Pharmazie
Eine amerikanische Studie hat die Zuverlässigkeit von latexfreien
Kondomen in Zweifel gezogen. In den USA sind die Präservative seit
längerem verbreitet. Die Zulassung durch die FDA erfolgte bereits 1989.
Polyurethan ist nicht nur für Latexallergiker besser geeignet. Der Kunststoff ist auch
unempfindlich gegenüber öl- oder fetthaltigen Gleitmitteln und ozonresistent. Durch
die Geruchlosigkeit und Transparenz könnte er Menschen ansprechen, die bisher
eine Abneigung gegen Kondome hatten. Doch die Kardinalfrage lautet, ob der die
im Vergleich zu Latex halb so dünne Kunststoff ebenso sicher ist wie der
elastischere und geschmeidigere Naturstoff?
Untersuchungen von Herstellerfirmen ergaben eine niedrige Versagerrate von 0,3 bis
2,1 Prozent. Dies liegt im Bereich der Werte für Latexkondome, die im Gegensatz
zu weit verbreiteten Ansichten keineswegs einen 100prozentigen Schutz bieten.
Jedes 50 bis 100ste "Gummi" platzt bei der Anwendung, weshalb Familienplaner
dringend zum kombinierten Einsatz mit anderen Verhütungsmethoden raten.
Vor einigen Jahren kamen dem California Family Health Council Zweifel an den
Daten zu den Polyurethankondomen. Eine Serie von kleineren Fall-Kontroll-Studien
hatte eine 4 bis 15prozentige Versagerrate für Polyurethankondome ergeben. Um
die Frage weiter abzuklären, wurde mit finanzieller Unterstützung des National
Institute of Health eine größere Anwendungsbeobachtung durchgeführt.
Entsprechend den Richtlinien nahmen an der Studie 360 monogame heterosexuelle
Männer ohne erhöhtes Risiko für Geschlechtskrankheiten teil. Sie benutzten
abwechselnd drei Exemplare eines Polyurethankondoms und eines Latexkondom.
Insgesamt wurden etwa 1000 Kondome von jeder Sorte benutzt.
Nach dem Gebrauch notierten die Männer etwaige Probleme bei der Anwendung
und bewerteten zusammen mit ihrer Partnerin Gefühlsempfinden,
Anwendungfreundlichkeit, Sitz und die Gleiteigenschaften. Eine Doppelblindstudie
war nicht möglich, da die Kondome leicht zu unterscheiden sind.
Die Versagerquote bei den Polyurethankondomen war deutlich erhöht. Sie rissen in
7,2 Prozent der Fälle. Dagegen platzte nur circa eins von hundert Latexkondomen.
Auch das Risiko, daß das Kondom bei oder nach dem Verkehr vom Penis gleitet,
war erhöht. Die totale klinische Versagerquote betrug beim Polyurethankondom
10,8 Prozent, beim Latexkondom nur 1,7 Prozent.
Dagegen wurden die vom Hersteller geltend gemachten "Gefühlsvorteile" in vielen
Punkten bestätigt. Vor allem aufgrund der besseren Sensitivität gaben mehr Männer
und Frauen den Polyurethankondomen den Vorzug. Nachteilig wurden die
Paßgenauigkeit und das Entrollen beurteilt.
Quelle: Ron Frezieres, et al., Breakage and acceptability of a polyurethane condom: a
randomized, controlled study. Fam. Plann. Perspect. 30(1998)73-78.
PZ-Artikel von Rüdiger Meyer, Hannover
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