Pharmazie
Dimenhydrinat
(DMH) ist das in Deutschland bei Kindern am meisten
angewendete Antiemetikum mit mehr als 6 Millionen
Verordnungen pro Jahr. Die Eigenmedikation mit diesem
Wirkstoff ist jedoch trotz rezeptfreiem Verkauf bisher
gering, so daß sich fast sämtliche Verkäufe aus
ärztlichen Verordnungen rekrutieren.
Erbrechen bei Gastroenteritis oder ähnlichen Infekten
gehört zu den häufigsten Krankheitsbildern bei Kindern.
Neben dem Ausgleich bestehender Defizite im
Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt sowie einer
Korrektur des Säure-Base-Haushaltes beschränkt sich die
Therapie auf die Gabe eines wirksamen Antiemetikums. Die
in DMH enthaltenen Wirkstoffe Diphenhydramin und
8-Chlortheophyllin führen zu einer Hemmung des
vestibulären Zentrums sowie des Stammhirns. Die
H1-antihistaminerge Wirkung bringt eine mäßige
Sedation.
Die antiemetische Wirksamkeit der Substanz wurde bereits
in verschiedenen Untersuchungen an erwachsenen Probanden
belegt. Obwohl DMH vor allem in der Pädiatrie in Form
von Suppositorien seit Jahren erfolgreich angewendet
wird, lag bis dato keine Studie mit Kleinkindern vor.
Professor Dieter Palitzsch und Dr. Udo Gesser von der
Fachabteilung für Kinder- und Jugendmedizin des
Kreiskrankenhauses Gelnhausen untersuchten jetzt die
Bioverfügbarkeit und Wirkung von DMH an 40 Kleinkindern
im Alter von 5 Monaten bis 4,7 Jahren.
Als klinische Kriterien wurden die Häufigkeit des
Erbrechens, Störung des Allgemeinbefindens, Hautrugor
und Zustand der Fontanelle bewertet. Nach Entnahme einer
ersten Plasmaprobe wurde den Patienten je 40 mg DMH als
Suppositorium verabreicht. 90 Minuten beziehungsweise
drei, sechs und neun Stunden nach Applikation erfolgte
erneut eine klinische Einschätzung sowie die Entnahme
weiterer Plasmaproben.
Klinische Befunde und pharmakokinetische
Ergebnisse
Bei der überwiegenden Zahl der Patienten kam es zu einem
raschen Sisitieren sowie zu einer deutlichen Reduktion
des Erbrechens. Nach 1,5 bis 3 Stunden waren 97,5 Prozent
der Probanden symptomfrei. Neben der raschen
Beeinflusssung des Erbrechens konnte eine stetige
Verbesserung des Gesamtzustandes beobachtet werden. Nur
bei drei Kindern trat in der Folge wieder vermehrt
Erbrechen auf oder blieb bis zum Ende der Untersuchung
bestehen.
Es ergab sich eine typische Invasions- /Evasionskinetik.
Der maximale Plasmaspiegel wurde nach 1,5 beziehungsweise
3 Stunden erreicht. Bis zum Ende des
Untersuchungszeitraumes fiel die Plasmakurve von
Diphenhydramin durchschnittlich auf die Hälfte ab.
8-Chlortheophylln (8-CT) zeigte eine wesentlich flachere
Abklingkurve. Die abgeleiteten Halbwertszeiten lagen
entsprechend bei 9,1 (DMH) und 12,66 Stunden (8-CT).
Die pharmakokinetischen sowie klinischen Ergebnisse der
Untersuchung von Gesser und Palitzsch bestätigen
DMH-Suppositorien als sicheres Medikament zur ambulanten
und stationären Therapie von Erbrechen unterschiedlicher
Genese bei Kleinkindern.
Artikel von der PZ-Redaktion
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