Pharmazie
Rund zehn Prozent der Kinder haben bis zum Alter von drei Monaten
mindestens eine akute Mittelohrentzündung durchlebt. Am häufigsten tritt
die Erkrankung zwischen dem sechsten und fünfzehnten Lebensmonat auf.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Rolle von Infektionen bei der
akuten Otitis media.
Die am häufigsten mit der Erkrankung in Verbindung gebrachten Erreger sind
Streptokokken, Branhamella catarrhalis, Haemophilus-Arten sowie einige Viren. Die
Rolle dieser Erreger bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Erkrankung wird,
wie die Behandlung mit Antibiotika, kontrovers diskutiert. Die Häufigkeit der
Anwendung von Antibiotika differiert von Land zu Land; sie liegt beispielsweise in
den Niederlanden bei 31 Prozent und in den USA und Australien bei 98 Prozent. In
der vorliegenden Meta-Analyse wurde untersucht, inwieweit es mittels Einsatz der
Antibiotika möglich ist, die Erkrankung zu beeinflussen.
Hierzu wurden die Daten und Ergebnisse von insgesamt sechs Studien mit Kindern
im Alter von 7 bis 15 Monaten ausgewertet. Als Beurteilungskriterien eines
Therapieerfolges oder -mißerfolges wurden unter anderem Schmerzen und Taubheit
als Folge der akuten Otitis media gewählt. Weiterhin wurden eventuelle
Nebenwirkungen der Therapie in die Auswertung einbezogen.
Ergebnisse:60 Prozent der Kinder in der Placebo- und in der Verumgruppe waren
nach 24 Stunden schmerzfrei. Zwei bis sieben Tage nach Erstvorstellung beim Arzt
ließ sich jedoch in der Verumgruppe eine 41prozentige Risikoreduktion für das
Weiterbestehen der Schmerzen zeigen. Weiterhin war es mit Hilfe der Antibiotika
möglich, bei den Kindern das Risiko einer kontralateralen Otitis media um 43
Prozent zu reduzieren.
Keinen Einfluß zeigten die Antibiotika auf die Häufigkeit weiterer Erkrankungen oder
das Auftreten von Taubheit nach einem Monat. Lediglich nach einer
Beobachtungszeit von drei Monaten ließ sich ein Trend zu einer verminderten
Taubheit in der Verumgruppe zeigen. Als unerwünschte Begleiterscheinung kam es
durch die Antibiotika zu einer Verdoppelung des Risikos, an Erbrechen, Durchfall
oder Hautausschlägen zu leiden.
Fazit: Durch die frühe Antibiotikagabe bei der akuten Otitis media läßt sich nur ein
geringfügiger Vorteil erzielen. Um bei einem Kind das Auftreten von Schmerzen
nach zwei bis sieben Tagen zu verhindern, müssen insgesamt 17 Kinder behandelt
werden.
Quelle: Del Mac, D., et al., BMJ 314 (1997) 1526-9.
PZ-Artikel von Wolfgang Kämmerer, Wiesbaden
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