Pharmazie
Am 3. Juli erhielt Trovafloxacin die europäische zentrale Zulassung. Die
Paul-Ehrlich-Gesellschaft ordnet den Wirkstoff in die Gruppe IV der
Fluorochinolone ein; Stoffe dieser Gruppe zeichnen sich durch eine
verbesserte Aktivität gegen gramnegative, grampositive - insbesondere
Pneumokokken - und atypische Erreger sowie erstmals auch gegen
Anaerobier aus.
Trovafloxacin (Trovan ®) ist der erste in Deutschland zugelassene Vertreter dieser
Gruppe. In den USA wurde es im Februar dieses Jahres eingeführt. Weitere
Chinolone der vierten Gruppe befinden sich in klinischer Entwicklung; als Beispiele
nannte Professor Dr. Dieter Adam vom Dr.-von-Haunerschen-Kinderspital der
Universität München bei einem Pressegespräch der Firma Pfizer Mitte Juli die
Antibiotika Gatifloxacin, Moxifloxacin und Clinafloxacin.
Trovafloxacin ist indiziert bei Infektionen der Atemwege wie ambulant erworbene
Pneumonie, akute Exazerbation der chronischen Bronchitis und akute Sinusitis sowie
im gynäkologischen Bereich. Die neuen Chinolone sollten nicht bei banalen
Erkrankungen eingesetzt werden, warnte Professor Dr. Friedrich Vogel, Hofheim.
Sie seien aber gut geeignet für mittelschwere bis schwere Infektionen, bei älteren
Patienten, bei Patienten mit Grunderkrankungen, häufigen Exazerbationen oder
Rezidiven sowie bei Versagen der Initialtherapie. Das Wirkspektrum umfaßt laut
Firmenangaben alle relevanten Erreger von Atemwegsinfekten.
Trovafloxacin ist liquorgängig. In einer Studie in Nigeria war es wirksam bei
Meningokokken-Meningitis; es ist für die Meningitis-Therapie jedoch nicht
zugelassen, zumal diese Infektion in Europa vorwiegend durch Haemophilus
influenzae B oder Pneumokokken ausgelöst wird.
Für Kinder und Jugendliche bis zum Ende der Wachstumsphase sowie für
schwangere und stillende Frauen sind Chinolone nicht zugelassen, da im Tierversuch
Knorpel- und Gelenkschäden festgestellt wurden.
Als günstig bewertete Adam die lange Halbwertszeit von circa elf Stunden, die eine
Einmalgabe ermöglicht. Es kann intravenös oder oral appliziert werden, wobei auch
eine Sequentialtherapie möglich ist (Therapiebeginn mit 200 bis 300mg i.v. einmal
täglich, dann Umstieg auf 200mg p.o.). Trovafloxacin ist zu 90 Prozent bioverfügbar
und wird vorwiegend über die Galle eliminiert. Daher ist auch bei älteren Patienten
oder bei eingeschränkter Nierenfunktion keine Dosisanpassung nötig. Etwa fünfzig
Prozent des Arzneistoffs werden unverändert ausgeschieden; Metaboliten entstehen
durch Konjugation.
Das phototoxische Potential sei geringer als bei anderen Chinolonen, sagte Adam.
Gleichwohl sollen die Patienten eine längere Einwirkung von zu starkem Sonnenlicht
oder UV-Strahlung meiden. Als besondere Nebenwirkung wird leichte
Benommenheit oder Leichtigkeitsgefühl im Kopf ("dizziness") beschrieben. Dies
wurde häufiger bei jüngeren Frauen beobachtet. Halluzinationen traten laut Adam
nicht auf. Nach Angaben von Dr. Christine Schellhorn von der Pfizer GmbH soll
eine "dizziness" deutlich seltener sein, wenn die Tabletten zum Essen oder vor dem
Schlafengehen eingenommen werden. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind
Übelkeit und Kopfschmerzen.
Die Apothekerin wies auf mögliche Interaktionen mit anderen Arzneistoffen hin. So
vermindern magnesium- oder aluminiumhaltige Antacida, Sucralfat, Eisen-Präparate
und Morphin die Resorption oder Bioverfügbarkeit von Trovafloxacin. Es soll ein
Zeitabstand von zwei bis vier (bei Antacida-Einnahme) Stunden eingehalten werden.
Die gleichzeitige Nahrungsaufnahme beeinflußt die Resorption dagegen nicht.
PZ-Artikel von Brigitte M. Gensthaler, München
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