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Oxybutynin im OROS-System

17.01.2005  00:00 Uhr
Harninkontinenz

Oxybutynin im OROS-System

von Brigitte M. Gensthaler, München

Das Anticholinergikum Oxybutynin wird seit etwa 25 Jahren zur Behandlung von Blasenentleerungsstörungen eingesetzt. Jetzt wird es in einer neuen Darreichungsform, der OROS-Technologie, angeboten, die eine kontrollierte Freigabe des Wirkstoffs über 24 Stunden und damit die einmal tägliche Gabe ermöglicht.

Mit zunehmendem Alter leiden immer mehr Menschen an einer überaktiven Blase mit häufigem Harndrang und Inkontinenz. In Deutschland sind – bei einer hohen Dunkelziffer – schätzungsweise vier Millionen Menschen harninkontinent. Darunter versteht man jeden unwillkürlichen Harnabgang, der zu einem medizinischen oder sozialen Problem für den Patienten oder seine Angehörigen führt, erklärte Professor Dr. Klaus-Peter Jünemann, Vorsitzender der Deutschen Kontinenz Gesellschaft, bei einer Pressekonferenz der medac GmbH in München. Mindestens jeder fünfte Mensch jenseits des 70. Lebensjahres hat Probleme mit einer Harn-, vor allem einer Dranginkontinenz. Jenseits der 80 ist es sogar jeder Dritte.

Die Aufnahme in ein Heim und eine Demenz lassen das Risiko dramatisch ansteigen. Bereits heute ist mehr als die Hälfte aller Heimbewohner betroffen. Möglicherweise steigert die kognitive Verarmung der Menschen in den Heimen deren Risiko, inkontinent zu werden, sagte der Kieler Urologe. Nahezu jeder Demenzpatient kann den Harnabgang nicht kontrollieren.

Eine Inkontinenz hat drastische Folgen für Patienten und deren Familie. Aus Scham ziehen sich viele aus der Gesellschaft zurück, vereinsamen und verlieren Selbstvertrauen und Selbstkontrolle. Die Depressionsrate steigt deutlich. „Heute werden 25 Prozent der Arbeitszeit in Alten- und Pflegeheimen mit Trockenlegen verbracht“, erklärte Jünemann. Aber auch eine überaktive Blase belaste stark. „Wer 30-mal pro Tag zur Toilette muss, kann kaum noch einkaufen gehen.“ Bei dieser Frequenz schaffen ältere und gehbehinderte Menschen nur selten den Weg bis zum rettenden Ort.

Hyperaktiven Detrusor dämpfen

Die medikamentöse Therapie der überaktiven Blase und Dranginkontinenz basiert auf Anticholinergika, die die Überaktivität des Detrusors bremsen. In dieser Indikation werden Oxybutynin, Tolterodin, Propiverin, Trospiumchlorid und seit Herbst letzten Jahres auch Solifenacin und Duloxetin eingesetzt. Anticholinergika sind laut Jünemann der Goldstandard der Therapie, obwohl anticholinerge Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit die Dosiserhöhung begrenzen und die Compliance oft beeinträchtigen.

Hier erhofft man sich Fortschritte durch die Formulierung von Oxybutynin als OROS-System (Lyrinel® uno). Das Kürzel steht für „orally taken – osmotically driven“. OROS selbst ist nicht neu. Das osmotische System ist von einer semipermeablen Membran umschlossen, durch die Wasser in den Kern einströmen kann. Dadurch quillt das Polymer in der Druckkomponente auf. Der Arzneistoff im Wirkstoffkern wird suspendiert und durch eine definierte Präzisionsöffnung nach außen gedrückt.

So werden eine kontinuierliche Freisetzung des Arzneistoffs und ein gleichmäßiger Plasmaspiegel über 24 Stunden erreicht, betonte Dr. Gerd Reinecke, Marketingleiter Urologie bei der Pharmafirma. Die einmal tägliche Einnahme ist unabhängig von den Mahlzeiten, vom pH-Wert im Magen-Darm-Trakt und einer Antazida-Einnahme. Dies verbessere die Compliance in der Langzeittherapie, hofft der Urologe.

Vergleichbar gut wirksam

Studien haben gezeigt, dass das neue System bei gleicher Tagesdosis gleich wirksam ist wie schnell freisetzendes Oxybutynin. Die Rate an Mundtrockenheit hängt von der Dosis ab und kann unter dem OROS-System geringer sein, wie eine Kurzzeitstudie mit 105 Teilnehmern zeigte. Etwa 40 Prozent wurden kontinent. Diese Erfolgsrate muss vor dem Hintergrund einer starken Placebowirkung bei Harninkontinenz gesehen werden. Nach Jünemanns Erfahrung liegt der Placeboeffekt bei 30 bis 50 Prozent im ersten Vierteljahr, langfristig bei 20 bis 25 Prozent.

In einer weiteren Studie erhielten 790 Frauen 12 Wochen lang retardiertes Tolterodin (4 mg/d) oder Oxybutynin (10 mg/d). Beide Medikamente wirkten gleich gut, jedoch sank die Miktionsfrequenz unter Oxybutynin signifikant stärker und die Zahl der Frauen, die keine Inkontinenz mehr erlebten, war höher (23 versus 17 Prozent). Allerdings klagten mehr Frauen über Mundtrockenheit (30 versus 22 Prozent), die meist mild ausgeprägt war. Ob diese Unterschiede in der Praxis tatsächlich relevante Vorteile bedeuten, wird erst die Erfahrung zeigen. Top

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