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Milzbrandtoxin zur Krebsbekämpfung

10.02.2003  00:00 Uhr

Milzbrandtoxin zur Krebsbekämpfung

von Christian Wetzler, Mainz

Wohl nur wenige natürliche Verbindungen sind so gefürchtet wie das Toxin des Milzbranderregers Bacillus anthracis. Doch der gentechnisch modifizierte Giftstoff könnte helfen, entartete Tumorzellen in ihre Schranken zu weisen.

Als bakteriologischer Kampfstoff hat das Milzbrandbakterium Bacillus anthracis traurige Berühmtheit erlangt. Es synthetisiert ein Toxin, das ganz unterschiedliche Zelltypen so massiv schädigt, dass diese daraufhin absterben. Fallen zu viele Zellen dem Krankheitserreger zum Opfer, endet das in aller Regel tödlich für den infizierten Menschen.

Doch diese Zusammenhänge könnten möglicherweise auch einen Nutzen bergen. Die Arbeitsgruppe um Thomas Bugge von den National Institutes of Health im US-amerikanischen Bethesda veränderte das Milzbrandtoxin mit gentechnischen Methoden dahingehend, dass es selektiv Tumorzellen schädigt. Die Resultate der Tierstudien veröffentlichten sie kürzlich im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences (Band 100, S. 657).

Das Milzbrandtoxin besteht aus drei Proteinanteilen: dem protektiven Antigen (PrAg), dem Ödem-(EF)- und dem Letalfaktor (LF). Einzeln sind diese Proteine unwirksam. Erst wenn das protektive Antigen von Proteasen auf der Oberfläche der Zielzellen zur aktiven Form umgesetzt wird, kann es mit LF und EF einen Komplex bilden, der in das Cytosol eindringt. Dort beginnt insbesondere der Letalfaktor sein tödliches Werk, indem er wichtige intrazelluläre Signalwege unterbricht.

Veränderte Toxinvariante

Die Wissenschaftler um Thomas Bugge haben nun den PrAg-Anteil des Milzbrand-Toxins so verändert, dass es sich ausschließlich von einem Enzym namens Urokinase zurechtschneiden und damit aktivieren lässt. Diese Protease exprimieren metastasierende Krebszellen in hoher Dichte auf ihrer Zelloberfläche, was ihnen erlaubt, ihre angestammte Umgebung zu verlassen und in neues Gewebe einzudringen.

Das modifizierte Toxin sollte daher sein zerstörerisches Programm nur in entarteten Krebszellen abspielen können und gleichzeitig für alle gesunden Zellen völlig ungiftig bleiben. Zusätzlich veränderten die Wissenschaftler auch den Letalfaktor. Dieses Protein fusionierten sie mit einem weiteren Toxin, dem Pseudomonas Exotoxin A, um die tödliche Wirkung noch zu erhöhen.

Die beiden Toxinkomponenten injizierten sie Mäusen mit Fibrosarkomen, Melanomen und Lungenkarzinomen. Tatsächlich verkleinerte bereits eine einmalige Behandlung die Tumorgröße um 65 bis 92 Prozent. Die wiederholte Injektion beseitigte 88 Prozent aller Fibrosarkome und 17 Prozent der Melanome sogar vollständig.

Erfreut waren die Forscher über die Tatsache, dass die Wirkung sehr früh einsetzte. Wie der Blick durch das Mikroskop verriet, waren die Tumorzellen bereits 24 Stunden nach der Injektion massiv geschädigt. Dabei wirkte das Toxin so selektiv, dass die Mäuse bis auf eine gesteigerte Leukozyteninfiltration und Ödembildung im Bereich des Tumors keinerlei Nebenwirkungen aufwiesen. Ob sich diese ebenso ausgeklügelte wie effektive Strategie auch beim Menschen bewährt, können erst klinische Studien zeigen. Top

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