Phagro schlägt bei Lauterbach Alarm |
Alexander Müller |
29.08.2023 16:25 Uhr |
Phagro-Chef Marcus Freitag hat zum Thema »Dringlichkeits-Arzneimitte« einen Brandbrief an das BMG geschrieben. / Foto: Phoenix
Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) hatte dem Phagro eine Liste mit rund 20 Wirkstoffen in verschiedenen Darreichungsformen geschickt, verbunden mit der Aufforderung, diese Beschaffung und Lagerhaltung zu intensivieren. Denn im Bundesgesundheitsministerium (BMG) wächst die Sorge, dass es im nächsten Herbst und Winter gerade bei Antibiotika für Kinder wieder zu massiven Engpässen kommt.
Doch nach einer ersten Prüfung schlägt der Phagro Alarm: »Die Vorräte reichen keine zwei Wochen«, heißt es in einer Meldung des Verbands. Bei 85 Prozent der für die kommende Herbst-/Wintersaison dringend benötigten Arzneimittel reichten die derzeit verfügbaren Bestände nicht einmal für zwei Wochen.
Der Phagro hat daher bereits an Lauterbach geschrieben, dass es »objektiv unmöglich« sei, diese Arzneimittel bei den Herstellern zu beschaffen, »geschweige denn Lagerbestände aufzubauen«.
Seine Angaben bezieht der Phagro auf eine kürzlich vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) veröffentlichte, rund 400 Arzneimittel umfassende Dringlichkeitsliste für die kommenden Monate. Darunter seien zahlreiche Antibiotika und Arzneimittel für Kinder, die zum Teil seit länger als einem Jahr knapp oder nicht verfügbar seien, so der Phagro. Schon die aktuelle Versorgungssituation vor Beginn der Herbst /Winter-saison »äußerst prekär«.
Laut Phagro konnte mehr als ein Viertel der Dringlichkeits-Arzneimittel in den vergangenen Monaten von den Großhändlern gar nicht beschafft werden. Ein Achtel der gelisteten Präparate seien von den Herstellern sogar außer Vertrieb gesetzt worden oder würden nicht mehr in den Verkehr gebracht. Und bei mehr als der Hälfte der »Dringlichkeits-Arzneimittel« lieferten die Hersteller nur 20 Prozent der vom Großhandel angeforderten Ware.
Den Import von in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln aus anderen EU-Mitgliedsländern und Drittstaaten hält der Phagro nur begrenzt für eine Alternative. Dies könne nur in Einzelfällen zu einer Verbesserung der Versorgungssituation führen.
Lediglich bei 10 Prozent der genannten Arzneimittel sieht der Phagro noch »Rest-Chancen«, die aktuelle Lage verbessern zu können. »Alle weiteren Möglichkeiten unsererseits sind vollständig ausgeschöpft«, schreiben Phagro-Chef Marcus Freitag und sein Vize Lothar Jenne an Lauterbach.
Die Phagro-Spitze fordert den Minister auf, »die Ursachen der Liefer- und Versorgungsengpässe zu bekämpfen, indem Sie die pharmazeutische Industrie durch eine Förderung der Herstellung und Entwicklung von Arzneimitteln unterstützen und die für ein bedarfsgerechtes Inverkehrbringen von Arzneimitteln notwendigen Aufwendungen aller an der Arzneimittelversorgung Beteiligten, das heißt von Industrie, Großhandel und Apotheken adäquat gegenfinanzieren«.