Keine müden Knochen im Alter |
22.03.1999 00:00 Uhr |
FORTBILDUNG DER LAK RHEINLAND PFALZ
Osteoporose muß kein Schicksal sein. Die richtige Lebensführung schützt vor dem schnellen Abbau der Knochenmasse und wenn die Krankheit bereits ausgebrochen ist, können Medikamente zumindest im frühen Stadium den Verlauf bremsen. Bildgebende Verfahren, Laborwerte und die Messung der Knochendichte geben Aufschluß über den Erfolg von Therapie und Prävention.
Diagnostiziert werden müsse die Osteoporose über bildgebende Verfahren, wie Röntgenuntersuchung, Computertomographie oder Kernspintomographie, sagte Dr. Christian Wüster, Universitätsklinik Heidelberg, auf der zentralen Fortbildung der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz am 20. und 21. März in Mainz. Die Knochendichtemessung mit Ultraschall tauge zur Diagnose nicht, sie sei aber dazu geeignet, das Risiko eines Oberschenkelhalsbruches abzuschätzen.
Die Diskussion um den Sinn der Knochendichtemessung mit Ultraschall bezeichnete Wüster als rein ökonomisch motiviert. In Untersuchungen habe die Methode bei der Vorhersage von Oberschenkelhalsbrüchen ebenso gut abgeschnitten, wie die bildgebenden Verfahren. Bei der Abnahme der Knochendichte um eine Standardabweichung verdoppelt sich das Frakturrisiko. Nach der Klassifikation der WHO wird die Knochendichte in Standardabweichungen vom Mittelwert der Bevölkerung angegeben.
In den Studien schnitt die Röntgenmethode vergleichbar ab. Ein positiver Befund erhöhte das Frakturrisiko ebenfalls um den Faktor zwei. In der Trefferquote schneiden beide Methoden zwar in etwa gleich gut ab, die einzelnen Ergebnisse stimmen aber häufig nicht überein. Nach Wüsters Überzeugung ist dies der Grund, warum der Ultraschallmessung der Makel mangelhafter Qualität anhaftet. Ärzte, die die Ergebnisse einer Ultraschallmessung mit Röntgenstrahlen überprüfen, konstatieren dann zu häufig eine fehlerhafte Erstuntersuchung.
Wüster möchte die Ergebnisse der beiden Untersuchungen als einzelne Risikofaktoren für Oberschenkelfrakturen verstanden wissen. "Wenn beide Methoden einen positiven Befund liefern, steigt nach den Untersuchungen das Frakturrisiko erheblich. "Patienten, bei denen Ultraschall und Röntgen einen Abbau der Knochensubstanz melden, haben ein siebenfach erhöhtes Risiko, einen Oberschenkelhalsbruch zu erleiden."
Damit es gar nicht dazu kommt, muß der Abbau der Knochenmasse gestoppt oder zumindest gebremst werden. Neben der Prävention mit Calcium und Vitamin D sei vor allem Muskeltraining wichtig, erläuterte Dr. Peter Donhauser, Universität München. Die Muskelmasse korreliert direkt mit der Festigkeit des Knochens.
In einer Studie der Universität München an 130 Frauen mit erhöhtem Osteoporoserisiko reichten bereits zweimal neunzig Minuten körperliches Training pro Woche aus, um den Abbau von Knochensubstanz zu stoppen. Das Training sei ebenso effektiv wie die Hormonsubstitution, sagte Donhauser. Für Frauen mit erhöhtem Mammakarzinomrisiko mit beginnender Osteoporose kann das richtige Training die Hormonsubstitution ersetzen.
Neue Bisphosphonate in der Pipeline
Vor allem den Bewegungsapparat belastende Sportarten wie Walking, Jogging oder Ballspiele beugen dem Knochenabbau vor, berichtete Professor Dr. Dr. Walter Schunack von der Freien Universität Berlin. Inzwischen sei auch belegt, daß Muskelaufbau osteoanabole Prozesse fördere. "Muskeltraining gehört genauso dazu wie Knochentraining", sagte Schunack. Neben Bewegung und Substitution von Calcium und Vitamin D3 müsse der gesteigerte Knochenabbau aber unbedingt auch medikamentös gestoppt werden.
Als derzeit potenteste Osteoklastenhemmer bezeichnete Schunack die Aminobisphosphonate. Sie binden aufgrund ihrer basischen Aminofunktion bevorzugt an den Resorptionsflächen unter den Osteoklasten, die den Knochen mit Säuren und Enzymen abbauen. Der Spezifitätsindex des Aminobisphosphonats Alendronat liegt nach Angaben Schunacks bei 6000 : 1. Die niedrigste Dosis, die eine unerwünschte Hemmung der Knochenmineralisation bewirkt, liege also um das 6000fache höher als die antiresorptiv wirksame Dosierung. Deshalb könne Alendronat auch über lange Zeit angewendet werden.
Bislang ist Alendronat nur zur Therapie der postmenopausalen Osteoporose zugelassen. Schunack rechnet aber noch in diesem Jahr mit einer Zulassungserweiterung für die Corticoid-induzierte Osteoporose. Zudem seien weitere Stoffe der Substanzklasse in den Pipelines der Pharmaindustrie. (Mehr zum Thema Osteoporose lesen Sie in PZ 25/98 ab Seite 51.)
Arthrosetherapie rein symptomatisch
Arthrose hat Zukunft und kausale Therapieansätze sind leider immer noch nicht in Sicht. Diese traurige Botschaft überbrachte Professor Dr. Manfred Burkhardt von der Medizinischen Klinik III der Universität Nürnberg-Erlangen. Inzwischen leiden bundesweit 8 bis 9 Millionen Menschen an der Gelenkerkrankung. Die Zahl der Betroffenen wird nach Meinung Burkhardts in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Denn mit der Lebenserwartung steige auch die Zahl der Arthrosefälle.
Die eigentlichen Therapieziele, die Knorpelmatrixsynthese zu stimulieren sowie katabole Mechanismen und die Synovitis zu hemmen, erreiche man mit den bislang verfügbaren Pharmaka so gut wie nicht. Der Abbau des Knorpels läßt sich kaum stoppen, sagte Burkhardt. Die Behandlung beschränke sich darauf, Schmerzen und Entzündung mit nichtsteroidalen Antirheumatika, Flupirtin, Paracetamol und Glucocorticoiden zu lindern.
Der Referent warnte sein Auditorium vor "merkwürdigen Mixturen aus tierischen Extrakten", die einer rationalen Pharmakotherapie völlig entbehrten. Bis heute sei die Wirksamkeit dieser Präparate in keiner Weise belegt. Nach sorgfältiger Kosten-Nutzen-Abwägung könne man von diesen Mitteln nur die "Finger lassen", betonte Burkhardt.
Als erfolgversprechenden Ansatz bezeichnete er die Chondrozytentransplantation. Bei
diesem Verfahren entnehmen Mediziner dem Patienten Knorpelzellen, vermehren diese in vitro
und implantieren später das künstlich gezüchtete Gewebe in defekte Gelenke. Mit diesem
Eingriff könnten bislang jedoch nur kleine Defekte ausgeglichen werden. "Wenn die
halbe Gelenkfläche zerstört ist, bleibt die Therapie reinste Science fiction",
sagte der Mediziner.
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