Nikotin |
10.06.2002 00:00 Uhr |
Im Gehirn von Alzheimer Patienten lagert sich das krankmachende Protein b-Amyloid als Plaques ab. Im Tierversuch verhinderte eine chronische Behandlung mit Nikotin die Ablagerungen.
Autopsie-Untersuchungen an Alzheimer Patienten brachten Interessantes zu Tage: In der Hirnrinde von Rauchern ist die Dichte der b-Amyloid-haltigen Plaques geringer als bei Nichtrauchern. Auch In-vitro-Experimente geben Hinweise darauf, dass Nikotin Nervenzellen gegen eine Schädigung mit b-Amyloid schützt. Ein Forscherteam ging jetzt der Wirkung von Nikotin bei Morbus Alzheimer auf den Grund.
Um Morbus Alzheimer zu simulieren, verwendeten die Wissenschaftler genetisch veränderte Mäuse. Die Tiere trugen eine Genmutation, die beim Menschen bereits in jungen Jahren zur Alzheimer-Symptomatik führt. Bei diesen Tieren zeigten sich pathologische b-Amyloid-Ablagerungen im Gehirn.
Die Mäuse erhielten über 5,5 Monate Trinkwasser, dass mit Nikotin plus Zuckerlösung oder mit Zuckerlösung alleine versetzt war. Die Wissenschafter kalkulierten, dass sich bei diesem Behandlungsschema in 1 g Hirngewebe am Ende etwa 0,1 µg Nikotin befanden.
Das Nikotin zeigte Wirkung: bei den behandelten Mäusen lagerte sich 80 Prozent weniger b-Amyloid ab als bei Kontrolltieren. Den Effekt konnten die Forscher aus Schweden und Großbritannien in verschiedenen Regionen der Hirnrinde, im Hippocampus und in der Riechbahn feststellen.
b-Amyloid tritt im Gehirn außer in der aggregierten Form in den Plaques auch in einer löslichen Form auf. Nikotin beeinflusste aber nur die Menge der aggregierten, nicht aber der löslichen Form.
Mehrere Wirkmechanismen denkbar
Der Mechanismus, wie Nikotin die b-Amyloid-Ablagerungen vermindert, ist noch nicht bewiesen. Mehrere Möglichkeiten sind denkbar. Zum einen vermuten die Wissenschaftler, dass Nikotin direkt die Sekundärstruktur des Peptids verändert, dass es sich nicht mehr in den Plaques ablagern kann. Nikotin könnte beispielsweise die a-Helix Struktur stabilisieren oder, wie bereits in vitro gezeigt, die Aggregation in der b-Faltblatt-Struktur verhindern. Nikotin erhöht außerdem die Produktion des Nervenwachstumsfaktors, der seinerseits die Akkumulation von b-Amyloid beeinflusst. Eine erhöhte cholinerge Transmission hemmt ebenfalls die Ablagerung von b-Amyloid im Gehirn.
Da Nikotin in den betroffenen Hirnregionen an neuronalen nikotinischen Acetylcholinrezeptoren angreift, ist auch ein Rezeptor-vermittelter Wirkmechanismus denkbar.
Den Autoren zufolge könnten selektiv wirksame nikotinische Wirkstoffe eine neue Möglichkeit für die Therapie von Morbus Alzheimer sein.
Quelle: Nordberg, A. et al., Journal of Neurochemistry
81 (2002) 655 - 658.
© 2002 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de