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Pflanzeninhaltsstoffe mit Hormonwirkung

24.01.2000  00:00 Uhr

- Pharmazie Govi-Verlag

PHARMACON DAVOS

Pflanzeninhaltsstoffe mit Hormonwirkung

von Christiane Berg, Davos

Bei den pflanzeninhaltsstoffen mit Hormonwirkung, die – so Professor Dr. Kurt Hostettmann, Lausanne - momentan unter dem Begriff Phytoestrogene zusammengefasst werden, können drei Stoffklasssen unterschieden werden, die sich in verschiedenen Nahrungsmitteln finden lassen: Isoflavone (Sojabohnen, Linsen, Bohnen, Kichererbsen), Cumestane (Gemüsekeimlinge wie Luzerne und Sojasprossen) und Lignane (Getreide, Kirschen, Äpfel, Birnen, Karotten, Fenchel, Knoblauch, Zwiebeln).

Hopfen enthält Lignane, die in geringen Mengen im Bier wiederzufinden sind. Hostettmann verwies auf die Beobachtung von Menstruationsstörungen bei Arbeiterinnen, die häufig Kontakt mit Hopfen haben, sowie auf die traditionelle Verwendung von Hopfen bei gynäkologischen Beschwerden. In großen Mengen sei das Phytoestrogen Resveratrol im Rotwein enthalten. Im Zusammenspiel mit antioxydativen Anthocyanen soll der regelmäßige und moderate Genuss von Rotwein trotz fettreicher Nahrung zur Minderung kardiovaskulärer Erkrankungen führen ("French paradox").

Epidemiologische Studien haben das plötzliche Interesse an Phytoestrogenen geweckt. Die Untersuchungen hatten gezeigt, dass asiatische Frauen und Vegetarierinnen, deren Nahrung reich an Phytoestrogenen ist, seltener an koronaren Herzerkrankungen, bestimmten Tumoren sowie postmenopausalen Symptomeledien. Studien über die Isoflavone des Sojas hätten eine antioxidative Wirkung, Vasodilatation verkalkter Blutgefäße sowie mögliche Minderung des LDL-Cholesterins belegt.

Effekte bei Krebs, KHK und postmenopausalem Syndrom

Bei Osteoporose habe sich eine Aufhebung der Aktivität der Osteoklasten bei In-vitro- und In-vivo-Studien in Ratten mit dem Inhaltsstoff Genistein sowie eine Hemmung des beschleunigten Knochenabbaus nach der Menopause mit dem synthetischen Flavonoid Ipriflavon und seinem Hauptmetabolit Daidzein nach der Menopause zeigen lassen. In-vitro-Studien bei Mammakarzinom hätten belegt, dass Genistein in hohen Konzentrationen zur Hemmung der durch Estradiol induzierten Zellproliferation karzinogener Brustzellen führt. Eine protektive Wirkung der Phytoestrogene bei Prostatakrebs sei denkbar, müsse aber in weiteren Studien noch bestätigt werden.

Als potentieller Anwendungsbereich der Phytoestrogene kristallisiere sich die Hormonsubstitution nach der Menopause zur Minderung von Hitzewallungen, Schlafstörungen, Atrophie des Urogenitalsystems, Osteoporose, Mamma- und Endometriumkarzinom sowie die Minderung kardiovaskulärer Erkrankungen und mancher Krebsarten in der Gesamtbevölkerung heraus. Für eine definitive Bewertung der Effekte von Phytoestrogenen sowie eine Abschätzung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses vor allem bei Kleinkindern (möglicher Einfluß auf Entwicklung des Genitalsystems durch große Mengen Sojamilch?) sei es jedoch noch zu früh. Top

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