Pluspunkte für Simvastatin |
03.06.2002 00:00 Uhr |
Pharmacon Meran 2002
Nur etwa ein Drittel des Cholesterols nimmt der Mensch mit der Nahrung auf. Die größere Menge wird im Körper selbst, hauptsächlich in den Hepatozyten, synthetisiert. Durch Blockade dieser Eigenproduktion, zum Beispiel mit Statinen, lässt sich die im Körper zirkulierende Menge an Chloesterol daher effektiv herunterregulieren. Die Statine hemmen das Enzym HMG-CoA-Reduktase und damit die Umwandlung von HMG-CoA in Mevalonsäure.
Es sei ausgesprochen sinnvoll, gerade an dieser Stelle in die Reaktionskaskade einzugreifen, denn das in der Folge kumulierende HMG-CoA sei weniger lipophil als später entstehende Zwischenprodukte und könne gut über die Nieren ausgeschieden werden, erläuterte Professor Dr. Dr. Walter Schunack aus Berlin.
Liegt ein Überangebot an Low Density Lipoprotein (LDL) vor, wird die Zahl der LDL-Rezeptoren auf den Hepatozyten herunterreguliert. Menschen mit einer genetischen Prädisposition haben eine niedrigere Rezeptorendichte; damit zirkuliert mehr schädliches LDL im Blutkreislauf. Die LDL-Partikel können schließlich durch Läsionen im Endothel in die Gefäßwand einwandern, werden dort modifiziert und von Makrophagen phagozytiert. Ob das Cholesterol zunächst oxidiert wird, ließ Schunack offen. Sicherlich würden die Partikel an ihrer Oberfläche verändert, bevor sie in die Gefäßwand einwandern. Die so entstehenden Schaumzellen mit ihrem lipidreichen Kern sind entscheidend an der Entstehung atherosklerotischer Plaques beteiligt.
Nach der Marktrücknahme von Cerivastatin sind in Deutschland derzeit fünf HMG-CoA-Reduktasehemmer im Handel: Lovastatin, Simvastatin, Pravastatin, Fluvastatin und Atorvastatin. Die Wirksamkeit einzelner Statine sei inzwischen recht gut dokumentiert, erläuterte Schunack. In verschiedenen Studien hätten sich die Wirkstoffe sowohl in der Primär- als auch Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse bewährt. Simvastatin senkte beispielsweise in der 4S-Studie das Risiko der Patienten, an einem erneuten kardiovaskulären Ereignis zu versterben, um 42 Prozent gegenüber Placebo. Ähnlich gut schnitt Pravastatin in der LIPID-Studie ab. Daten zur Primärprävention lieferten die WOSCOP- und AFCAPS/TexCAPS-Studie. Weniger befriedigend sei dagegen die Datenlage für Atorvastatin und Fluvastatin, bemerkte der Referent.
Im Herbst vergangenen Jahres während des Jahreskongresses der American Heart Association im kalifornischen Anaheim präsentierten Wissenschaftler die ersten Ergebnisse der Heart Protection Study (HPS). In die bislang größte prospektive Studie wurden mehr als 20.000 Probanden eingeschlossen, darunter 5082 Frauen. Alle Patienten hatten ein erhöhtes Risiko für koronare Herzkrankheiten (KHK). Ihr Gesamtcholesterol-Spiegel musste allerdings lediglich über 130 mg/dl liegen. Nur rund 9000 Teilnehmer waren über 65 Jahre alt, und 5963 litten unter einem Diabetes mellitus.
Das Kollektiv erhielt über fünf Jahre entweder täglich 40 mg Simvastatin, einen antioxidativen Cocktail aus 600 mg Vitamin E plus 250 mg Ascorbinsäure und 20 mg Betacaroten oder Placebo. Als primären Endpunkt definierte das für das Studiendesign verantwortliche Medical Research Council und die British Heart Foundation die Gesamtmortalität sowie Tod durch KHK.
Sowohl die gesamte als auch die durch KHK bedingte Todesrate sank unter Simvastatin signifikant gegenüber Placebo, berichtete Schunack. Zudem wurde der Arzneistoff gut vertragen. Im Schnitt traten 24 Prozent weniger tödliche und nicht tödlich verlaufende Herzinfarkte auf.
Leider schnitt der Vitamincocktail in der HPS-Studie wesentlich schlechter ab, fasste Schunack die Ergebnisse der noch nicht publizierten Arbeit zusammen. Keine der Patientengruppen, die die Antioxidantien eingenommen hatten, profitierte von einer höheren Überlebensrate oder weniger Infarkten beziehungsweise vaskulären Ereignissen. "Die Vitamine schnitten nicht besser, aber auch nicht schlechter ab als Placebo", resümierte der Referent.
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