Pharmazie
Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und
Aerosolforschung in Hannover bezweifeln, daß hohe Dosen Vitamin C das
menschliche Erbgut verändern. Eine englische Forschergruppe unter der
Leitung von Jan Podmore hatte im April dieses Jahres in der Zeitschrift
Nature berichtet, hohe Dosen Vitamin C führten zur Bildung des freien
Radikals 8-Oxoadenin und somit zu einer erhöhten Krebsgefahr. Die
Wissenschaftler aus Hannover äußerten jetzt Zweifel an der Interpretation
der Daten und sprachen von gravierenden Mängeln im Studiendesign, die
unbedingt der Klärung bedürften.
Podmore und seine Mitarbeiter hatten die Nahrung von dreißig gesunden Probanden
sechs Wochen lang mit Placebo (500 mg Calciumcarbonat) und anschließend sechs
Wochen mit 500 mg Vitamin C angereichert. Dies entspricht 833 Prozent der in den
USA empfohlenen Tagesdosis. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)
empfiehlt gesunden Personen die Einnahme von 75mg pro Tag. Bei gleichzeitiger
Messung der Vitamin-C-Konzentration im Plasma suchte die an der Universität
Leicester in Großbritannien ansässige Arbeitsgruppe nach DNA-Schäden in Form
von 8-Oxoguanin ( 8-OG) und 8-Oxoadenin (8-OA), sprich oxidierten Guanin- und
Adeninbasen in der Lymphozyten-DNA. Da die Autoren eine erhöhte
8-Oxoadenin- sowie eine erniedrigte 8-Oxoguanin-Konzentration feststellten,
warnten sie vor der Einnahme von hohen Vitamin-C-Dosen.
Professor Dr. Rudolf Fahrig, Leiter der Abteilung Gentoxikologie des
Fraunhofer-Institutes in Hannover, nannte die Warnung aufgrund der vorgelegten
Ergebnisse unge-rechtfertigt und sprach von "Merkwürdigkeiten", die man so nicht
im Raum stehen lassen dürfe. Die von Podmore und Mitarbeitern zum Beweis der
mutagenen Wirkung des 8-Oxoadenin angeführten Arbeiten untermauerten nicht
etwa die mutagene Wirkung. Vielmehr lasse sich im Gegenteil der Schluß ziehen,
daß die mutagene Wirkung von 8-Oxoadenin tatsächlich sehr viel geringer ist als die
von 8-Oxoguanin, so der Hannoveraner Wissenschaftler.
Nicht erklärt werde, warum die Zahl der Probanden innerhalb der Studie schwankt.
Unklar sei, ob einige Studienteilnehmer aktive oder passive Raucher waren oder
Kontakt mit anderen mutagenen Substanzen hatten, die die Bildung von
8-Oxoguanin und -8-Oxoadenin induzieren können. Zu hinterfragen sei außerdem,
warum Vitamin C im Plasma und nicht ebenfalls in den untersuchten Lymphozyten
gemessen wurde. Diese enthalten im Vergleich zum Plasma die 80fache
Vitamin-C-Konzentration.
Das Ergebnis der Untersuchung ist nach Ansicht von Fahrig überaus erfreulich: Die
Konzentration von 8-Oxoguanin, das wahrscheinlich ein mindestens zehnfach
höheres mutagenes Potential als 8-Oxoadenin besitzt, hat sich halbiert, die Bilanz
hinsichtlich der Schutzfunktion von Vitamin C sei somit positiv. Zur
wissenschaftlichen Abklärung dieses Sachverhaltes sowie fragwürdiger statistischer
Berechnungen (siehe auch PZ. Nr. 33, S.17), zu denen Fahrig kritisch Stellung
bezog, sei die englische Arbeitsgruppe vom Fraunhofer-Institut mehrfach
angeschrieben worden. Sie habe auf keines der Anschreiben reagiert.
Hochdosierte Vitamin-C-Infusionen bei Asthma und Arthritis
Für den Einsatz hochdosierter Vitamin- C-Infusionen bei der Behandlung von
Asthma bronchiale, rheumatoider Arthritis oder Neurodermitis plädierte Dr. Reza
Schirmohammadi, Arzt für Naturheilverfahren und Chefarzt der Abteilung für
Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie am St. Antonius-Krankenhaus in
Schleiden. Je nach Krankheitsbild greife er auf Vitamin C in Konzentrationen von
7,5 und 15 g zurück. Es komme zu einer wesentlichen Linderung der Beschwerden.
Gegebenenfalls könnte schrittweise die Gabe von Cortisol und anderen
Medikamenten reduziert werden.
PZ-Artikel von Christiane Berg, Hannover
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