Pflegeversicherung offenbar fast zahlungsunfähig |
Lukas Brockfeld |
07.10.2024 12:20 Uhr |
Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt. Das setzt die Finanzen der Pflegeversicherungen unter Druck. / © IMAGO/YAY Images
Laut einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) droht der Gesetzlichen Pflegeversicherung schon im Februar 2025 die Zahlungsunfähigkeit. Sollte die Bundesregierung bis dahin nicht gegensteuern, bekämen beispielsweise Pflegeheime oder Pflegebedürftige kein Geld mehr. Das Redaktionsnetzwerk beruft sich auf Informationen aus Regierungskreisen.
Laut der RND-Recherche sind die Reserven der Pflegeversicherung aufgebraucht. Die Regierung gehe davon aus, dass eine Erhöhung von 0,25 bis 0,3 Punkten notwendig sei, um die Zahlungsunfähigkeit noch abzuwenden. Diese unerwartet hohe Anhebung sei auch deshalb notwendig, weil die Verantwortlichen mit einer längeren Phase der Regierungsbildung ab Herbst 2025 rechnen. Eine Erhöhung müsse daher so gestaltet werden, dass das zusätzliche Geld bis zum Frühjahr 2026 ausreicht.
Zur Zeit liegt der Beitragssatz für die Pflegeversicherung bei 3,4 Prozent, Menschen ohne Kinder zahlen 4 Prozent. Außerdem gibt es Abschläge für Familien mit mehreren Kindern unter 25 Jahren. Für die Versicherten dürfte es im kommenden Jahr teurer werden, da auch bei der Gesetzlichen Krankenversicherung eine Beitragssteigerung um 0,7 Prozentpunkte erwartet wird. Das RND rechnet vor, dass das für einen Beschäftigten mit einem Bruttoeinkommen von 3500 Euro eine Mehrbelastung von 17,50 Euro im Monat oder 210 Euro im Jahr bedeutet. Dies sei der stärkste Anstieg der Sozialbeiträge seit über 20 Jahren.
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) teilte am Montagvormittag mit, dass man die Recherche des RND »so nicht bestätigen« könne. Es sei allerdings richtig, dass die Pflegeversicherung finanzielle Schwierigkeiten habe. Das habe drei Gründe: »Mit der jüngsten Pflegereform haben wir die Pflegebedürftigen in Heimen erheblich entlastet, Pflegekräfte bekommen höhere Löhne, und es gibt mehr Pflegebedürftige als angenommen. Deswegen wird der Minister wie angekündigt in Kürze ein Finanzkonzept vorlegen, um sowohl kurz- wie langfristig die Pflegeversicherung wieder auf stabilere Füße zu stellen«, heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums.
Am Nachmittag trat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor die Presse und kündigte eine »große Reform« an, die in wenigen Wochen vorgestellt werden solle. Es gehe dabei um die Finanzierung, etwa um die Beiträge und die Eigenbeteiligung in der stationären Pflege. Details zu möglichen Beitragssatzsteigerungen nannte er trotz wiederholter Nachfragen nicht.