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Wann welchen Lipidsenker bei hohen Blutfetten?

Datum 07.07.1997  00:00 Uhr

- Pharmazie

  Govi-Verlag

Wann welchen Lipidsenker bei hohen Blutfetten?

    Obwohl praktisch alle gebräuchlichen Lipidsenker auch auf das LDL-Cholesterol wirken, wird es durch die Gallensäuresequestrantien und die HMG-CoA-Reduktase-Inhibitoren am effektivsten gesenkt. Dagegen reduzieren Nikotinsäurederivate und Fibrate bevorzugt die Triglyceride. Für den richtigen Einsatz eines bestimmten Lipidsenkers oder einer Kombination sind Überlegungen zum individuellen Gesundheitszustand des Patienten unerläßlich. Unter Beachtung des vorliegenden Wirkmechanismus, der möglichen unerwünschten Wirkungen und möglichen Arzneimittelwechselwirkungen ist eine optimierte lipidsenkende Behandlung sicher und wirksam.

Wenn eine Diät und Änderungen der Lebensgewohnheiten nicht ausreichen, um die Blutlipidspiegel zu normalisieren, kommen zusätzlich zur nichtmedikamentösen Grundbehandlung Lipidsenker zum Einsatz. Bei einer konkreten Entscheidung für einen Patienten müssen verschiedene Aspekte bedacht werden.

Sicherlich bestimmen Art (Hypercholesterolämie oder Triglyceridämie im Vordergrund) und Ausmaß der Blutlipidveränderung die Notwendigkeit einer medikamentösen Behandlung. Hierbei sollten die Blutlipide, inklusive Differenzierung in Triglyceride (TG), Gesamtcholesterol, LDL- und HDL-assoziiertes Cholesterol an verschiedenen Tagen wiederholt werden.

Die untere Interventionsgrenze für eine Senkung des Cholesterols wird durch zusätzliche Risikofaktoren, insbesondere durch bereits existierende atherosklerotische Erkrankungen wie koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt und andere mitbestimmt. Die kontroverse Diskussion um eine untere Grenze von zum Beispiel 200 mg/dl Gesamtcholesterol ist deshalb müßig. Bei zusätzlichen Risikofaktoren kann die untere Grenze auch wesentlich niedriger liegen, wie in der Sheffield-Tabelle für einzelne Risikofaktoren und deren kombiniertes Auftreten ausgewiesen.

Der bevorzugte Einsatz der einzelnen Lipidsenkerklassen zur Cholesterolsenkung oder zur Triglyceridverringerung erklärt sich aus ihrem Wirkmechanismus. Primärer molekularer Wirkmechanismus der Statine (Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Simvastatin) ist eine Hemmung der HMG-CoA-Reduktase, des Schlüsselenzyms der endogenen Cholesterolbiosynthese. Klinische Auswirkung ist, daß durch die indirekt erfolgende Hochregulation der LDL-Rezeptoren (LDL-R) in der Leber vermehrt LDL-Cholesterol aus dem Blut extrahiert wird.

Anionenaustauscher oder Sequestrantien wie Colestyramin oder Colestipol unterbrechen den enterohepatischen Kreislauf der Gallensäuren, indem sie diese im Darmlumen binden und die Ausscheidung mit dem Stuhl erhöhen. Indirekt zieht dies eine erhöhte Nachsynthese von Gallensäuren aus Cholesterol in der Leber nach sich. Aufgrund der relativen Cholesterolverarmung kommt es wiederum zu einer Hochregulation der LDL-Rezeptoren in der Leber. Die Hauptwirkung von Nikotinsäure auf die Triglyceride wird dagegen mit einer verminderten Freisetzung von VLDL aus der Leber und damit einer Abnahme der aus der VLDL-Fraktion entstehenden LDL-Fraktion erklärt. Zudem soll Nikotinsäure die Freisetzung von freien Fettsäuren aus dem Fettgewebe vermindern. Als primärer Wirkmechanismus der Fibrate wird eine erhöhte Aktivierung der Lipoproteinlipase (LPL), des Schlüsselenzyms für den Abbau der VLDL diskutiert. Dies vermindert den Triglyceridspiegel.

Obwohl alle Lipidsenker wegen der metabolischen Wechselwirkung im Lipoproteinstoffwechsel praktisch sämtliche Lipidparameter beeinflussen, können sie nach ihrem vorherrschenden Effekt eingeteilt werden. Dies bedeutet, daß die Statine und Colestyramin aufgrund ihrer Cholesterolsenkung bevorzugt angewendet werden, wenn eine Hypercholesterolämie im Vordergrund der Lipidstoffwechselstörung steht. Umgekehrt sollten Fibrate und Nikotinsäure bevorzugt bei Triglyceridämie eingesetzt werden, wenn eine Cholesterolerhöhung von nachgeordneter Bedeutung ist.

Für klinische Zwecke kann man die Dyslipidämien grundsätzlich in primäre und sekundäre Formen unterteilen, wobei erstere eine genetische Ursache haben. In seltenen Fällen liegt eine monogenetische Störung zugrunde, wie bei der familiären Hypercholesterolämie, bei der eine Abnormalität im Gen für den LDL-Rezeptor zur gestörten Aufnahme von LDL-Cholesterol in die Leber führt. Zu beachten ist hierbei, daß nur die heterozygote Form einer Behandlung mit Statinen zugänglich ist; bei der homozygoten Form ist eine Induktion des LDL-Rezeptors nicht möglich, da er vollständig fehlt oder defekt ist. Die häufigste Form der primären Hypercholesterolämie ist die polygenetische Hypercholesterolämie.

Abgesehen von der obengenannten Ausnahme sind alle Formen der primären Hypercholesterolämie mit Statinen oder Sequestrantien (Anionenaustauscher Colestyramin) zu behandeln. Ideal wäre eine synergistisch wirkende Kombination beider Therapieprinzipien für eine nachhaltige Cholesterolsenkung, jedoch scheidet Colestyramin wegen Complianceproblemen und einer Reihe von Interaktionen mit Nahrungsmitteln und Medikamenten für eine langfristige Behandlung praktisch aus.

Sekundäre Dyslipidämien werden von Umwelteinflüssen und Erkrankungen wie Diabetes, Hypothyreodismus und Nephrotischem Syndrom oder Rauchen verursacht. In vielen Fällen läßt sich allerdings keine genaue Ursache ausmachen. Auch hier richtet sich die Therapie nach der im Vordergrund stehenden Dyslipidämie, eventuell Kombinationstherapie bei gemischten Fettstoffwechselstörungen.

Bei Diabetes bietet sich beispielsweise wegen der vorwiegenden Hypertriglyceridämie eine Behandlung mit Fibraten an. Eine optimale Einstellung des Diabetes mit Zuckerkontrolle und Diät sowie Änderung der Lebensgewohnheiten ist hier besonders wichtig, auch hinsichtlich der Dyslipidämie. Beim Nephrotischen Syndrom sind bei erhöhtem LDL-Cholesterol Statine indiziert. Obwohl Fibrate wegen der hier auftretenden Triglyceridämie indiziert wären, können sie wegen Akkumulation und Verstärkung der Niereninsuffizienz Probleme verursachen. Eine Hypertriglyceridämie nach Organtransplantation ist sicher und effektiv durch Gemfibrozil zu senken. Dagegen ist beim Gebrauch von Statinen Vorsicht geboten, da sie bei gleichzeitig notwendiger Immunsuppression mit Ciclosporin die Gefahr einer eventuell tödlich verlaufenden Rhabdomyolyse (Auflösung quergestreifter Muskelfasern) heraufbeschwören.

PZ-Artikel von Sabine H. Bodem, Karlstein

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