Pharmazie
Bereits in den 70er Jahren konnte Bengt Samuelsson nachweisen, daß
die schon seit langem bekannte Slow Reacting Substance of Anaphylaxis
(SRS-A) mit den Cysteinyl-Leukotrienen LTC4, LTD4 und LTE4 identisch
ist. Damit waren erste Ansätze eingeleitet, die Bedeutung der Leukotriene
und die klinische Wirksamkeit von Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten bei
Asthma zu erforschen. Mit Montelukast steht der erste Vertreter dieser
Substanzklasse kurz vor der Markteinführung. Zur Bedeutung der
Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten in der Asthmatherapie äußerten sich
Experten auf einer Pressekonferenz der MSD Sharp & Dohme GmbH.
Im Zuge des
Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten/Lipoxygenase-Inhibitor-Forschungsprogramms
gelang MSD 1980 die erste vollständige Synthese von Leukotrienen, 1988 die
Klonierung der 5-Lipoxygenase und 1990 die Entdeckung des
5-Lipoxygenase-aktivierenden Proteins (FLAP). 1992 begann die Phase I der
klinischen Prüfung von Montelukast (MK 0476), des ersten oralen
Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten, 1994 die Phase III.
Montelukast blockiert bei einmal täglicher Dosierung für 24 Stunden spezifisch die
Leukotrienrezeptoren in den Atemwegen. "Für Patienten unter ß-Sympathomimetika
ist die neue Substanz eine wichtige zusätzliche Kontrollmedikation. Das
Krankheitsbild von Patienten unter inhalativen Corticoiden verbessert sich zusätzlich,
und sie können häufig die Corticoiddosis reduzieren", so Dr. Richard Murray, USA.
Beim Anstrengungsasthma habe Montelukast seine prophylaktische Wirksamkeit
über zwölf Wochen ohne Wirkungsverlust unter Beweis gestellt.
Daß die asthmatische Entzündung durch Montelukast günstig beeinflußt wird, zeige
sich in den klinischen Phase-III-Studien anhand des Abfalls der Eosinophilen im
peripheren Blut und im Sputum der Kranken. Dies konnte nicht nur bei
Erwachsenen, sondern auch bei Kindern ab 6 Jahren beobachtet werden. In allen
klinischen Studien habe der erste Vertreter der neuen Substanzklasse eine gute
Verträglichkeit auf Placeboniveau demonstriert.
Da der Asthmasymptomatik von Anbeginn eine chronische eosinophile Entzündung
der Bronchialschleimhaut zugrundeliegt und nicht, wie früher angenommen, primär
eine obstruktive Erkrankung der Atemwege, steht die antiinflammatorische
Behandlung mit inhalativen Steroiden stets im Vordergrund der
Therapieempfehlungen und nicht die Bronchodilatation. Kurzwirksame
ß-Sympathomimetika, eine erhöhte Steroiddosis, die zusätzliche Gabe
langwirksamer inhalativer ß-Sympathomimetika und Theophyllin-Präparate ergänzen
die therapeutischen Möglichkeiten, faßte Professor Dr. Roland Buhl aus Mainz den
derzeitigen Stand des medikamentösen Asthmamanagements zusammen. Der
Erkenntnis, daß Leukotriene direkt an der Auslösung der Asthmasymptomatik, wie
Bronchokonstriktion, Hyper- und Dyskinie sowie maßgeblich an entzündlichen
Schleimhautveränderungen beteiligt sind, folgte die Entwicklung von Antagonisten,
die diese Mediatoren direkt an ihrem spezifischen Rezeptor hemmen. Die
vorliegenden klinischen Studien bestätigen den Erfolg dieses neuen
Therapieansatzes.
Besonders effektiv verringerten Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten die
Bronchokonstriktion nach Anstrengung sowie bei allergischer Früh- und
Spätreaktion und auch bei Intoleranz gegenüber nichtsteroidalen Analgetika, so
Buhl. Denn Leukotriene seien unmittelbar an der Pathogenese der durch diese
Substanzen verursachten Unverträglichkeitsreaktionen beteiligt. Der antiinflammative
Effekt von Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten trage dazu bei, daß Steroide
eingespart werden könnten. Der therapeutische Benefit würde darüber hinaus durch
die additive Wirkung zu Beta-Sympathomimetika verstärkt.
Der Leukotrien-Rezeptor-Antagonist Montelukast wird als erste Substanz dieser
neuen Klasse von Asthmatherapeutika in Deutschland unter dem Warenzeichen
Singulair® verfügbar sein. Wie Buhl ausführte, sehen die aktuellen Empfehlungen des
amerikanischen National Institut of Health den neuen Leukotrien-Rezeptor.
Antagonisten zur Prävention und Langzeittherapie bei leichtem, persistierendem
Asthma bronchiale in Ergänzung zur Standardtherapie vor.
PZ-Artikel von Hartmut Morck, Freiburg
© 1997 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de