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Tazaroten, ein topisches Retinoid bei Psoriasis

Datum 11.08.1997  00:00 Uhr

- Pharmazie

Govi-Verlag

Tazaroten, ein topisches Retinoid bei Psoriasis
Serie Neue Arzneistoffe

Psoriasis ist eine chronische, entzündliche, genetisch beeinflußte Hauterkrankung, an der zwei bis drei Prozent der Weltbevölkerung leiden. Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen. Die Inzidenz ist bei Weißen am höchsten, während die Erkrankung in Afrika und Asien weitaus seltener vorkommt. In Deutschland sollen rund 1,5 Millionen Menschen an einer Psoriasis leiden. Die häufigste Form ist die chronische Plaque-Psoriasis, die bevorzugt an Ellbogen, Knie, Kopfhaut und Kreuzbein auftritt. Eine Kausaltherapie der Erkrankung ist derzeit nicht bekannt.

Für die unterschiedlichen Schweregrade der Psoriasis stehen neben der Phototherapie zahlreiche Stoffe unterschiedlicher Gruppen zur Verfügung. Neben Lokaltherapeutika wie Steinkohlenteer, Dithranol, Vitamin-D3-Analoga (Calcipotriol und Tacalcitol) und Glucocorticoiden werden systemische Antipsoriatika eingesetzt: zum Beispiel Methotrexat, Ciclosporin, Glucocorticoide, Fumarsäureester und die Retinoide Etretinat und Acitretin.

Aufgrund der antiproliferativen Wirkung auf das Epithelgewebe und dessen Differenzierung werden systemische Retinoide zur Therapie schwerster, sonst therapieresistenter Psoriasisfälle eingesetzt. Die Therapieerfolge mit den systemisch verabreichten Vitamin-A-Analoga müssen jedoch mit teilweise erheblichen Nebenwirkungen erkauft werden. Dazu gehören Hepatotoxizität und Störungen des Fettstoffwechsels, vor allem aber das hohe Risiko der Teratogenität, das eine Anwendung bei Frauen im gebärfähigen Alter problematisch macht.

Aufgrund der guten therapeutischen Erfolge mit systemischen Vitamin-A-Analoga suchte man daher nach besser verträglichen, lokal einsetzbaren Retinoiden. Tazaroten ist das erste einer neuen Generation topischer, rezeptorselektiver Retinoide, das bei leichter bis mittelschwerer Plaque-Psoriasis eingesetzt wird.

Chemische Klassifikation


Tazaroten, Ethyl-6-[(4,4-dimethylthiochroman-6-yl)-ethinyl]nikotinat, ist ein Prodrug, das rasch in den biologisch aktiven primären Metaboliten Tazarotensäure umgewandelt wird. Eine offensichtliche Strukturverwandtschaft zu Vitamin A oder bisher therapeutisch eingesetzten Retinoiden (Vitamin-A-Säure, Isotretinoin, Acitretin, Etretinat) besteht nicht. Trotzdem wird die Substanz zu den Retinoiden mit Ethinstruktur gerechnet. Tazaroten ist empfindlich gegen Sauerstoff, Oxidationsmittel, Licht und alkalisch reagierende Stoffe.

Indikationen und Anwendung


Die beiden Tazaroten-Gelzubereitungen (0,05 Prozent beziehungsweise 0,1 Prozent) sind zugelassen zur kleinflächigen topischen Behandlung der leichten bis mittelschweren Plaque-Psoriasis. Vor der ersten Anwendung sollte jeder Patient in Zusammenarbeit mit seinem Arzt zunächst die für ihn geeignete Gelkonzentration ermitteln. Dabei ist zu bedenken, daß das höher konzentrierte Gel, insbesondere in den ersten vier Wochen der Anwendung, zwar bis zu 5 Prozent häufiger Hautreizungen (Juckreiz, Rötung und Entzündung) verursacht als das Gel mit dem niedrigeren Tazaroten-Gehalt, die Wirkung aber auch schneller einsetzt, stärker ist und länger anhält.

Die Haut sollte nach einem Bad oder einer Dusche gründlich abgetrocknet werden, bevor Tazaroten angewendet wird. Das Gel wird einmal täglich abends vor dem Schlafengehen als dünner Film auf die betroffenen Hautstellen aufgetragen. Dabei muß darauf geachtet werden, daß es nur auf die psoriatischen Läsionen appliziert wird, da eine Anwendung auf gesunder, ekzematöser, entzündeter oder anderweitig erkrankter Haut zu Irritationen führen kann.

Bei der Körperpflege sollten austrocknende Seifen, Badezusätze oder Duschgels vermieden werden. Bei stärkerer Austrocknung oder Irritation der Haut empfiehlt es sich, vor dem Auftragen des Gels die Haut mit einer Wirkstoff-freien, gut fettenden Salbe zu pflegen. Alternativ beziehungsweise zusätzlich kann die gesunde Haut um den Psoriasis-Plaque herum mit Zinkpaste abgedeckt werden. Bei Hautreizungen ist die Behandlung zu unterbrechen.

Jeder Kontakt des Gels mit den Augen muß vermieden werden. Daher sollten nach jedem Auftrag die Hände sorgfältig gewaschen werden. Falls die Patienten jedoch Psoriasisherde an den Händen behandeln müssen, ist besonders darauf zu achten, daß keine Gel-Reste in Augen oder Gesicht gelangen, die zu Reizungen führen können. Sollte das Gel dennoch in die Augen gekommen sein, sind diese mit viel kaltem Wasser auszuspülen.

Zur Anwendung von Tazaroten unter Okklusion und in Kombination mit anderen Antipsoriatika liegen keine Erfahrungen aus therapeutischen Studien vor. Die behandelten Hautpartien sollten nicht mit Verbänden oder Folien abgedeckt werden. Teershampoos sollten während der Anwendung von Tazaroten nicht benutzt werden. Die Behandlungszeit beträgt in der Regel bis zu 12 Wochen. Klinische Erfahrungen, insbesondere zur Verträglichkeit, liegen für einen Zeitraum von bis zu 12 Monaten vor.

Mit Ausnahme von lokalen Hautirritationen scheint Tazaroten keine unerwünschten Wirkungen aufzuweisen. Die Gründe sind zum einen die Rezeptorselektivität - Tazaroten bindet überwiegend an die geringe systemische Resorption an den in der Haut domnierenden Rezeptorsubtypen RAR-gamma und RAR-beta - zum anderen die geringe systemische Resorption nach lokaler Anwendung des Tazarotengels.

Wie ein Vergleich mit dem Lokalcorticoid Flucinonid zeigte, war die Wirkung von Tazaroten mit der des Corticoids vergleichbar. Die Rezidivfreiheit nach Beendigung der Therapie hielt jedoch nach Tazaroten deutlich länger an.

Vorteilhaft für die Patientencompliance ist sowohl die einmal tägliche Anwendung als auch die - im Vergleich zu den klassischen lokalen Antipsoriatika Dithranol und Steinkohlenteer - wesentlich bessere kosmetische Akzeptanz.

Mit Tazaroten wurde ein Wirkstoff in die Therapie der Psoriasis eingeführt, der den Markt der bisher verwendeten Lokaltherapeutika auf jeden Fall bereichern dürfte. Ein Vergleich mit gebräuchlichen lokalen Antipsoriatika wie Dithranol oder den Vitamin-D-Analoga Calcipotriol und Tacalcitol steht allerdings noch aus.

PZ-Artikel von Rolf Thesen Eschborn
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