Pharmazie
Alendronat ist ein
neues Biphosphonat, das selektiv die
Osteoklasten-vermittelte Knochenresorption inhibiert. In
einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung war der
Wirkstoff in der Lage, bei postmenopausaler Osteoporose
die Knochenmasse zu erhöhen und unter anderem die Anzahl
vertebraler Frakturen zu verringern.
Zur Behandlung der postmenopausalen Osteoporose wird
Alendronat in einer Dosierung von täglich 10 mg und zur
Behandlung des Morbus Paget in einer Dosierung von
täglich 40 mg eingesetzt. In früheren Studien wurde
eine erhöhte gastrointestinale Unverträglichkeit,
besonders bei der hohen Dosierung, beobachtet. Diese kam
durch Irritation der Mucosa im oberen
Gastrointestinaltrakt zustande.
Die Autoren einer Studie beschreiben im New England
Journal of Medicine drei Fälle, bei denen es kurz nach
Beginn der Therapie zu einer schweren Ösophagitis kam.
Daraufhin wurden die Daten der klinischen Studien und
Nebenwirkungsbeobachtungen ausgewertet. Alendronat wurde
bis Anfang März 1996 weltweit bei 475 000 Patienten zur
Osteoporosetherapie angewendet. In 199 Fällen kam es
unter der Behandlung zu Nebenwirkungen am Ösophagus, die
51mal als ernst beziehungsweise schwer gewertet wurden.
32 Patienten mußten stationär behandelt werden. Die
endoskopischen Befunde wie Erosionen, Ulzerationen und
eine Verdickung der Ösophaguswand waren Indikatoren für
eine chemische Ösophagitis. Gastrointestinale Blutungen
traten selten auf. Das gleiche gilt für eine Beteiligung
von Magen oder Duodenum.
Als Ursachen der Nebenwirkung konnten ermittelt werden:
Einnahme des Medikamentes im Liegen; Einnahme ohne oder
mit nur wenig Wasser; bestehende ösophageale
Erkrankungen und sofortiges Hinlegen nach der
Tabletteneinnahme.
Alendronat kann also eine chemische Ösophagitis mit
schweren Ulzerationen hervorrufen. Zur Prophylaxe sollten
die Patienten deshalb ihre Tabletten vor dem Frühstück
mit mindestens 180 bis 240 ml Wasser einnehmen, sich
anschließend 30 Minuten nicht hinlegen, bis die erste
Nahrungsaufnahme erfolgt ist. Die Einnahme von Alendronat
sollte bei Auftreten von Anzeichen ösophagealer Symptome
sofort abgebrochen werden.
In einem Editorial zu dem Bericht im New England Journal
of Medicine wurde betont, daß der Arzt vor der
Verschreibung bei seinen Patienten ösophageale
Vorerkrankungen wie eine Motilitätsstörung der
Speiseröhre, Strukturen oder eine Achalasie
(Funktionsstörung des Verdauungstraktes) ausschließen
muß. Der Patient sollte ausführlich über den korrekten
Einnahmemodus aufgeklärt werden und darauf hingewiesen
werden, sofort den Arzt aufzusuchen, wenn unter der
Therapie beispielsweise Schluckstörungen, retrosternale
Schmerzen oder Sodbrennen auftreten.
Literatur:
de Groen, P.C., et al.
N.Engl.J.Med. 335 (1996) 1016 - 1021.
Castell, D.0., N.Engl.J.Med. 335 (1996) 1058-1059
PZ-Artikel von Wolfgang Kämmerer, Wiesbaden
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