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Damit Plättchen nicht verklumpen: Clopidogrel

17.08.1998  00:00 Uhr

- Pharmazie

Govi-Verlag

Damit Plättchen nicht verklumpen: Clopidogrel

Am 15. Juli erhielt ein neuer Thrombozyten-Funktionsbemmer die Zulassung der europäischen Arzneimittelbehörde EMEA. Clopidogrel ist indiziert zur Sekundärprophylaxe bei Patienten mit symptomatischer Atherosklerose, sprich: nach ischämischem Schlaganfall, Herzinfarkt oder bei nachgewiesener peripherer arterieller Verschlußkrankheit (pAVK).

Der Effekt des Thienopyridins, das strukturell stark dem Ticlopidin ähnelt, wurde 1996 in der CAPRIE-Studie gezeigtr. Das Kürzel steht für "Clopidogrel versus Aspirin in Patients at Risk of Ischaemic Events". 19.185 Teilnehmer mit Herzinfarkt, ischämischem Schlaganfall oder symptomatischer pAVK erhielten entweder 75 mg Clopidogrel oder 325 mg Acetylsalicylsäure (ASS) über durchschnittlich 1,9 Jahre. Primäre Endpunkte der Phase-III-Studie waren ischämischer Insult, Herzinfarkt oder Tod durch ein vaskuläres Ereignis.

Clopidogrel reduzierte das relative Risiko um 8,7 Prozent über die für ASS anerkannten 25 Prozent hinaus, resümierte Professor Dr. Curt Diehm vom Akademischen Lehrkrankenhaus der Universität Heidelberg bei der Einführungspressekonferenz Ende Juli in München (Iscover ®, Bristol-Myers Squibb, und Plavix ®, Sanofi). Pro 1000 Patientenjahre verhinderten ASS 19 und Clopidogrel 24 ischämische Ereignisse. Der geringe, aber statistisch signifikante Unterschied zugunsten von Clopidogrel war vor allem auf die Patienten zurückzuführen, die aufgrund einer pAVK an der Studie teilnahmen.

Beide Arzneistoffe waren gut verträglich, jedoch traten Blutungen unter ASS häufiger auf, obwohl Patienten mit Unverträglichkeit ausgeschlossen waren. Neutropenien, die bei Einnahme von Ticlopidin anfangs regelmäßige Blutbildkontrollen erfordern, waren unter Clopidogrel nicht häufiger als unter ASS.

ADP-Rezeptor wird irreversibel blockiert

Clopidogrel ist ein Prodrug. Erst seit kurzem ist der aktive Metabolit bekannt. Das Thiol-Derivat hemmt die Bindung von Adenosindiphosphat (ADP) an membranäre Thrombozytenrezeptoren und damit die ADP-vermittelte Aktivierung des GPIIb/IIIa-Rezeptors, der über Fibrinogenbrücken dann die Thrombozytenvernetzung (Aggregation) in Gang setzt.

Dabei wird von den drei derzeit bekannten Rezeptortypen vermutlich nur ein P2Y-Subtyp blockiert, erläuterte Dr. Wolfgang Zierhut von Bristol-Myers Squibb. Die ADP-induzierte Aggregation wird daher nicht vollständig, sondern zu maximal 40 bis 60 Prozent gehemmt. Die Adhäsion von Blutplättchen an geschädigtes Endothel wird kaum beeinflußt. Clopidogrel reagiert weder mit der Cyclooxigenase noch mit der Thromboxan-Synthetase.

Da die Rezeptormodifikation irreversibel ist, dauert es nach Absetzen der Medikation, zum Beispiel vor einer Operation, fünf bis sieben Tage bis zur Wiederherstellung der Thrombozytenfunktion. Eine rasche Normalisierung der Blutungszeit ist nur durch Plättcheninfusion möglich.

Die Wirkung wird weder durch Geschlecht, Alter oder Nahrungsaufnahme beeinflußt, erklärte Zierhut. Es bestehe keine klinisch signifikante Wechselwirkung mit Digoxin, Cimetidin, Nifedipin, Atenolol, Phenobarbital und Antacida. Der Arzneistoff wird zu etwa 50 Prozent resorbiert, rasch in der Leber metabolisiert und via Leber und Niere ausgeschieden.

Abgrenzung noch unklar

Noch nicht endgültig geklärt ist die Abgrenzung der drei Thrombozytenfunktionshemmer. Es gibt derzeit keine Studie, die Ticlopidin und Clopidogrel vergleicht. Dennoch sieht Professor Dr. Karl Einhäupl von der Neurologischen Klinik der Humboldt-Universität Berlin Vorteile für den neuen Stoff, da er das Blutbild nicht verändert und weniger gastrointestinale Blutungen auslöst. Bei Sekundärversagen oder Kontraindikationen gegenüber ASS würde er daher Clopidogrel einsetzen.

Patienten mit generalisierter Atherosklerose profitieren nach Aussage des Kardiologen Privatdozent Dr. Harald Darius, Universität Mainz, besonders von dem neuen Stoff. Als positiv wertete er, daß der Nutzen von Clopidogrel bei atherosklerotischen Veränderungen in allen Gefäßbereichen - Gehirn, Herz und peripher - nachgewiesen sei.

PZ-Artikel von Brigitte M. Gensthaler, München
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