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Mit den Kräften der Natur helfen

30.08.2004  00:00 Uhr
Phytopharmaka

Mit den Kräften der Natur helfen

von Kerstin A. Gräfe, Dublin

Die Rückbesinnung auf natürliche Alternativen und wissenschaftlich fundierte Studien lassen das Interesse an der Phytotherapie wieder vermehrt wachsen. Viele Patienten wenden sich mit ihrem Anliegen direkt an den Apotheker, sodass hier der Beratung eine immer größere Bedeutung zukommt.

„Pflanzliche Arzneimittel sind heute ein unverzichtbarer Bestandteil des Behandlungsrepertoires des Arztes“, sagte Dr. Antonius Pollmann, Facharzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren, auf einem von Ratiopharm unterstützten Pressegespräch. Während Heilpflanzen früher auf Grund von Erfahrungswissen eingesetzt wurden, stehen mit den Phytopharmaka heutzutage in ihrer Wirksamkeit und Unbedenklichkeit sehr gut untersuchte Arzneimittel zur Verfügung. Zwar sei nicht gegen jedes Leiden ein Kraut gewachsen, aber für eine Vielzahl von Erkrankungen gebe es in der Apotheke Hilfe aus der Natur.

Licht in die Seele

Frauen mit Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen oder Schlafstörungen könnten diese sehr gut mit Auszügen aus der Traubensilberkerze behandeln. Er empfehle Cimicifuga racemosa auch bei jungen Frauen zur Behandlung von Regelschmerzen und prämenstruellen Syndromen wie Spannungen in den Brüsten oder Reizbarkeit.

Wenn Patientinnen über Rhythmusstörungen der Monatsblutung berichten oder über Spannungsgefühle in der Brust vor der Regel klagen, rate er zu Agnus castus. Mönchspfeffer fand schon in der Klostermedizin des Mittelalters Verwendung. Hier nahmen es die Mönche selbst, da es den Sexualtrieb dämpfte und das keusche Leben der Mönche erträglicher gestaltete. Agnus castus darf jedoch nicht in der Schwangerschaft und Stillzeit eingenommen werden. Dagegen kann die Heilpflanze auf Grund ihrer dopaminergen Wirkung beim Abstillen wiederum sehr hilfreich sein.

Johanniskraut bringe laut Rudolf Steiner Licht in die Seele. Es sei für Patienten indiziert, die unter niedergedrückter Stimmung leiden und über Mutlosigkeit, Antriebsarmut und mangelnde Tatkraft klagen. Eine vergleichende Studie zwischen Hypericum und Imipramin als Standardtherapie über sechs Wochen zeigte bei mittelstarker Depression eine ähnliche Wirkungsstärke. Johanniskraut war allerdings wesentlich besser verträglich. So traten Beschwerden wie Mundtrockenheit, Schwindel und Blutdruckabfall, wie sie für die trizyklischen Antidepressiva typisch sind, unter Hypericum nicht auf. Bei einer Therapie mit Johanniskraut sollte der Patient darauf hingewiesen werden, dass die Wirkung in der Regel erst nach drei Wochen eintritt. Eine schnellere Besserung sei zu erreichen, wenn in den ersten drei Wochen das Johanniskraut mit hoch dosiertem Baldrian kombiniert werde. Auch Unruhe, Nervosität und Schlafstörungen verminderten sich deutlich schneller als unter einer Monotherapie. Zudem muss der Patient über Wechselwirkungen bei gleichzeitiger Einnahme zum Beispiel von Digitoxin, Phenprocumon oder der Anti-Baby-Pille informiert werden.

GMG ethisch bedenklich

Herbe Kritik äußerte Pollmann an der Gesundheitsreform, durch die seit Anfang 2004 die meisten pflanzlichen Arzneimittel von der Erstattung durch die Krankenkassen ausgeschlossen sind. „Es ist völlig unlogisch und ethisch bedenklich, dass nur Arzneimittel mit erheblichem Nebenwirkungspotenzial auf Kassenrezept verordnet werden dürfen, gut verträgliche Arzneimittel aber nur auf Privatrezept und Kosten des Patienten verschrieben werden können“, so der Mediziner. Die wenigen pflanzlichen Medikamente, die nach wie vor auf Kassenrezept verordnet werden dürfen, sind Ginkgo zur Therapie der Demenz, Johanniskraut zur Behandlung von mittelschweren depressiven Episoden, Flohsamen gegen Verstopfung, und Mistel zur unterstützenden Behandlung bei Krebserkrankungen.

 

Hohe Anforderungen an Phytopharmaka Die Nachfrage nach pflanzlichen Arzneimitteln ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. „Folglich wurden auch die Anforderungen an die gleichbleibende Qualität von Extrakten durch die deutsche Zulassungsbehörde deutlich erhöht“, informierte Dr. Klaus Häußermann, Geschäftsbereich Wissenschaft und Information bei Ratiopharm. Waren Anfang der 90er-Jahre mit den Anforderungen des Deutschen Arzneibuches (DAB) zum Beispiel bei der Prüfung eines Baldrianextrakts vier Prüfungen mit vier Parametern vorgeschrieben, so müssen heute nach den Vorgaben des Europäischen Arzneibuchs (Ph.Eur.) 15 Prüfungen mit insgesamt 430 Parametern durchlaufen werden. Den Kosten von circa 75 Euro nach DAB stehen heutzutage Ausgaben von 1400 Euro pro Charge gegenüber. Dem zunehmenden Gedanken der Sicherheit trage die Pestizidprüfung Rechnung: während früher elf Substanzen oder Substanzgruppen geprüft wurden, sind es heute 72. Verwendete man Anfang der 90er-Jahre bei der Herstellung eines Artischockenextrakts noch Teile von Gemüsekulturen, die man aus Marokko, Italien oder Spanien bezog, so bilden heute spezielle Arzneipflanzen aus kontrolliertem Anbau in Deutschland die Basis. Die Anforderungen an diese neue Bezugsquelle haben die Kosten um 100 Prozent pro Kilogramm Extrakt ansteigen lassen. Die Ausgaben für Stabilitätsuntersuchungen haben sich auf Grund zahlreicher neu geforderter Untersuchungen im Laufe des letzten Jahrzehntes um 400 Prozent erhöht.

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