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Salmeterol als inhalativesß2-Sympathomimetikum

Datum 29.06.1998  00:00 Uhr

- Pharmazie

Govi-Verlag

Salmeterol als inhalatives ß2-Sympathomimetikum
Neue Arzneistoffe

Akute und chronisch-obstruktive Atemwegserkrankungen scheinen zuzunehmen, obwohl die therapeutischen Ansätze und Entwicklungen zur Behandlung obstruktiver Lungenerkrankungen in den letzten Jahrzehnten zu einer erheblich verbesserten Lebensqualität und günstigeren Langzeitprognose geführt haben.

Unter dem Begriff obstruktive Atemwegserkrankungen werden im einzelnen die Krankheitsbilder des Asthma bronchiale, der akuten und chronisch-obstruktiven Bronchitis und des Lungenemphysems verstanden. Wegen der fließenden Übergänge lassen sich diese jedoch nicht immer ausreichend voneinander trennen. In der medikamentösen Asthma-Therapie wird zwischen vorbeugenden Dauermedikamenten und Anfalls-, Bedarfs- beziehungsweise Notfallmedikamenten unterschieden. Zu den ersten gehören vor allem die inhalativ anzuwendenden Glucocorticoide, zum Beispiel Fluticason (Flutide®), sowie Cromoglicinsäure (Intal® und andere) und Nedocromil (Halamid®, Tilade®). In der Gruppe der Bedarfsmedikamente sind die kurzwirkenden ß2-Sympathomimetika bei weitem die wichtigsten. Parasympatholytika (Anticholinergika), wie zum Beispiel Ipratroprium (Atrovent® und andere), werden, gegebenenfalls auch in fixer Kombination mit kurzwirkenden ß2-Sympathomimetika (zum Beispiel Berodual®), bevorzugt bei der chronisch-obstruktiven Bronchitis eingesetzt.

Bei mittelschwerem oder schwerem Asthma bronchiale ist die regelmäßige Inhalation eines langwirkenden ß2-Sympathomimetikums eine sinnvolle Alternative zur oralen Einnahme eines ß2-Sympathomimetikums oder eines retardierten Theophyllin-Präparates. Sowohl nationale als auch internationale Konsensuspapiere zum Asthmamanagement bei Erwachsenen und Kindern empfehlen dies. Als erster Vertreter der inhalierbaren, langwirkenden ß2-Sympathomimetika wurde im Oktober 1995 Salmeterol (Serevent®, Aeromax®) eingeführt.

Indikationen und Anwendung

Die Salmeterolxinafoat-haltigen Fertigarzneimittel zur Inhalation sind zugelassen zur Langzeitbehandlung obstruktiver Atemwegserkrankungen. Gleichzeitig sollen regelmäßig entzündungshemmende Arzneimittel, in der Regel inhalativen oder oralen Glucocorticoide, gegeben werden, da dies die Basistherapie darstellt. Serevent®/Aeromax® Dosier-Aerosol oder Diskus® dürfen nicht für die Akutbehandlung eines Asthmaanfalls eingesetzt werden.

Die Dosierung richtet sich nach Art und Schwere der Erkrankung. Für Erwachsene und Kinder ab vier Jahren gelten folgende Empfehlungen: Bei Anwendung des Dosier-Aerosols inhalieren Erwachsene zweimal täglich zwei Sprühstöße (100 µg pro Tag). Bei stärkeren Beschwerden kann die Dosis auf zweimal täglich vier Sprühstöße erhöht werden. Kinder ab vier Jahren nehmen zweimal täglich zwei Sprühstöße.

Bei Verwendung des Diskus® sollten Erwachsene zweimal täglich eine Einzeldosis (100 µg pro Tag) inhalieren. Bei stärkeren Beschwerden kann die Dosis auf zweimal täglich zwei Einzeldosen erhöht werden. Kinder ab vier Jahren inhalieren zweimal täglich eine Einzeldosis. Der Abstand der einzelnen Inhalationen sollte etwa zwölf Stunden betragen. Die bronchialerweiternde Wirkung setzt im allgemeinen 10 bis 20 Minuten nach der Inhalation ein und hält circa 12 Stunden an. Die maximale Wirkung wird normalerweise nach zwei Stunden erreicht.

Zum Vergleich wurde der Wirkungseintritt nach Inhalation von Salbutamol (Sultanol® und andere) nach ein bis zwei Minuten, die maximale Wirkung nach etwa 15 Minuten und das Ende der Wirkungsdauer nach vier Stunden beobachtet. Die Tagesgesamtdosis soll acht Sprühstöße (Dosier-Aerosol) beziehungsweise vier Einzeldosen nicht überschreiten, da eine höhere Dosierung im allgemeinen keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen erwarten läßt, jedoch die Wahrscheinlichkeit des Auftretens auch schwerwiegender Nebenwirkungen erhöht.

Dosier-Aerosol und Pulverinhalator sind ausschließlich zum Inhalieren bestimmt. Für den Behandlungserfolg ist es wichtig, Salmeterol regelmäßig anzuwenden. Auf die korrekte Applikation beziehungsweise Inhalationstechnik muß immer wieder hingewiesen werden. Dies gilt besonders für die Koordination des Auslösens eines Sprühstoßes und tiefer Einatmung beim Dosier-Aerosol. Der Pulverinhalator ist ein handliches Gerät zur Atemzug-gesteuerten Inhalation von 60 Einzeldosen.

Wirkung und Wirkungsmechanismus

Das pharmakologische Profil von Salmeterol ähnelt dem anderer selektiver ß2-Sympathomimetika. Die Hauptwirkung wird durch den ß2-Adrenozeptor (ß2-AR) vermittelt. Die Bindung des Salmeterols an den Rezeptor führt zu einer Kopplung des Rezeptormoleküls an ein G-Protein. Dieses stimuliert die Adenylatcyclase mit der Folge eines Anstiegs des intrazellulären cAMP-Spiegels. cAMP aktiviert die cAMP-abhängige Proteinkinase A, die spezifische Zielproteine phosphoryliert, die letztendlich für die Wirkung verantwortlich sind und pulmonal zur Bronchodilatation und zur Hemmung der in der Spontanreaktion beteiligten Mediatoren in den Mastzellen führen. Die ß2-adrenerge Wirkung von Salmeterol ist hauptsächlich auf das R-Isomer zurückzuführen, welches mit weitaus höherer Affinität an die Rezeptoren bindet als das S-Isomer. Am isolierten Bronchialmuskel übertrifft die bronchodilatierende Wirkung des Salmeterol die äquimolarer Salbutamolkonzentrationen. In-vitro- und In-vivo-Versuche belegen die hohe Selektivität der Substanz zum ß2-AR. Die Selektivität für den ß2-AR ist höher als die von Fenoterol, Formoterol oder Salbutamol. Sie macht ß1- jedoch nicht ß2-Rezeptor-vermittelte systemische Wirkungen unwahrscheinlich.

Die lang andauernde Wirkung des Salmeterols wird durch die sehr starke Bindung des Moleküls an den ß2- Rezeptor bewirkt. So wies eine Forschergruppe nach, daß zusätzlich zu der aktiven Rezeptorbindungsstelle eine "Exo-Site" im Rezeptor vorliegt, an die die lipophile Oxyalkyl-Seitenkette des Salmeterols ankoppelt. Diese Bindungsstelle schließt eine 10 Aminosäuren-umfassende Region des Rezeptors ein, die von der eigentlichen Rezeptortasche räumlich zu unterscheiden ist. Während die Bindung des Salicylalkohol-Restes an die eigentliche Rezeptortasche frei reversibel ist und durch Antagonisten aufgehoben werden kann, verhindert die Bindung des Salmeterols an die "Exo-Site" die vollständige Dissoziation vom Rezeptor. Dieses "verankerte" Molekül kann wiederholt an die Rezeptortasche ankoppeln und somit die Wirkzeit verlängern.

Hohe Salmeterolkonzentrationen induzieren auch nicht rezeptorvermittelte Effekte, die durch ß-Antagonisten nicht aufgehoben werden können und wahrscheinlich auf eine nicht spezifische Interaktion mit Zellmembranen zurückzuführen sind. Da die für diese Effekte erforderlichen Konzentrationen im Patienten nicht beobachtet werden, sind diese Wirkungen jedoch von geringer klinischer Bedeutung.

Neben der typischen ß-adrenergen Wirkung besitzt Salmeterol eine deutliche antiinflammatorische Wirkung, die durch Reduktion bestimmter proinflammatorischer Mediatoren, wie zum Beispiel Histamin, Leukotrien C4 und D4 sowie Prostaglandin D2 bestimmt wird. Salmeterol reduziert ebenfalls die vaskuläre Permeabilität in der Spätphase und die Migration von Entzündungszellen. Das Ausmaß und der Mechanismus der antiinflammatorischen Wirkung des Salmeterols ist jedoch nur ungenügend charakterisiert, obwohl Anhaltspunkte vorliegen, daß sie über den ß2-AR vermittelt werden.

Wegen der langen Wirkdauer ist Salmeterol besonders zur Bekämpfung der nächtlichen Asthmaanfälle bei Patienten geeignet, die unter Glucocorticoid- oder Theophyllintherapie nicht kontrolliert werden können. Etwa 75 Prozent aller Asthma-Patienten werden häufig nachts durch Husten, Niesreiz und Atembeschwerden geweckt. Diese nächtlichen Asthmaanfälle verursachen Schlafstörungen und sind bei vielen Patienten die Hauptbeschwerden. Aufgrund der geringeren unerwünschten Wirkungen ist in der Regel die inhalative Applikation von Salmeterol einer oralen Gabe von Theophyllin vorzuziehen, vorausgesetzt, der Patient kommt im Rahmen des Selbstmanagement mit drei Dosieraerosolen beziehungsweise Pulverinhalatoren zurecht. Er muß darüber informiert werden, daß ein morgendliches Peak-flow-Tief durch die langanhaltende Wirkung von Salmeterol maskiert werden kann.

Günther Hochhaus, Amy Buchwald, Gainesville/USA, Martin Schulz, Eschborn Top

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