Pharmazie
Allergene aus der Natur
Eine Kontaktallergie durch
pflanzliche Inhaltsstoffe ist gar nicht so selten.
Ärzte, aber auch Apotheker, werden oft mit Pusteln und
Ekzemen konfrontiert, die auf das Konto der Natur gehen.
Allerdings fällt es oft schwer, dies als Ursache für
die Hautveränderungen aufzudecken. Um etwas Licht ins
Dunkel der Pflanzenallergene zu bringen, lud die Deutsche
Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG) Professor Dr. Björn
M. Hausen vom Dermatologischen Zentrum Buxtehude zu einem
Vortrag nach Hamburg ein.
Pflanzliche Heilmittel haben seit einigen Jahren
Hochkonjunktur. Neben
zahlreichen
einheimischen werden immer häufiger auch exotische
Gewächse als Rohstofflieferanten entdeckt. Ein bereits
seit Jahrhunderten bekannter Vertreter dieser Exoten ist
der Perubalsam. Er wird nicht nur in der pharmazeutischen
Industrie und in der Apothekenrezeptur als Zusatz von
Wundsalben verarbeitet, sondern findet sich auch in
zahlreichen kosmetischen Produkten und wird zur
Parfümierung von Süßspeisen und Getränken sowie zur
Aromatisierung von Tabak geschätzt.
Das Harz enthält zwar tatsächlich antiseptisch wirksame
Substanzen, einige Inhaltsstoffe sind aber
allergisierend. Das schwarze Harz steht auf Rang drei der
Kontaktallergen-Hitliste (nach Nickel und Duftstoffmix).
Wegen seines breiten Einsatzspektrums reagieren
sensibilisierte Patienten oft auch auf Kosmetika,
Süßigkeiten oder Tabak. Die Ursache der Allergie ist
dann schwer zu ermitteln.
Welche Stoffe im Perubalsam eine Kontaktallergie
provozieren, war bislang nicht eindeutig geklärt, denn
seine Zusammensetzung war nur zu einem Viertel bekannt.
Hausen konnte etwas mehr Licht in die schwarze Masse
bringen. Perubalsam ist ein Gemisch aus Substanzen mit
geringem Molekulargewicht, die meist nur zu einem kleinen
Prozentsatz enthalten sind. In höheren Konzentrationen
kommen Benzylbenzoat und Nerolidol vor, die jedoch beide
über ein sehr geringes allergiesierendes Potential
verfügen. Auch weitere Inhaltsstoffe wie Benzoesäure,
Benzylalkohol, Zimtsäure und -alkohol Methylbenzoat,
Methylcinnamat oder Vanillin zeigen nur eine leichte bis
moderate Wirkung als Kontaktallergene.
Suche nach dem Hauptallergen des schwarzen Harzes
Als wichtigstes Allergen wird schon länger
Coniferylbenzoat vermutet, doch sein Nachweis fehlte
bisher. Hausen ist er jetzt gelungen. Er benötigte dazu
allerdings frischen Perubalsam, denn Coniferylbenzoat ist
äußerst instabil und zersetzt sich im Laufe weniger
Wochen. In den meisten marktgängigen Perubalsamprodukten
ist Coniferylbenzoat überhaupt nicht mehr vorhanden,
denn nach Ernte, Transport und Weiterverarbeitung ist das
verwendete Harz mindestens ein Jahr alt. Zurück bleiben
14 Substanzen, die noch nicht identifiziert, aber nach
Hausen als Kontaktallergene unbedeutend sind.
In älteren Produkten, die kein Coniferylbenzoat mehr
enthalten, ist möglicherweise Benzylisoferulat das
wichtigste Allergen. Hausen konnte es zuvor bereits in
Propolis nachweisen. Damit hatte man eine Erklärung für
eine Kreuzreaktion: Einige Perubalsam-Allergiker
reagieren nämlich auch auf Propolis. Denn auch dieses
"Wundermittel aus dem Bienenkorb" ist nicht
frei von Nebenwirkungen. Die Allergene stammen
nachweislich aus dem klebrigen Exsudat der Pappelknospen,
welches die Bienen beim Webenbau mitverarbeiten.
Auch Teebaumöl im Verdacht
Ein neues exotisches Wundermittel füllt seit einiger
Zeit die Regale von Drogerien und Kosmetikläden:
Teebaumöl war 1996 der Renner gegen Hautkrankheiten,
Pilzinfektionen und sogar gegen Läuse. Das Öl ist eine
von mindestens 100 Substanzen, wovon die meisten Terpene
sind. Im Gegensatz zu Perubalsam ist Teebaumöl deswegen
auch toxisch, wenn es oral eingenommen wird. Mit seiner
weiten Verbreitung hat auch die Nebenwirkungsrate
deutlich zugenommen: Sie liegt bei etwa zehn Prozent.
Von den insgesamt etwa 100 Inhaltsstoffen sind 21 noch
nicht identifiziert. Mengenmäßig am stärksten
vertreten sind Monoterpene und Sesquiterpene. Einige
dieser Substanzen wurden in verschiedenen Publikationen
als Kontaktallergene beschrieben. Hausen glaubt, daß an
vorderster Front d-Limonen, Aromadendren und a-Terpinen
stehen. Für die Betroffenen ist es auch in diesem Fall
schwer, das Kontaktallergen zu meiden. Denn außer in
Akneprodukten steckt es auch in Pflegesalben, Shampoos,
Zahnpasten, Seifen, Lotionen, Deodorantien,
Sonnenschutzmitteln und zahlreichen Hausputzmitteln.
Hausen bemängelt, daß die Inhaltsstoffe gerade bei
Naturkosmetika sehr schlecht deklariert sind. Er
appelliert an seine Kollegen und auch an die Apotheker,
bei Diagnose beziehungsweise Beratung das Augenmerk
verstärkt auf die zahlreichen pflanzlichen Allergene zu
richten.
PZ-Artikel von Judith König, Hamburg
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