Pharmazie
Seit April dieses Jahres steht in der Bundesrepublik Deutschland mit
Montelukast (Singulair®) der erste Leukotrien-Rezeptorantagonist zur
Behandlung des Asthma bronchiale zur Verfügung. Er erhielt Ende 1997 im
dezentralen EU-Verfahren die Zulassung. Damit wird das medikamentöse
Asthma-Management erstmals seit rund 20 Jahren um eine neue
Substanzklasse bereichert.
In anderen Ländern wie den USA stehen mit Zafirlukast (Accolate®), in Japan mit
Pranlukast (Ultair®), weitere Leukotrien-Rezeptorantagonisten zur Verfügung.
Weiterhin ist in den USA bereits der
Leukotrien-Synthesehemmer/5-Lipoxygenaseinhibitor Zileuton (Zyflo®) im Handel.
Daß Leukotriene eine Schlüsselrolle in der Pathophysiologie des Asthma spielen, ist
schon seit langem bekannt. Sie werden von Entzündungszellen wie Mastzellen oder
Eosinophilen sezerniert und sind die stärksten heute bekannte Bronchokonstriktoren.
Mit der Einführung des Leukotrien-Rezeptorantagonisten Montelukast ist die
medikamentöse Therapie des Asthma bronchiale erweitert worden.
Chemische Klassifikation
Montelukast (MK-0476),1-({(R)-m[(E)-2-(7-Chlorchinol-2-yl)vinyl]-a-[2-
(1-hydroxy-1-methylethyl)phenethyl]-benzylthio}methyl)cyclopropanessigsäure
(IUPAC), ist in Deutschland der erste Vertreter einer neuen Substanzklasse, der
Leukotrien-Rezeptorantagonisten. Strukturelle Ähnlichkeiten zu bisher verfügbaren
Antiasthmatika bestehen nicht.
Indikationen und Anwendung
Singulair® ist indiziert als Zusatzbehandlung bei Patienten, die unter leichtem bis
mittelgradigem chronischem Asthma (Schweregrad 2 und 3 in der vierstufigen
Einteilung) leiden, das mit einem inhalierbaren Glucocorticoid nicht ausreichend
behandelt und das durch die bedarfsweise Anwendung von kurzwirkenden
ß
2-Sympathomimetika nicht ausreichend unter Kontrolle gebracht werden kann.
Außerdem kann Montelukast zur Vorbeugung von Belastungsasthma eingesetzt
werden, dessen überwiegende Komponente die durch körperliche Belastung
ausgelöste Bronchokonstriktion darstellt. Die Dosierung für Erwachsene und
Jugendliche ab 15 Jahren beträgt 10mg Montelukast (eine Filmtablette) täglich vor
dem Schlafengehen. Die Filmtablette kann unabhängig von der Nahrungsaufnahme
eingenommen werden.
Die Dosierung für Kinder zwischen 6 und 14 Jahren beträgt 5mg (eine Kautablette)
täglich vor dem Schlafengehen. Singulair® junior 5 mg sollte eine Stunde vor oder
zwei Stunden nach der Nahrungsaufnahme eingenommen werden. Zur Wirksamkeit
und Unbedenklichkeit von Montelukast bei Kindern unter 6 Jahren liegen bisher
keine Erfahrungen vor.
Die Wirkung von Montelukast auf die Asthmasymptomatik setzt bereits nach einem
Tag ein. Die Patienten sind zu instruieren, daß die Therapie mit Montelukast sowohl
bei Beschwerdefreiheit als auch während einer Verschlechterung der
Asthmasymptomatik fortzusetzen ist.
Bei älteren Patienten sind Dosisanpassungen nicht erforderlich. Auch bei
Nierenfunktionsstörungen oder leichten bis mäßiggradigen Leberfunktionsstörungen
müssen keine Dosisanpassungen vorgenommen werden. Bei Patienten mit schwerer
Leberinsuffizienz liegen keine Erfahrungen vor.
Die Patienten sind anzuweisen, Montelukast nie zur Behandlung eines akuten
Asthma-Anfalls einzusetzen. Von einem inhalativen oder oralen Glucocorticoid soll
nicht ersatzweise auf Montelukast umgestellt werden. Es liegen derzeit keine
hinreichenden Daten vor, die belegen, daß unter der zusätzlichen Therapie mit
Montelukast orale Glucocorticoide eingespart werden könnten.
Wertende Zusammenfassung
Mit Montelukast wurde in Deutschland der erste Leukotrien-Rezeptorantagonist zur
Add-on-Therapie des Asthma bronchiale eingeführt. Im Unterschied zu Zafirlukast,
zweimal tägliche Applikation, muß Montelukast nur einmal täglich gegeben werden.
Ein weiterer Vorteil ist, daß Erfahrungen bereits für Kinder ab sechs Jahren
vorliegen, wohingegen Zafirlukast in den USA als Accolate® nur für Kinder ab 12
Jahren zugelassen wurde. Beide Substanzen werden auch in anderen Indikationen,
wie zum Beispiel saisonaler oder perennialer allergischer Rhinitis untersucht. Zudem
wurde die inhalative Applikation untersucht, die aber aufgrund des ohnehin geringen
Nebenwirkungsrisikos wohl keine sinnvolle Alternative zur peroralen Gabe darstellt.
Die Erfahrungen mit den Leukotrien-Rezeptorantagonisten wie Montelukast sind in
Deutschland noch begrenzt. Ihr Stellenwert in der Asthma-Therapie bedarf der
weiteren Klärung. Sie werden wahrscheinlich inhalative Glucocorticoide nicht
ersetzen können. Gegebenenfalls kann aber die Dosierung der inhalativen
Glucocorticoide reduziert werden. Eine Einsparung oraler Glucocorticoide unter
einer Therapie mit Montelukast ist nicht zu erwarten. Montelukast ist wirksam bei
Asthma bezüglich Lungenfunktion und Symptomen, das Ausmaß der Wirksamkeit
ist aber begrenzt. Die einmal abendliche Applikation ist vor allem für Kinder
compliancefördernd. Ist der Patient beziehungsweise sind die Eltern nicht von der
Notwendigkeit einer inhalativen Glucocorticoidtherapie zu überzeugen, bietet sich
Montelukast als Ausweichmöglichkeit an.
PZ-Artikel von Martin Schulz, Eschborn
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