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Osteoporosetherapie auf drei Beinen

15.06.1998  00:00 Uhr

- Pharmazie

Govi-Verlag

Osteoporosetherapie auf drei Beinen

Die Osteoporose ist nicht nur vermeidbar, sie ist auch behandelbar. Die Therapie steht auf drei Säulen: konsequente Bewegung, Versorgung mit Calcium und Vitamin D3 sowie spezifische Therapeutika. Insbesondere den Amino-Bisphosphonaten räumte Professor Dr. Dr. Walter Schunack von der Freien Univesität Berlin einen hohen Stellenwert ein.

Basis der Therapie ist - neben der wirbelsäulenbelastenden und damit knochenaufbauenden Bewegung - die Versorgung mit Calcium und Vitamin D3. 1000 mg Calcium täglich gilt als Faustregel; diese Menge kann durch die Kost oder über Tabletten gedeckt werden. Ebenso wichtig ist die tägliche Zufuhr von etwa 1000 I.U. Vitamin D3. Schunack: "Colecalciferol sollte nicht nur am Beginn des Lebens, sondern auch am Ende gegeben werden." Sehr häufig ist der Mangel bei alten Menschen und Heimbewohnern, aber auch im Winterhalbjahr. In neunzig Prozent der Fälle kann das Vitamin D3 gegeben werden, das in Leber und Niere zum aktiven Hormon 1alpha,25-Dihydroxy-Colecalciferol (Calcitriol) hydroxyliert wird. Bei Patienten mit Leberschäden, Niereninsuffizienz oder unter Hämodialyse gibt man Calcitriol oder Alfacalcidol, das 1alpha-Hydroxy-Colecalciferol.

Bekannt ist der hohe präventive Nutzen einer Hormonsubstitution in den Wechseljahren. Eine zehnjährige Estrogengabe senkt die Frakturrate auf ein Viertel. Zur Osteoporose-Prophylaxe ist allerdings eine etwas höhere Dosis (2 mg) nötig als zur Behandlung klimakterischer Beschwerden, betonte Schunack.

Spezifische Ansätze zur Therapie bieten osteoanabole Stoffe wie Fluoride und Arzneistoffe, die den überschießenden Knochenabbau hemmen wie Calcitonin und Bisphosphonate. Fluoride sind nicht unproblematisch: Sie haben eine geringe therapeutische Breite und bauen bei zu hoher Dosis oder zu langer Gabe einen minderwertigen, spröden Knochen auf. Ihr Einfluß auf die Frakturrate ist strittig. Heute wird eine Gabe von 15 bis 20 mg Fluoridionen über zwei bis drei Jahre empfohlen. Im Natriumfluorophosphat (Monofluorphosphat) ist Fluor nicht anorganisch gebunden und daher besser bioverfügbar und magenverträglich als Natriumfluorid.

Die Hemmung des gesteigerten Konchenabbaus ist derzeit das wirksamste Behandlungsprinzip bei der Osteoporose. Früher stand nur Calcitonin zur Verfügung, doch "diese Stoffklasse wird an Bedeutung verlieren", prognostizierte der Arzt und Apotheker. Vorteil und daher Indikation für das Polypeptid aus dem Lachs ist die Linderung osteoporotischer Schmerzen.

Deutlich stärkere Osteoklastenhemmer sind die Bisphosphonate. Sie leiten sich ab vom körpereigenen Pyrophosphat, das Calcifizierung und Decalcifizierung reguliert. Der Austausch des Sauerstoffs im Pyrophosphat gegen ein Kohlenstoffatom macht das Molekül stabiler und ermöglicht zugleich eine Substitution. Zugelassen bei postmenopausaler Osteoporose sind bislang nur Etidronat und Alendronat, doch zahlreiche weitere Bisphosphonate stehen in den Startlöchern.

Amino-Bisphosphonate wie Alendronat sind nach Schunacks Einschätzung den Alkyl-Verbindungen wie Etidronat "haushoch überlegen". Im Gegensatz zu Etidronat bindet Alendronat aufgrund der basischen Aminogruppe an den Knochenbaustein Hydroxylapatit, und dies ganz bevorzugt im Bereich der Resorptionsfläche unter dem Osteoklasten, der die Knochensubstanz mit Hilfe von Säuren und Enzymen abbaut.. Hier hemmt den Wirkstoff die osteoklastäre Protonenpumpe. Da Alendronat - wieder im Gegensatz zu Etidronat - die Mineralisation des Knochens nicht behindert, kommt es in üblichen Dosen nicht zur Osteomalazie. Daher ist Alendronat zur kontinuierlichen Langzeittherapie (10mg täglich) geeignet, während Etidronat im dreimonatigen Zyklus eingesetzt wird (14 Tage 400mg/Tag, dann 76 Tage 500mg Calcium täglich). Nach neuen Erkenntnissen kann aber auch Etidronat niedrig dosiert kontinuierlich gegeben werden.

Alendronat sollte morgens nüchtern mit Leitungswasser oder Calcium- und Magnesium-armem Mineralwasser eingenommen werden, um die ohnehin geringe Bioverfügbarkeit von 0,7 Prozent nicht weiter zu verringern (Gefahr der Komplexbildung mit Kationen). Es gibt keine Wechselwirkungen mit Corticoiden oder Schilddrüsenhormonen, die ebenfalls morgens nüchtern genommen werden, erklärte Schunack in der Diskussion.

Seine Stärke bewies Alendronat unter anderem in der FIT-Studie (fracture intervention trial) an über 2000 Frauen. Der Arzneistoff reduzierte die Zahl von Wirbelkörperbrüchen gegenüber Placebo um 47 Prozent und die Inzidenz mehrfacher Wirbelbrüche um 90 Prozent. Hüftgelenksfrakturen nahmen um 54 und Unterarmbrüche um 48 Prozent ab.

PZ-Artikel von Brigitte M. Gensthaler, Meran Top

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