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Octenidin hält Wunden sauber

Datum 13.07.1998  00:00 Uhr

- Pharmazie

Govi-Verlag

Octenidin hält Wunden sauber

Prophylaxe und Therapie gehen mitunter Hand in Hand. So zum Beispiel bei der Wundversorgung: Damit die Wunde optimal heilen kann, empfiehlt sich ein Wundantiseptikum, um Infektionen schon von vornherein zu unterbinden. Der Heilungsprozeß selbst darf dabei aber nicht negativ beeinflußt werden. Ein Arzneistoff, der diese Eigenschaften erfüllt und sich schon lange vor allem in Krankenhäusern bewährt hat, ist Octenidin.

Octenidin ist ein Bispyridin. Die Substanz enthält zwei kationenaktive Zentren, eben die Pyridinringe, die durch eine lange aliphatische Kohlenwasserstoffkette (zehn Methylgruppen) voneinander getrennt sind und sich deshalb gegenseitig nicht beeinflussen. Zwei Chloridionen übernehmen den anionischen Gegenpart. Hydrolyseanfällige Ester- oder Amidstrukturen sind im Molekül nicht enthalten. Das macht die Verbindung recht stabil.

Octenidin besitzt ein breites antimikrobielles Wirkspektrum, wobei die Effektivität gegen grampositive und gramnegative Bakterien gleich stark ausgeprägt ist. Die mikrobiozide Wirksamkeit beziffert die Monographie als etwa 5- bis 10fach höher als die von Chlorhexidin. Octenidin ist außerdem wirksam gegen Pilze, Hefen, Trichomonaden und lipophile Viren wie Hepatitis-B- und Herpes-simplex-Viren. In Kombination mit Phenoxyethanol (Octenisept®) ergeben sich synergistische Effekte, die es ermöglichen, daß trotz niedriger Wirkstoffkonzentrationen die Wirkung rasch eintritt. Im genannten Fertigpräparat enthalten 100 ml Lösung 0,1 Gramm Octenidindihydrochlorid und 2 Gramm 2-Phenoxyethanol.

Octenidin ist denn auch als Schleimhaut- und Hautantiseptikum für den Ano- und Urogenitalbereich (Vagina/Vulva, Glans Penis, Katheterisierung der Harnblase) sowie für die Mundhöhle vor diagnostischen und operativen Eingriffen zugelassen. Laut Beipackzettel eignet sich Octenidin auch für andere Indikationen, und zwar zur "unterstützenden, antiseptischen Wundbehandlung und zur unterstützenden Therapie" bei Fußpilz in den Zehzwischenräumen.

Vorteile in der Schleimhautantiseptik

Bedeutung hat Octenidin vor allem in der Schleimhautantiseptik erlangt. Die Palette anderer zur Verfügung stehender Substanzen ist nicht sehr vielfältig und weist erhebliche Nachteile auf. Povidon-Iod ist zwar gut wirksam, wegen der Wirkung auf die Schilddrüse verbietet sich aber der Einsatz bei Schwangeren und schilddrüsenkranken Patienten. Zudem zeigt Povidon-Iod im Gegensatz zu Octenidin keine Langzeitwirkung; Octenidin entfaltet selbst sechs Stunden nach der Desinfektion noch bakterizide Eigenschaften. Weiterer Nachteil des Iodkomplexes: Die Braunfärbung wird besonders im ambulanten Bereich als Nachteil empfunden.

Eventuell noch in Frage kommende quecksilberhaltige Präparate sind obsolet, Wasserstoffperoxid wirkt verhältnismäßig langsam und wird vor allem durch katalasehaltige Körperflüssigkeit rasch zersetzt. Alkoholhaltige Präparate, die oft zur Desinfektion der Haut eingesetzt werden, eignen sich nicht zur Schleimhautbehandlung. Sie sind lokal unverträglich und schmerzen beim Auftragen. Octenidin dagegen ist gut verträglich, wie beispielsweise eine vaginalzytologische Untersuchung bestätigt. Weder drei Minuten noch sechs Stunden nach einer antiseptischen Behandlung der Vagina wurden in den Zellabstrichen Zellveränderungen beobachtet. Wie Tier- und In-vivo-Versuche zeigen, wird Octenidin über die Schleimhaut der Vagina (Kaninchen) oder über Wunden (Mensch, Ratte) nicht resorbiert.

Erfahrungen aus der Praxis

Octenidin-haltige Lösungen eignen sich nicht nur zur Prophylaxe. Ebenso können sie auf bestehende infektiöse Wunden aufgesprüht werden, entweder als alleinige oder als adjuvante Maßnahme in Kombination mit systemisch verabreichten Antibiotika. Die Erfahrungen aus der chirurgischen Ambulanz sind gut dokumentiert. Innerhalb einer klinischen Untersuchung wurden während zwei Jahren die Biß-, Schnitt- und Schürfwunden von 1 000 Patienten versorgt, davon die Hälfte Kinder. Die Wunde und die angrenzende Hautpartie wurde zuerst mit Wasserstoffperoxid gespült, gereinigt und anschließend mit einer Octenidin-haltigen Lösung besprüht. Während des Anwendungszeitraumes wurden keine systemischen und lokalen Nebenwirkungen wie Rötungen, Schwellungen oder Wundheilungsstörungen beobachtet.

Auch über die Versorgung nichtoberflächlicher Wunden (Ulcus cruris, Dekubitus) liegen Erfahrungen vor. In einer klinischen Untersuchung beispielsweise verwendete man die Octenidin-haltige Lösung bei 141 Patienten zur adjuvanten Wundbehandlung. Superinfizierte Wunden samt der sie umgebenden Haut wurden mechanisch mit einem sterilen Mulltupfer gereinigt und anschließend mit Verum besprüht. Tiefe, zerklüftete Wunden wurden mit 1:1 verdünntem Verum (1:1 Verdünnung mit 0,9%iger Kochsalz- oder Ringerlösung) gespült. Die Behandlung wurde sehr gut vertragen, nur zwei Prozent der Patienten empfanden ein Brennen, das beim Spülen mit Ringerlösung wieder verschwand. Bei 92,2 Prozent trat nach Behandlungsende eine Verbesserung und beim Rest eine Verschlechterung des Wundzustandes ein.

Aktuelle Untersuchungen an Humanblut zeigen, daß Octenidin weder die direkt nach der Verletzung einsetzende nicht-bakterielle Entzündung noch Vorgänge wie Granulation und Reepithelialisierung negativ beeinflußt. An diesen Abläufen sind eine Vielzahl von Faktoren des Immunsystems beteiligt, die in aufeinander abgestimmter komplexer Abfolge die Wiederherstellung des Ausgangszustandes herbeiführen. Wesentliche Regulationsfaktoren sind der Tumornekrosefaktor TNF-alpha und der Platelet Derived Growth Factor AB (PDGF-AB).

TNF-alpha ist ein wichtiger Marker für die Entzündungsreaktion. PDGF-AB stellt einen der wirksamsten Wachstumsfaktoren bei der Wundheilung dar. Er fördert die Zellteilung von Fibroplasten und regt die Hyaluronsäure- und Fibronectinsynthese an. Er ist somit ein wichtiger Marker für den Wundverschluß. In der Humanblut-Untersuchung beeinfußte die Octenidin-haltige Lösung weder die TNF-alpha- noch die PDGF-AB-Werte.

Ausblick

Der Einsatz bei Verbrennungen stützte sich bisher größtenteils auf Einzelfall-Berichte. In einer Verbrennungsklinik läuft derzeit eine Studie, deren erste Ergebnisse erfolgsversprechend sind. So scheint die Octenidin-haltige Lösung auch bei großflächigen Verbrennungen des II. und III. Grades präoperativ und vor Verbandswechseln indiziert zu sein.

PZ-Artikel von Elke Wolf, Oberursel Top

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