Pharmazie |
03.03.1997 00:00 Uhr |
Pharmazie
Wenn Inhalte der Pharmazeutischen Betreuung einem großen Auditorium
vorgetragen werden, gibt es Einsicht und freundliche Gewogenheit.
Anschließend wird dann die Frage gestellt, was denn nun konkret zu machen
sei. Die weiteren Diskussionen werden dann allzu häufig von einer gehörigen
Portion Skepsis bei der praktischen Umsetzung überlagert.
Wir haben in Thüringen die Erfahrung gemacht, daß es weniger die
naturwissenschaftlichen und klinisch-pharmazeutischen beziehungsweise
-pharmakologischen Kenntnisse sind, die vom praktischen Einstieg abhalten. Es
scheitert auch nicht an der mangelnden Lernbereitschaft, sich beispielsweise Wissen
über die Psychologie der Gesprächsführung anzueignen. Vielmehr führt die Erkenntnis,
daß Pharmazeutische Betreuung weit über das übliche Maß der Beratung hinausgehen
muß, zu Unsicherheiten bei der praktischen Umsetzung. Was muß also wie und mit
welchem Aufwand gemacht werden?
Große Veranstaltungen helfen da wenig. So haben wir neben einer
Einführungsveranstaltung zur Pharmazeutischen Betreuung zahlreiche Vorträge über
indikationsbezogene Patientenbetreuung angeboten, zum Teil mit praktischen Übungen,
die von der Industrie unterstützt wurden. Dies wurden jedoch keine Initialzündungen für
das praktische Vorgehen.
Unabhängig davon, welche Fortbildungsform gewählt wird, bleibt die Tatsache
bestehen, daß es an der praktischen Umsetzung der Pharmazeutischen Betreuung
mangelt. Viel zu häufig wird der Begriff auf eine intensivere Patientenberatung verkürzt.
Die Praxis der Patientenbegleitung und das unbedingt notwendige Monitoring werden zu
wenig verinnerlicht. Die Hauptsache wird somit noch zu nebensächlich behandelt oder
kommt gar nicht erst zum Tragen.
Es liegt nahe, neue Fortbildungskonzepte zu entwickeln. Wir möchten uns deshalb auf
Kolleginnen und Kollegen stützen, die bereits in Projekte eingebunden waren oder sind
und deren praktische Erfahrungen nutzen. Wir möchten Sie bitten, vor kleinen Gruppen
von Kolleginnen und Kollegen über ihre praktischen Erkenntnisse zu berichten, Tips zu
geben und dadurch Vorbehalte abzubauen.
Auf Basis dieser Erfahrungsvermittlung wollen wir Kolleginnen und Kollegen für
Projekte gewinnen. Wenn diese Bemühungen erfolgreich sind - das wird unter anderem
sehr stark von der Qualität der externen Projektbetreuung abhängen -, dann baut sich
auf diese Weise ein eigenes Potential an Erfahrungsträgern auf, das für den Fortgang der
praktischen Betreuung unverzichtbar erscheint.
Flankierend bemühen wir uns um eine weitere Richtung der Fortbildung. Wir werden in
diesem Jahr beginnen, indikationsbezogene Fortbildungen anzubieten. Unter dem
Oberbegriff Pharmazeutische Betreuung planen wir Veranstaltungszyklen, die spezielle
Krankheitsbilder umfassend behandeln. Daneben sollen Praktika durchgeführt werden,
die sich kritisch mit der qualitätsgesicherten Handhabung einschlägiger Meßgeräte
auseinandersetzen, aber auch patientenspezifisches Kommunikationstraining beinhalten.
Große Hoffnungen setzen wir auf die A-Card: Mit ihrer Einführung sollte es möglich
sein, ohne großen zusätzlichen Aufwand eine patientengebundene Begleitung der
Therapie zu realisieren.
Dadurch können wesentliche Elemente der Pharmazeutischen Betreuung in der Praxis
realisiert werden.
Pharmazeutische Betreuung ist keine Aktion, sondern ein sich entwickelnder Prozeß.
Entwicklung bedeutet die Kumulation vieler kleiner Schritte von Erfolgen, aber auch von
Mißerfolgen, bevor eine neue Qualität entsteht. Als neue Qualität würden wir es werten,
wenn möglichst viele Kolleginnen und Kollegen im Rahmen von Projekten mitarbeiten
und dadurch im Ergebnis die ärztliche Akzeptanz und die Patientenzufriedenheit erhöht
werden. Machen wir uns nichts vor: Noch sind wir bei den kleinen Schritten.
PZ-Artikel von Jörg Jacob, Erfurt
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