"AIDS-Pille danach" kein Ersatz für Safer Sex |
17.03.1997 00:00 Uhr |
Pharmazie
Verschiedene
Presseberichte suggerieren derzeit, daß das Risiko einer
HIV-Infektion nach sexuellen Risikokontakten
medikamentös um 80 Prozent gesenkt werden könnte -
Schlagwort: "AIDS-Pille danach". Hintergrund
ist die Möglichkeit einer medikamentösen
Postinfektionsprophylaxe, die unter anderem in
Deutschland für medizinisches Personal nach beruflich
bedingten HIV-Expositionen angeraten wird. Für die
Prophylaxe nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr ist das
Verfahren grundsätzlich nicht geeignet, stellt das
Robert-Koch-Institut (RKI) in einer Pressemitteilung
klar.
Es handele sich keineswegs um ein einzelnes,
einmalig einzunehmendes Medikament, vielmehr werde für
die Postexpositionsprophylaxe eine vierwöchige
Behandlung mit einer 3er-Kombination empfohlen - Kosten
etwa 2500 DM. Voraussetzung sei die gesicherte Exposition
mit HIV-haltigen Körperflüssigkeiten. Wegen der bislang
geringen Erfahrungen zu Verträglichkeit und
Nebenwirkungen bei nicht HIV-Infizierten soll die
Anwendung ärztlich überwacht werden.
Eine Nutzen-Risiko-Abwägung der medikamentösen
Prophylaxe sei bei sexuellen Kontaminationen meist nicht
gegeben. In der Regel sei unklar, ob der Partner
HIV-infiziert ist. Außerdem fänden die Begegnungen oft
nachts oder am Wochenende statt, wenn Arzt und
Medikamente nicht gleich zur Verfügung stünden. Je
später der Behandlungsbeginn, desto geringer die
Erfolgsaussichten. Nach beruflicher Exposition soll
möglichst innerhalb von zwei Stunden nach Erregerkontakt
damit begonnen werden.
Schließlich verweist das RKI auf die Kosten der
Behandlung. Bei Arbeitsunfällen werden diese von der
berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherung getragen.
Nicht so nach ungeschützten sexuellen Kontakten. Hier
würde die Postexpositionsprophylaxe auf eigene Kosten
gehen. Nur in Ausnahmefällen, so das RKI, sei die
Behandlung auch nach sexueller Exposition sinnvoll, etwa
nach Vergewaltigung oder wenn beim Geschlechtsverkehr mit
einem HIV-infizierten Partner das Kondom reißt. Die
Entscheidung sollte aber in jedem Fall
HIV-Therapie-erfahrenen Ärzten vorbehalten bleiben,
betont das Institut und verweist auf die unveränderte
Wichtigkeit von Safer Sex.
Artikel von der PZ-Redaktion
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