Pharmazie
Zur ersten
Jahrestagung der Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) am
4. Juni 1997 in Düsseldorf konnte der Vorsitzende Dr.
Joachim Kresken circa 100 Dermatologen und Apotheker
begrüßen, unter ihnen den ABDA-Präsidenten
Hans-Günter Friese. In zehn Vorträgen ging es um
neueste Entwicklungen aus der Dermatotherapie, der
Dermopharmazie in Praxis und Offizin, der Dermokosmetik
sowie der Photobiologie.
Die GD hat sich nicht nur zum Ziel gesetzt, die
Zusammenarbeit zwischen Apothekern, Ärzten und
Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Dermopharmazie zu
fördern. Sie will aktuelle dermopharmazeutische
Erkenntnisse auch der Öffentlichkeit bekanntmachen. Auf
einer Pressekonferenz wurde daher über die wichtigsten
Themen des Kongresses informiert.
Bioäquivalenz wirkstoffidentischer Externa
Bei lokal wirksamen Arzneimitteln ist die im Plasma
meßbare Konzentration äußerst gering. Auch ist die
therapeutische Relevanz von Plasmakonzentrationen nicht
gegeben, da der Wirkort in der Haut liegt, sagte Dr.
Winfried Mehnert aus Berlin, der zur Frage der
Bioäquivalenz wirkstoffidentischer Externa referierte.
Allerdings könnten Plasmakonzentrationsbestimmungen
notwendig sein, um das Risiko einer unbeabsichtigten
Resorption über die Haut zu ermitteln, so der Referent,
der auf das Zusammenspiel von Arzneistoff, Grundlage und
Haut verwies.
Klinische Studien zum Nachweis der Bioäquivalenz lokal
wirksamer Arzneiformen seien sehr zeitaufwendig und
kostenintensiv, stellten aber nach dem heutigen Stand der
Wissenschaft die einzige abgesicherte Methode dar. Nicht
zuletzt aufgrund von Fragen nach der ethischen
Vertretbarkeit seien in den letzten Jahren alternative
Methoden entwickelt worden, erläuterte Mehnert. Die
Bestimmung pharmakodynamischer Parameter umfaßt die
Messung der Vasokonstriktion und Mikrozirkulation der
Haut. Bei der Bestimmung pharmakokinetischer Parameter
steht die Messung der Arzneistoffaufnahme und
-elimination in das beziehungsweise aus dem Stratum
corneum im Vordergrund, ebenso die Messung der
Arzneistoffkonzentration in der Synovialflüssigkeit nach
topischer Applikation von Antirheumatika und
Antiphlogistika.
Mit Hilfe von In-vitro-Methoden lassen sich nach den
Worten Mehnerts Aussagen zur Freisetzung des Wirkstoffes
aus der Arzneiform und zur anschließenden Penetration in
künstliche Membranen oder auch Humanhaut machen. Zur
Zeit müsse der Nachweis der Austauschbarkeit von
wirkstoffidentischen Präparaten mit lokaler Wirksamkeit
noch durch die Ergebnisse klinischer Studien erbracht
werden, da alternative Methoden bisher nicht ausreichend
validiert seien.
Pilzinfektionen der Haut
Auf die wachsende Bandbreite der Dermatomykosen verwies
Privatdozent Dr. Hans Jürgen Tietz, Berlin. Sie reichten
heute von den klassischen Erkrankungen der Nägel und
Füße über die Candidosen der Haut bis hin zu zoophilen
Dermatomykosen durch höher virulente Erreger,
vornehmlich bei Kindern. Der Wandel im Spektrum der
Erreger und der Erkrankungen erfordere ein
differenziertes therapeutisches Herangehen basierend auf
einer exakten und im Anspruch artspezifischen
mykologischen Diagnostik. Angesichts dieser
Veränderungen seien die Möglichkeiten der
Selbstmedikation äußerst gering. Dennoch sei die
Mitwirkung des Patienten gefragt. Zur Selbstmedikation im
weiteren Sinne zähle er die Beseitigung pilzhaltigen
Materials an den erkrankten Läsionen und der Umgebung,
nicht zuletzt auch unter Inanspruchnahme einer
qualifizierten Fußpflege. Große Bedeutung komme der
Desinfektion von Wäsche und Schuhwerk zu. Dies gelte
besonders im Jugend- und Freizeitsport, wo aktuelle
Anzeichen für die epidemieartige Ausbreitung bestimmter
Dermatophyten gegeben sei.
Neuer Allergiepaß der Deutschen
Kontaktallergie-Gruppe
Den neuen AlIergiepaß der Deutschen
Kontaktallergiegruppe stellte Professor Dr. Sawkro W.
Wassilew, Krefeld, vor. Er beklagte, daß derzeit
Allergiepässe mit unterschiedlichen Formen, Farben und
Formaten existieren, mit denen nicht immer so umgegangen
werde, wie der Arzt es sich wünscht. Man habe den neuen
Allergiepaß für Ärzte und Apotheker geschaffen. Bei
Diagnose von Überempfindlichkeitsreaktionen werde darin
die Methodik der Sicherung dokumentiert. Es werde
zwischen lebensbedrohlichen und nicht lebenbedrohlichen
Überempfindlichkeitsreaktionen unterschieden.
Vorschläge zur Weiterentwicklung des Passes nehme man
gerne entgegen.
Qualitätssicherung dermatologischer
Individualrezepturen
Auf die notwendige Zusammenarbeit zwischen Arzt und
Apotheker bei der Qualitätssicherung dermatologischer
Individualrezepturen verwies Dr. Holger Reimann,
Eschborn. Er zitierte Ergebnisse einer Studie der
Dermatologischen Klinik der Ruhr-Universität Bochum, die
in Zusammenarbeit mit dem Landesverband der
Betriebskrankenkassen Nordrhein-Westfalens 72 615
dermatologische Verordnungen analysiert hat. Es sei zu
einer überwiegend positiven Beurteilung gekommen: So
waren bei den zehn häufigsten Rezepturwirkstoffen
ausschließlich anerkannte Arzneistoffe zu verzeichnen
und Indizien für eine rationale Individualtherapie
gegeben. Es seien untypische Wirkstoffkonzentrationen
sowie ein höherer Anteil an Wirkstoffkombinationen zu
registrieren gewesen als bei Fertigarzneimitteln.
Komplexe Rezepturen mit mehr als drei Wirkstoffen waren
der Studie zufolge selten, zeitgemäße
Formulierungsrezepturen wie aus dem NRF fanden
Berücksichtigung.
Ein Bedarf für Qualitätssicherungsmaßnahmen sei
dennoch vorhanden, betonte Reimann. Denn unter anderem
sei eine unklare Verschreibungsweise bei Derivaten und
Salzen von Wirkstoffen sowie die Verordnung bedenklich
hoher Wirkstoffkonzentrationen beziehungsweise
umstrittener Stoffe Festgestellt worden. Ein hoher Anteil
von Antibiotika-Verschreibungen oder unsinnigen und
unüberschaubaren Kombinationen sowie nicht völlig
einheitliche Taxationen in Apotheken, seien ebenfalls
beobachtet worden.
PZ-Artikel von Christiane Berg, Düsseldorf
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