Pharmazie
Seit 1. Oktober gibt es ein neues Triptan auf dem deutschen Markt:
Naratriptan wird wie Sumatriptan von der Firma Glaxo Wellcome hergestellt
und soll den Einstieg in die Triptantherapie erleichtern. Die wichtigsten
Unterschiede zu Sumatriptan: Naratriptan wirkt etwas schwächer, hat
weniger Nebenwirkungen, und der Wiederholungs-Kopfschmerz tritt
seltener auf.
Sumatriptan sei ein Medikament für die "Spitze des Eisberges", die obersten drei
Prozent aller Migränepatienten, betonte Professor Dr. Hans Christoph Diener von
der Universitätsklinik Essen auf der Einführungsveranstaltung in Berlin. Naratriptan
hingegen sei eine "Act light": Es kann Patienten mit mittelschweren Attacken gegeben
werden, wenn sie auf andere Medikamente nicht ansprechen. Ferner ist es indiziert,
wenn die Kopfschmerzen sich unter Sumatriptan häufig wiederholen oder
Sumatriptan nicht gut vertragen wird.
Obwohl die Nebenwirkungen geringer und schwächer sind, gilt auch für Naratriptan:
Vorsicht bei Patienten mit potentiellen Gefäßerkrankungen, also zum Beispiel
Herz-Kreislauf-Kranken, Rauchern oder Übergewichtigen.
Naratriptan ist ein selektiver Agonist an den präsynaptischen
5-HT1B/1D(Serotonin-)Rezeptoren und führt so zu einer vaskulären Kontraktion.
Es ist eigentlich stärker wirksam als Sumatriptan, wird aber in einer niedrigeren
Dosis eingesetzt, um das beste Nutzen-Risiko-Profil zu erreichen. Eine Dosis von
2,5 mg reicht aus. Mit dieser Menge bessern sich bei ungefähr 68 Prozent der
Patienten die Schmerzen - mit 100 mg Sumatriptan liegt die Erfolgsquote bei rund
77 Prozent. Die Anzahl der Nebenwirkungen unter Naratriptan sei mit Placebo
vergleichbar, hieß es bei der Pressekonferenz. Am häufigsten berichteten die
Patienten über ein Wärmegefühl oder ein Kribbeln der Haut (4 Prozent) und über
Müdigkeit (4 Prozent). Engegefühl im Brustkorb und kardiovaskuläre Ereignisse
traten bei weniger als einem Prozent der Patienten auf.
Naratriptan beginnt nach einer Stunde zu wirken, der maximale Effekt wird nach vier
Stunden beobachtet. Wegen der vasokonstriktiven Wirkung ist eine Wiederholung
der Dosis frühestens nach vier Stunden möglich; innerhalb von 24 Stunden dürfen
nicht mehr als zwei Tabletten genommen werden. Innerhalb eines Monats sollte die
Dosis, so Dieners persönliche Höchstgrenze, 50 mg nicht übersteigen.
Patienten, die auf die erste Tablette nicht ansprechen, sollten keine zweite Tablette
zur Wirkverstärkung einnehmen, betonte er. Die zweite Dosis sei nur indiziert, wenn
die Kopfschmerzen erneut auftreten. Unter Sumatriptan ist dies bei 36 Prozent der
Patienten der Fall, unter Naratriptan nur bei 19 Prozent. Diener vermutet, daß die
längere Wirkdauer nicht nur auf die längere Halbwertszeit von Naratriptan (sechs
Stunden) zurückzuführen ist. Andere Triptane mit ähnlicher Halbwertszeit haben
diesen Effekt nämlich nicht. Möglicherweise spiele hier auch die Affinität zum
Serotoninrezeptor eine Rolle, so Diener.
Vorteil von Sumatriptan bleibe nach wie vor, daß es oral, rektal, nasal und subkutan
appliziert werden kann, erinnerte er. Naratriptan kommt nur als Tablette in den
Handel.
PZ-Artikel von Stephanie Czajka, Berlin

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