolamid) hemmen die
Kammerwasserproduktion; Parasympathomimetika wie Pilocarpin und
alpha-adrenerge Substanzen wie Clonidin verbessern den trabekulären Abfluß;
Sympathomimetika wie Dipivefrin senken die Produktion und verbessern den Abfluß
über Trabekelwerk und uveoskleralen Weg.
Latanoprost ist das 15 (R)-Epimer des 17-phenylsubstituierten
PGF
2alpha-Isopropylesters. Der lipophile Ester dringt in die Hornhaut ein und wird
dort zur biologisch aktiven Säure hydrolysiert, die in das Kammerwasser diffundiert.
Systemisch aufgenommener Wirkstoff wird rasch metabolisiert und vorwiegend renal
ausgeschieden. Latanoprost bindet an PGF-Rezeptoren am Auge.
Für die Beratung: 1 ml Augentropfen (Xalatan®) enthalten 50 µg Latanoprost.
Einmal täglich, am besten abends, einen Tropfen (circa 1,5 µg Wirkstoff) in den
Bindehautsack träufeln. Häufigere Anwendung vermindert die Wirkung. Bis zur
Gabe anderer Augentropfen mindestens fünf Minuten warten. Beim Mischen mit
Thiomersal-haltigen Augentropfen entsteht in vitro eine Fällung. Geöffnete
Tropfflaschen sind vier Wochen haltbar.
In einer einjährigen Studie mit 198 Patienten reduzierte Latanoprost den
Augeninnendruck um durchschnittlich 32 Prozent. Eine andere Studie verglich die
Effekte von 0,5prozentigen Timolol-Augentropfen (zweimal täglich) mit
0,005prozentigen Latanoprost-Augentropfen (einmal täglich) über sechs Monate.
Latanoprost senkte den Augendruck signifikant stärker als der Betablocker (27
versus 20 Prozent).
Begleiteffekte von Latanoprost sind eine milde Hyperämie der Bindehaut und
Fremdkörpergefühl. Eine wichtige Nebenwirkung ist die mögliche Veränderung der
Augenfarbe, vor allem bei Menschen mit gemischtfarbiger Iris. Durch Zunahme des
braunen Pigmentanteils erscheint das Auge dunkler. Dieser Effekt trat bei 12 bis 16
Prozent der Patienten auf und ist wahrscheinlich irreversibel.
PZ-Artikel von Brigitte M. Gensthaler, München
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