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NSAR schützen vor Prostatakrebs

20.05.2002  00:00 Uhr

NSAR schützen vor Prostatakrebs

von Wolfgang Kämmerer, Wiesbaden

Patienten, die regelmäßig nicht steroidale Antirheumatika einnehmen, erkranken seltener an einem Prostatakarzinom. Das ergab eine Kohortenstudie im US-Bundesstaat Minnesota.

Das Prostatakarzinom gilt unter den urologischen Tumoren als häufigste Todesursache. Bei Patienten im Alter über 80 Jahren ist dieser Tumor sogar die häufigste tumorbedingte Todesursache überhaupt.

Zu den nachgewiesenen Risikofaktoren gehören Alter, Rasse sowie eine familiäre Häufung des Prostatakarzinoms, die auf eine genetische Disposition hinweist. In zahlreichen Studien werden derzeit mögliche protektive Effekte von Arzneistoffen sowie Vitaminen oder Spurenelementen untersucht. Dies betrifft insbesondere den Arzneistoff Finasterid sowie Selen, Vitamin E und Vitamin D beziehungsweise Fenretinid oder Extrakte aus grünem Tee.

Mehrere Untersuchungen deuten außerdem darauf hin, dass Patienten, die regelmäßig nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) einnehmen, seltener an Karzinomen erkranken. Wissenschaftler konnten ein reduziertes Risiko für Kolonkarzinome zeigen. Auch bei anderen Tumorerkrankungen wie Rektum-, Ösophagus-, Brust- und Ovarialkarzinom wird die protektive Wirkung der NSAR diskutiert. Der antineoplastische Effekt der NSAR soll über eine Hemmung der Cyclooxygenase 2 (COX-2) zustande kommen. Das COX-2-Enzym kann induziert werden, und spielt damit bei Entzündungsvorgängen und der Karzinogenese eine Rolle. Es katalysiert die Umwandlung von Arachidonsäure zu Prostaglandinen, die wiederum die COX-2-Bildung fördern. COX-2 erhöht das karzinogene Potenzial von Zellen, indem es die Oxidation von Prokarzinogenen zu Karzinogenen katalysiert, das Zellwachstum ankurbelt, die Apoptose bremst sowie die Immunantwort auf abnormale oder Krebszellen unterdrückt. Da die NSAR diese COX-2-Aktivität hemmen, können sie vermutlich diese karzinogenen Effekte verhindern. Eine weitere Ursache der antineoplastischen Wirkung der NSAR könnte auch die erhöhte Produktion von Ceramid, eines potenten Stimulators der Apoptose, sein.

In Laborversuchen beobachteten Forscher einen erhöhten Prostaglandin- und COX-2-Spiegel in Prostatakrebszellen. Behandelt man Prostatazellen in vitro mit NSAR, wird sowohl bei normalen als auch bei Karzinomzellen das Wachstum gebremst und die Apoptose gefördert.

In einigen epidemiologischen Studien konnte eine geringgradige, inverse Beziehung zwischen dem Prostatakarzinom und NSAR gezeigt werden. Diese war allerdings nicht statistisch signifikant. In einer kontrollierten Fallstudie beobachteten Wissenschaftler kürzlich eine 70-prozentige Reduktion des Prostatakarzinom-Risikos bei Probanden, die regelmäßig NSAR einnahmen.

Inzwischen versuchte man in einer Kohortenstudie einen eventuellen Zusammenhang aufzuklären. Hierzu werteten die Forscher die Daten von insgesamt 1362 Männern im Alter von 50 bis 79 Jahren aus, die in einer Region im US-amerikanischen Bundesstaat Minnesota lebten. Die Probanden nahmen an einer Longitudinalstudie teil, die sich mit Symptomen des unteren Harntrakts beschäftigte. Zu Beginn der Studie erfasste man sämtliche Arzneimittel, die die Probanden täglich einnahmen. Man erfasste die Männer, bei denen die Mediziner ein histologisch gesichertes Prostatakarzinom während einer mittleren Beobachtungszeit von 66 Monaten diagnostizierten.

23 (4 Prozent) der 569 Probanden, die NSAR einnahmen, und 68 (9 Prozent) der 793 Patienten, die keine Arzneistoffe dieser Klasse einnahmen, erkrankten in dem Zeitraum an einem Prostatakarzinom. Das Krebsrisiko lag demnach in der NSAR-Gruppe um 55 Prozent niedriger. Diese Unterschiede waren hoch signifikant.

Diese inverse Beziehung nahm mit zunehmendem Alter der Probanden zu. So lag die relative Risikoreduktion bei Männern im Alter zwischen 50 und 59 Jahren bei 10 Prozent, bei denen zwischen 60 und 69 Jahren bei 60 Prozent und bei denen zwischen 70 und 79 Jahren sogar bei 80 Prozent.

Quelle: Roberts, R. O., et al., Mayo Clin Proc. 77 (2002)219 - 225. Top

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