Anwendungsplan vom Apotheker für den Patienten |
17.02.1997 00:00 Uhr |
Pharmazie
Da
das Aufnahmevermögen des Patienten in einem Gespräch
nach psychologischen Erkenntnissen auf drei bis vier
Inhalte begrenzt bleibt und zumeist auch mehrere
Arzneimittel verordnet werden, sind schriftliche
Informationen unverzichtbar. Leider haben die
industriellen Packungsbeilagen nicht die gewünschte
Qualität, da sie mit ihren ausführlichen Informationen
die Patienten regelmäßig verunsichern und auch die
gemäß Pharmaceutical Care notwendige individuelle
Akzentuierung nicht enthalten können.
Es wird daher vorgeschlagen, für die Erstanwendung eines
Arzneimittels mit höherem Informationspotential
individualisierte schriftliche Informationen zu entwerfen
und abzugeben. Hilfreich ist, daß in der ABDA-Datenbank
für eine Reihe von Wirkstoffen (insgesamt 31 der von uns
bearbeiteten 223 Wirkstoffe) allgemein zu verwendende
schriftliche Patienteninformationen abgerufen werden
können.
In der Patienteninformation wird
eine auf Grundlage der oben genannten
Beratungsempfehlungen verfaßte, individuelle
Patienteninformation für den Wirkstoff Doxycyclin
vorgeschlagen und zur Diskussion gestellt. Es wurde
versucht, ein übersichtliches, handliches
Informationsblatt zu schaffen, das alle aus
pharmazeutischer Sicht hervorzuhebenden Angaben zur
Wirkung, Anwendung und Arzneimittelsicherheit -
gegebenenfalls auch zur Aufbewahrung - enthält und das
die Bereitschaft des Patienten fördern soll, sich
compliant zu verhalten und, wenn nötig, aktiv den
Kontakt mit Arzt und Apotheker aufzunehmen. Ausdrücklich
wird im Text auch auf die Existenz und die Beachtung der
industriell gefertigten Packungsbeilage verwiesen, um die
rechtlichen Bedingungen angemessen zu berücksichtigen.
Hinsichtlich der technischen Voraussetzungen für die
Abgabe solcher Informationen ist festzustellen, daß die
jeweilige Apotheke über einen Beratungsplatz/-raum und
ein dort (am besten parallel zur Apothekensoftware)
nutzbares Textprogramm verfügen muß. Die in der
Abbildung vorgestellte Patienteninformation enthält neun
Passagen, die individuell einzutragen sind (Name des
Präparates, Name und Abkürzung des Vornamens des
Patienten und Name des Arztes, Dosierung, Arzneiform
sowie Datum des nächsten Arzttermins). Außerdem
sollten, um Übersichtlichkeit und Patientenbezug zu
fördern, die Passagen zur Fahrtauglichkeit und zu
UV-Licht von Fall zu Fall gekürzt werden. Der für diese
Eintragungen und Kürzungen notwendige Zeitaufwand wird
durch einen springenden Cursor vermindert, so daß nach
unserer Messung für das Erstellen und Ausdrucken der
individuellen Patienteninformation zwei Minuten angesetzt
werden können. Das ist, gemessen an den bisher für die
Beratung in Apotheken üblichen Zeitumfang, nicht wenig
und wird vielen Kollegen - auch mit dem Blick auf die
Vielfalt der Präparate - verständlicherweise -
indiskutabel erscheinen.
Dabei wird oft vergessen, daß derartige individuelle
Patienteninformationen lediglich bei der Erstanwendung
der komplizierteren Arzneimittel (die in der täglichen
Offizinpraxis keinesfalls die Regel ist) vorgeschlagen
werden. Nach unserer Vorstellung wird mit
Patienteninformationen für etwa 80 verschiedene
Arzneistoffe der Großteil der in der Offizin in Frage
kommenden Präparate für diese Fragestellung erfaßt.
Außerdem ist die Akzeptanz der Patienten in Betracht zu
ziehen: Dieser wünscht sich häufig eine konkrete
Anleitung durch den Apotheker, der seine besonderen
Bedingungen im Gespräch erfaßt und die Empfehlungen zur
Anwendung nachfolgend auch schriftlich niederlegt. Für
die Beurteilung des Zeitumfangs wird auch die Tatsache zu
berücksichtigen sein, daß bei diesen
Beratungsvorgängen zur Erstanwendung die therapeutische
Effizienz und Sicherheit maßgeblich verbessert werden
kann und bei voraussehbarer Dauermedikation eine für
beide Seiten befriedigende Beziehung zwischen Apotheker
und Patient gebahnt wird.
Es erscheint gerechtfertigt, den Begriff Anwendungsplan
vorzuschlagen. Seine Verbindlichkeit kann durch die
Unterschrift des Apothekers noch verstärkt werden.
Insbesondere bei den gegenwärtig initiierten
Pharmaceutical-Care-Projekten, zum Beispiel mit
Asthmatikern und Diabetikern, sollten wirkstoffbezogene,
schriftliche Patienteninformationen des Apothekers
erprobt und ihre Wirksamkeit gemessen werden (wenn die
oben genannten technischen Voraussetzungen in der
Apotheke vorhanden sind in der vorgeschlagenen,
individuellen Form).
Schriftliche Patienteninformationen des Apothekers
können zugleich Bestandteil von
Apotheker-Arzt-Gesprächskreisen sein und ihnen Struktur
geben. Die schrittweise Erarbeitung der Texte auf der
Grundlage unserer Beratungsempfehlungen (1) sowie der
vorhandenen Patienteninformationen der ABDA-Datenbank,
ihre Diskussion in der Kollegenschaft und ihre
nachfolgende Optimierung ist eine reizvolle Aufgabe, der
wir uns in den nächsten beiden Jahren stellen wollen.
Hierbei wird die Ermittlung und Verbalisierung der
relevanten Nebenwirkungen als die eigentliche
Herausforderung angesehen. Abschließend soll betont
werden, daß patientenbezogene schriftliche Materialien
keinesfalls die mündliche Beratung des Patienten
ersetzen können, sondern als notwendige Hilfen bei der
Informationsvermittlung angesehen werden.
PZ-Artikel von Joachim Framm, Wismar
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