Pharmazie
Das Prostatakarzinom
ist nur im frühen Stadium heilbar, zum Beispiel durch
eine radikale Operation. Im fortgeschrittenen Stadium
gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Sie
reichen von der Nulltherapie mit strenger Beobachtung bis
zur Maximaltherapie mit Bestrahlung, chirurgischer
(Orchiektomie) oder chemischer Kastration (Gabe von
LH-RH-Agonisten) sowie Gabe von Antiandrogenen. Mit Bicalutamid
(Casodex®)
wurde nach Flutamid
ein weiteres nichtsteroidales Antiandrogen in den Handel
eingeführt, das zur maximalen Androgenblockade in
Kombination mit einer Kastration zur Therapie des
fortgeschrittenen Prostatakarzinoms zugelassen ist.
Das Prostatakarzinom ist ein hormonabhängiger
Tumor, der in erster Linie auf Testosteron reagiert.
Folgerichtig versucht man, durch Ausschaltung der
Androgenproduktion den Tumor in seinem Wachstum zu
hemmen. Beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom versucht
man, durch Kombination von Orchiektomie beziehungsweise
Gabe von LH-RH-Agonisten und einem Antiandrogen (zum
Beispiel Flutamid) eine möglichst maximale
Androgenblockade zu erreichen und damit die
Überlebenszeit gegenüber der alleinigen Anwendung der
chirurgischen beziehungsweise chemischen Kastration zu
verlängern.
Im allgemeinen kommt das Prostatakarzinom in asiatischen
Ländern seltener vor als im Westen. Hierbei spielt
offensichtlich der Lebensstil, insbesondere die
Ernährung, eine wichtige Rolle. So beträgt zum Beispiel
in Japan die Inzidenz dieses Tumors nur etwa ein Zehntel
derjenigen in Nordamerika. Nach neueren Daten ist sie
aber in Japan und anderen asiatischen Ländern deutlich
auf dem Vormarsch. Als Ursache vermutet man die
Übernahme des westlichen Lebensstils.
Chemische Klassifikation
Bicalutamid ist ein synthetisches
nichtsteroidales Antiandrogen. Der Wirkstoff liegt im
Fertigarzneimittel als Racemat vor. Die antiandrogene
Wirkung geht nahezu ausschließlich vom (R)-Enantiomer
aus. Strukturelle Verwandtschaft besteht zu den
nichtsteroidalen Antiandrogenen Flutamid und Nilutamid
(in Deutschland nicht im Handel).
Indikation und Anwendung
Bicalutamid ist zur Behandlung von Patienten mit
fortgeschrittenem Prostatakarzinom, bei denen in
Kombination mit Maßnahmen zur Senkung des
Plasmatestosterons auf Kastrationsniveau eine maximale
Androgenblockade (MAB) erreicht werden soll, zugelassen.
Die Wirkung von Bicalutamid ist mit der von Flutamid
vergleichbar. Die Substanz besitzt aber zwei wesentliche
Vorteile gegenüber Flutamid: es kann einmal täglich
eingenommen werden (Flutamid dreimal täglich) und es ist
besser verträglich. Hervorzuheben ist die deutlich
niedrigere Frequenz von schweren Durchfällen, die in
klinischen Vergleichsstudien mit Flutamid häufig zu
Therapieabbrüchen geführt haben.
PZ-Artikel von Rolf Thesen, EschbornProstatakarzinom
Das Prostatakarzinom ist nach dem Lungenkrebs in den
meisten europäischen Ländern die zweithäufigste
Krebserkrankung des Mannes. Die Inzidenz steigt mit jedem
Lebensjahrzehnt. Über 80 Prozent der Fälle werden bei
Männern, die älter als 65 Jahre sind, diagnostiziert.
In der Bundesrepublik liegt die Inzidenz dieses Karzinoms
bei circa 20 000 pro Jahr. Die zunehmende Inzidenz des
Prostatakarzinoms ist zum einen mit der steigenden
Lebenserwartung zu erklären - früher starben viele
Männer nicht an, sondern mit einem (klinisch oft stumm
verlaufenden) Prostatakarzinom - zum anderen werden im
Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen heute mehr
Prostatakarzinome als früher entdeckt.
PZ-Arzneimittelprofil
Bicalutamid ist arzneilich wirksamer Bestandteil des
Fertigmittels Casodex der Firma Zeneca, Plankstadt. Eine
Filmtablette enthält 50 mg Bicalutamid. Sonstige
Bestandteile: Lactose; Poly(0-carboxymethyl)stärke,
Natriumsalz; Polyvidon; Magnesiumstearat;
Methylhydroxypropylcellulose; Macrogol 300; Titandioxid.
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