Pharmazie
Basis verschiedener metabolischer Veränderungen beim Typ-II-Diabetes
ist eine Insulinresistenz. Genau hier greift ein neues Therapieprinzip an. Der
Insulinsensitizer Troglitazon steigert die Insulinempfindlichkeit. Die
Konsequenz: Blutzuckerwert und Insulinspiegel sinken, das HbA1 wird
reduziert, wie Wissenschaftler bei der 16. Tagung der Internationalen
Diabetes Federation in Helsinki erläuterten.
Troglitazon, dessen Markteinführung von den Experten europaweit für Anfang 1998
erwartet wird, gehört zu den Thiazolidinen. Die Molekülstruktur vereinigt einen
alpha-Tocopherolanteil und einen Thiazolidinring in sich. Dies erklärt, warum die
Substanz neben der glykämischen Kontrolle auch antioxidative Eigenschaften
entfaltet, so Professor Dr. Jerrold M. Olefsky aus San Diego. Der Wirkstoff wurde
ursprünglich als Lipidsenker und Antioxidans entwickelt, die antidiabetische
Wirksamkeit wurde erst im nachhinein registriert.
Sie wird durch zelluläre Effekte vermittelt, schilderte Professor Dr. Hans-Ulrich
Häring aus Tübingen. Der Insulinsensitizer greift dabei offensichtlich direkt am
Zielgewebe in der Peripherie an, wird gebunden und beeinflußt die
Signaltransduktionskette. Dadurch wird das Glukosetransportsystem moduliert. Ein
Effekt, der zusätzlich durch die Wirkung auf Zellkernrezeptoren, die ihrerseits
insulinempfindliche Gene steuern, unterstützt wird. Zwar ist der genaue
Wirkmechanismus noch nicht vollständig bekannt, klar scheint, daß Troglitazon über
den Peroxisom-Proliferator-aktivierten-Rezeptor-y (PPAR) wirkt und die
Genregulation beeinflußt.
Der Genregulation scheinen im gleichen Bereich Lipide zu unterliegen, denn
Troglitazon bewirkt laut Professor Dr. John J. Nolan aus Dublin zugleich einen
günstigen Einfluß auf die Dyslipoproteinämie. Es senkt vor allem die bei
Typ-II-Diabetikern oft stark erhöhten Triglyceride und steigert das zumeist
erniedrigte HDL.
In klinischen Studien wird zugleich eine leichte, aber statistisch signifikante Reduktion
der Blutdruckwerte beobachtet. Auch das Fibrinogen im Plasma fällt ab, wie Nolan
berichtete. Die gute Wirksamkeit des von dem japanischen Unternehmen Sankyo
entwickelten und in Europa gemeinsam mit Glaxo Wellcome vertriebenen
Insulin-Sensitizers wurde in diversen klinischen Studien belegt. Das Präparat erwies
sich dabei in der Monotherapie Sulfonylharnstoffen und Metformin als ebenbürtig. In
der Kombinationstherapie bewährte es sich darüber hinaus bis hin zum
insulinpflichtigen Diabetes mellitus.
Die Wissenschaftler hoben in Helsinki den insulinsparenden Effekt hervor, der dem
Troglitazon eine besondere Rolle auch bei insulinpflichtigen Typ-II-Diabetikern
einräumen könnte. Denn mit Dosierungen von 400 und 600mg täglich gelingt es, die
notwendige Insulindosierung um 41 bis 58 Prozent zu reduzieren, ohne dabei
Einbußen bei der glykämischen Kontrolle hinnehmen zu müssen. Bei rund 40
Prozent der Betroffenen ließen sich dadurch die erforderlichen Insulininjektionen von
durchschnittlich drei auf eine pro Tag reduzieren.
Die Verträglichkeit des Präparats erwies sich dabei als gut; ernste Nebenwirkungen
wurden nicht gesehen, auch keine erhöhte Hypoglykämiegefahr wie bei den
Sulfonylharnstoffen und dem Insulin. Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen,
gastrointestinale Beschwerden oder allgemeines Unwohlsein werden nur in fünf
Prozent der Fälle beklagt, was in der gleichen Größenordnung von Placebo liegt.
PZ-Artikel von Christiane Vetter, Helsinki
© 1997 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de