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Schmerzberatung in der Apotheke

20.04.1998  00:00 Uhr

- Pharmazie

Govi-Verlag

Schmerzberatung in der Apotheke

Die Deutsche Schmerzhilfe ist ein gemeinnütziger Verein, der sich als Bindeglied zwischen chronisch schmerzkranken Patienten und Schmerztherapeuten versteht. Mitglieder sind Schmerzpatienten, Schmerztherapeuten, Psychologen, Zahnärzte und Apotheker.

Die DSH (DSH, Sietwende 20, 21720 Grünendeich, Tel.: 04142/810434, Fax: 04142/810435) sucht die Zusammenarbeit mit dem Apotheker, weil Untersuchungen gezeigt haben, daß der Apothekenkunde bei häufig wiederkehrenden Beschwerden sehr an kompetenter Beratung interessiert ist und daß das Thema Schmerz mit 76 Prozent dabei eine Spitzenposition einnimmt. Oft sind Apotheker die ersten Ansprechpartner für die Schmerzpatienten. Die DSH möchte die Apotheker mit einem Servicepaket und durch eine Fortbildungsreihe auf ein hohes Niveau in der Schmerzberatung bringen, so war es bei einer dezentralen Fortbildungsveranstaltung zu hören, die gemeinsam von den Apothekerkammern Niedersachsen und Bremen und dem Bundesverband DHS initiiert worden war.

Therapiemöglichkeiten

Durch peroral applizierte Schmerztherapeutika lassen sich etwa 90 Prozent aller chronischen Schmerzzustände ausreichend behandeln. Es gelten folgede Grundregeln:

o regelmäßige Analgetikagabe nach festem Zeitschema;
o individuelle Dosisanpassung (-titration) nach Schmerzintensität;
o Gabe nach dem Prinzip der Antizipation, das heißt, die Medikamentengabe muß erfolgen, bevor der schmerzstillende Effekt der vorangegangenen Dosis aufgebraucht ist;
o Prophylaxe von möglichen Analgetika-Nebenwirkungen;

Die Zusatzmedikation kann je nach Notwendigkeit bestehen aus:
o Laxantien gegen opiatbedingte Obstipation;
o Antiemetika, falls die Schmerzmedikation Brechreiz erzeugt (besonders bei schwachen Opioid-Analgetika zu beachten);
o Antidepressiva;
o Corticosteroiden bei Schmerzen durch Entzündungen, Schwellungen oder perifokale Ödeme;
o Carbamazepin bei neuropathischen Schmerzen mit einschießendem, anfallsweisem Charakter;
o Muskelrelaxantien;
o H2-Blockern als Schutz gegen NSAR-induzierte Magenschleimhautläsionen;
o Calcitonin bei destruierenden Knochenprozessen.

Wenn krankheitsbedingt eine perorale oder rektate Applikation der Analgetika nicht möglich ist, können die Wirkstoffe parenteral als Dauerinfusion gegeben werden. Die perorale Gabe ist jedoch immer vorzuziehen, weil sie den Patienten unabhängig vom Arzt beziehungsweise Pflegepersonal macht.

Nichtmedikamentöse Therapien wie Psychotherapie, Akupunktur, Bewegungstherapie, Massagen, Wärmetherapie, TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation) und autogenes Training beziehungsweise progressive Muskelentspannung können bei vielen Krankheitsbildern als Zusatzbehandlung oder auch alternativ erfolgreich eingesetzt werden, wurde in Hannover betont.

Wenn auf diese Weise kein ausreichender analgetischer Effekt erreicht wird, sollte der Schmerzpatient sich ambulant oder stationär in einer spezialisierten Therapieeinrichtung versorgen lassen. Es können dort Verfahren wie die peridurale Opiatanalgesie, Nervenblockaden und Neurolysen eingesetzt werden. Die Anschriften von niedergelassenen Schmerztherapeuten, Schmerzambulanzen und Schmerzkliniken sind über den Bundesverband der Deutschen Schmerzhilfe zu beziehen und sollten auch in der Apotheke bei Bedarf genannt werden.

Nebenwirkungen bei der Beratung nicht vergessen

Ebenso wie die analgetische Wirkung werden auch die meisten Nebenwirkungen über Opiat-Rezeptoren vermittelt. Die Nebenwirkungen verschwinden nach Absetzen der Medikation vollständig. Zu Therapiebeginn ist mit Benommenheit und Müdigkeit, mit Übelkeit und Erbrechen zu rechnen. Beide Symptome lassen meist im Laufe der Therapie nach oder verschwinden ganz. Die atemdepressive Wirkung ist bei einer dem Schmerz angepaßten Dosierung nur schwach ausgeprägt, weil Schmerzen das Atemzentrum stimulieren und daher der atemdepressiven Wirkung der Opioide entgegenwirken. Allerdings steigt die Gefahr einer Atemdepression mit dem analgetischen Effekt, was bei zusätzlichen schmerzstillenden Maßnahmen (wie eine Nervenblockade) oder bei zusätzlicher Gabe von zentraldämpfenden Medikamenten (wie Benzodiazepinen) zu berücksichtigen ist. Opioide unterdrücken außerdem durch Kontraktion der glatten Muskulatur das Gefühl des Harndrangs. Dies kann zu Restharnbildung bis hin zu Harnverhalt führen.

Eine immer auftretende und sich im Laufe der Therapie verstärkende Nebenwirkung ist die Obsti<pation. Eine Aktivierung der im Verdauungstrakt befindlichen Opiat-Rezeptoren hat eine unkoordinierte Darmbewegung zur Folge und verhindert die Propulsivmotorik. Jeder länger durchgeführten Opioid-Therapie muß daher von Anfang an ein Laxans beigegeben werden. Im seltenen Extremfall kann die Opiat-induzierte Obstipation einen Therapieabbruch erforderlich machen.

Eine Toleranzentwicklung ist bei Opioiden nach Angaben der Referenten nicht sicher nachzuweisen. Die eventuell erforderliche Dosiserhöhung könne auch Konsequenz einer krankheitsbedingten Schmerzintensivierung sein. Eine physische Abhängigkeit ist nach Meinung der Fachleute unvermeidbar, jedoch therapeutisch beherrschbar durch ausschleichende Dosierung zur Verhinderung von Entzugssymptomen. Das Risiko einer psychischen Abhängigkeit sei äußerst gering, wenn nach festem Zeitplan mit peroralen Depotarzneimitteln behandelt werde. Das gewährleiste beim Patienten ein gleichmäßiges analgetisches Niveau und vermeide ein Lernverhalten, bei dem eine Verbindung zwischen Schmerzfreiheit und Opioideinnahme hergestellt wird.

PZ-Artikel von Halmut Renz, Hannover Top

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