Tazaroten zur Behandlung von Psoriasis vulgaris |
03.02.1997 00:00 Uhr |
Pharmazie
Seit
1. Januar 1997 ist das rezeptorselektive und topische
Retinoid Tazaroten (Zorac®)
zur Behandlung von leichter bis mittelschwerer Psoriasis
zugelassen. Pharm-Allergan sieht in Zorac, so war auf der
Einführungspressekonferenz zu hören, eine
Behandlungsalternative; Nebenwirkungen und kosmetische
Probleme seien minimiert.
Psoriasis ist definiert als eine Fehlfunktion im
Verhornungsprozeß der Haut. Tazaroten moduliert die drei
pathogenen Hauptfaktoren der Psoriasis: Es normalisiert
den Vorgang der Hautdifferenzierung, den Zustrom von
Entzündungsmarkern und die Hyperproliferation der
Keratinozyten. Die Psoriasisschuppen entstehen durch
einen Circulus vitiosus, den Tazaroten zu unterbrechen
vermag. Die Keratinozyten exprimieren Marker auf den
Zelloberflächen, wodurch verstärkt
entzündungsvermittelnde Immunzellen einströmen. Diese
setzen wiederum Cytokine frei, die eine gesteigerte
Proliferation der Keratinozyten zur Folge haben.
Tazaroten wirkt zielgerichtet auf die abnorme
Keratinozytendifferenzierung.
RARß- und RARy -Agonist
Tazaroten ist ein Acetylen-Retinoid. Als Prodrug wird es
in der Epidermis in den aktiven Metaboliten
Tazarotensäure umgewandelt. Retinoide wirken über
Hormonrezeptoren im Cytoplasma und im Nukleus. Im Nukleus
hat man zwei spezifische Retinoidrezeptorgruppen
ausfindig gemacht: die Retinsäurerezeptoren (retinoic
acid receptors, RARs) und die Retinoid-X-Rezeptoren
(RXRs). Jede Familie hat jeweils drei Subtypen a, ß,y .
In der Haut dominieren RARa und RARy , in der humanen
Epidermis kommt hauptsächlich RARy vor. Bindet Tazaroten
an die Nukleusrezeptoren, werden diese aktiviert und
induzieren die Synthese von mRNA. Die Nukleusrezeptoren
regulieren somit direkt die Gentransskription.
Tazarotensäure dockt nur an die Retinsäurerezeptoren
an, ist selektiv für RARß und RARy . Für RXR existiert
keine Affinität.
Sicherheit und Verträglichkeit
Zorac wird als Gel in 0,1- oder 0,05prozentiger
Konzentration einmal täglich aufgetragen. Die
Eliminationshalbwertszeit von Tazaroten beträgt nur 2
bis 19 Minuten, sein Stoffwechselprodukt, die
Tazarotensäure, hat ebenfalls eine geringe
Plasmahalbwertszeit (1 bis 2 Stunden). Das topische
Retinoid unterscheidet sich somit von den systemischen
Retinoiden, die eine sehr lange Eliminationshalbwertszeit
und dadurch ein hohes Teratogenitätspotential haben. In
präklinischen Studien konnten Tazarotene bei üblicher
Dosierung keine teratogene, mutagene oder karzinogene
Wirkung nachgewiesen werden. Es gibt keine Hinweise auf
eine Gewebskumulation von Tazarotensäure, die
systemische Absorption ist bei lokaler Anwendung gering
(weniger als 1 Prozent).
Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören leichte bis
mittelschwere Hautreizungen wie Jucken, Brennen,
Hautrötungen, trockene oder schmerzende Haut sowie eine
Verschlechterung der Schuppenflechte. Die nicht befallene
umgebende Haut kann irritiert werden. Inzidenz und
Schweregrad der Irritation sind konzentrationsabhängig.
Im Gegensatz zu den systemischen Retinoiden und den
Vitamin-D-Analoga ist eine Blutbildkontrolle nicht
erforderlich.
Klinische Erfahrungen
Tazaroten versus Vehikel: In einer randomisierten doppelt
verblindeten Multizenterstudie haben 324 Psoriatiker mit
leichter bis mittelschwerer Erkrankung 12 Wochen lang das
topische Retinoid beziehungsweise Placebo getestet. Nach
den drei Monaten war bei 70 Prozent (0,1prozentiges Gel)
der Probanden eine gute, sehr gute oder vollständige
Abheilung zu verzeichnen (60 Prozent Erfolgsrate für das
0,05prozentige Gel). Die positive Wirkung hielt teilweise
bis zu 12 Wochen an. Die Kontrollgruppe wies 35 Prozent
Erfolgsrate auf.
Tazaroten versus Fluocinonid, ein Steroid: In einer
Vergleichsstudie wurden 348 Patienten entweder einmal
täglich mit Tazaroten 0,1 Prozent oder Fluocinonid 0,05
Prozent 12 Wochen lang behandelt. Die Erfolgsraten waren
vergleichbar. Aber: Der Effekt des Retinoids hielt nach
Therapieende länger an. Etwa 60 Prozent der Probanden
profitierten noch 12 Wochen nach der Therapie, im
Gegensatz zu 40 Prozent bei Fluocinonid. Die kumulierte
Wahrscheinlichkeit des Wiederaufflammens der
Schuppenflechte nach Behandlungsende betrug für das
Steroid 55 Prozent, beim Retinoid in der geringeren
Konzentration 37 Prozent, in höherer Konzentration sogar
nur 18 Prozent.
PZ-Artikel von Elke Wolf, Frankfurt
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