Pharmazeutische Zeitung online
Telepharmazie

Persönliche Beratung per Video und Chat

Telemedizin ist durch die Pandemie, neue technische Möglichkeiten und nicht zuletzt die Bedürfnisse der Patienten ein stark wachsender Markt. Die Telepharmazie hinkt da noch etwas hinterher. Welche Chancen bietet sie und wie können Apotheken es angehen?
Daniela Hüttemann
11.08.2024  08:00 Uhr

»Wir sind modern und digital, dazu gehört auch die Telepharmazie. Das ist gewissermaßen meine Filiale mit pharmazeutischer Beratung im Internet«, sagt Margit Schlenk, Inhaberin der Moritz-Apotheke in Nürnberg, im Gespräch mit der PZ (Interview am Ende des Artikels). Die Bedürfnisse und Gewohnheiten der Kunden änderten sich und die Apotheke vor Ort müsse sich mit- und weiterentwickeln. Dann bleibe sie zukunfts- und konkurrenzfähig gegenüber der Online-Welt.

Was ist Telepharmazie überhaupt?

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) versteht in seinem Gesetzentwurf zur Apothekenreform darunter, dass ein Apotheker per Video in eine Filiale zugeschaltet wird, wenn die »erfahrene« PTA approbierte Unterstützung braucht. Das sieht die Apothekerschaft dagegen anders, wie im Juni bei einem Symposium der Bundesapothekerkammer deutlich wurde. Kurz zuvor hatten die Bayerische Landesapothekerkammer (BLAK) und die Apothekerkammer Nordrhein jeweils ein Positionspapier »Telepharmazie« veröffentlicht.

Nach BLAK-Definition ist Telepharmazie »jede patientenindividuelle, pharmazeutische Leistung von Vor-Ort- und Krankenhaus-Apotheken, die auf räumliche Distanz erbracht wird. Sie umfasst jede Form der Information und Beratung, Versorgung und die Bereitstellung pharmazeutischer Informationen und Dienstleistungen, die den physischen Kontakt zwischen Patient und pharmazeutischem Fachpersonal nicht zwingend erfordern, sowie interprofessionelle Konsile.« Die Definition der Apothekerkammer Nordrhein fällt sinngemäß gleich aus.

Auch ein Telefongespräch kann demnach schon Telepharmazie sein; die meisten dürften jedoch ein Videotelefonat darunter verstehen. Dabei können digitale Anwendungen und Daten verwendet werden, zum Beispiel Daten aus der elektronischen Patientenakte oder von Wearables wie Smartwatches. Möglich sind laut Positionspapieren auch asynchrone, also zeitlich versetzte, digitale Kommunikationsformen, die jedoch nicht genauer definiert werden. Darunter könnte schon das Beantworten einer SMS oder E-Mail fallen sowie Chats.

Telepharmazie ermögliche eine fundierte umfassende Beratung – und sei nicht die Zuschaltung eines Apothekers in irgendeine Abgabestelle, betont Apothekerin Schlenk. Ihr ist wichtig, dass die Apothekerschaft die Deutungshoheit über den Begriff behält. »Wir sollten hier handeln und uns nicht behandeln lassen.«

Sie selbst ist Verfasserin des Wikipedia-Artikels zur Telepharmazie und Mitgründerin des Telepharmazie-Anbieters Apomondo. Das Unternehmen startete im April 2020, also mitten im ersten Lockdown der Coronapandemie. Mittlerweile hält die Gedisa 51 Prozent der Anteile.

Andere Anbieter für Videoberatungsmodule sind beispielsweise die Compu Group mit »Clickdoc«, das Portal apotheken.de, Doctolib oder Red, die teilweise aus dem telemedizinischen Bereich stammen. Von einer Nutzung allgemeiner Telekommunikationsanbieter wie WhatsApp, Zoom oder Skype ist dagegen aufgrund des Datenschutzes abzuraten.

Anwendungsfälle für die Telepharmazie

Manchmal berät Schlenk drei bis fünf Patienten pro Woche telepharmazeutisch, Einzelne auch immer wieder. Das Themenspektrum sei vielfältig, berichtet Schlenk und bringt es auf den Punkt: »Immer dort, wo der virtuelle Hausbesuch einen massiven Nutzen bringt.«

Das könne zum Beispiel die Mutter eines Kindes mit entzündetem Mückenstich sein, die den Arm des Kindes in die Kamera hält. »Wenn wir dann sehen, dass kein Arztbesuch nötig ist, können wir mit dem Boten ein Antihistaminikum-Gel schicken.«

Auch wenn ein immobiler Patient, für den ein Angehöriger die Medikamente holt, Beratungsbedarf habe, sei gerade bei intimen Themen ein direktes Gespräch nötig – Telepharmazie macht es möglich. »So bekommt der Mensch die Beratung direkt von seinem Heilberufler und nicht durch einen Mittler oder gar von irgendeinem Callcenter.«

Männer als Zielgruppe

Gerade Männer sieht Schlenk als Zielgruppe. »Männer gehen seltener in die Apotheke; da holt die Frau das Medikament und sagt zu ihrem Mann, du musst das und jenes tun – ob er das dann tut, ist die Frage.«

Dabei profitierten gerade Männer, die allgemein als weniger gesundheitsbewusst gelten, von einer Beratung, die das große Ganze in den Blick nimmt. Berichte zum Beispiel ein Patient von Potenzproblemen, hänge dies oft mit kardiovaskulären Erkrankungen zusammen. »In dem geschützten virtuellen Raum kann ich ihm eine strukturierte, leitliniengerechte Beratung anbieten. Ich frage zum Beispiel seine Diagnosen ab, prüfe die Medikation auf Wechselwirkungen und kann die Anwendung direkt mit ihm besprechen. Gegebenenfalls empfehle ich noch eine sinnvolle Nahrungsergänzung und weise ihn auf eine Vorsorgeuntersuchung oder weiterführende Hilfen hin.«

Telepharmazie sei übrigens keine Frage des Alters. Zwar ist das Interesse bei Jüngeren (noch) größer, doch auch ältere Menschen werden zunehmend Internet- und Smartphone-affiner.

Medikationsanalyse: Abschluss per Telepharmazie

Auch das Abschlussgespräch der pharmazeutischen Dienstleistung (pDL) »Erweiterte Medikationsberatung« führt Schlenk häufig telepharmazeutisch – nachdem der Patient mit seinen Arzneimittelpackungen in der Apotheke war, um das Anamnesegespräch zu führen. Das Dokument für die abschließende Unterschrift stellt sie dem Patienten digital bereit, der es derzeit noch ausdrucken, unterschreiben und dann einscannen oder abfotografieren muss.

Wichtig bei der Videoberatung sei vor allem eine klare und strukturierte Kommunikation mit der richtigen Fragetechnik und motivierender Sprache. »Der Vorteil gegenüber dem HV ist, dass ich mit dem Patienten in Ruhe sprechen und mich ganz auf ihn einlassen kann. Es bildet sich keine Schlange dahinter, und es stört auch niemand mit Zwischenfragen. Das macht es so wertvoll für beide Seiten«, erklärt Schlenk. Sind nicht rezeptpflichtige Arzneimittel oder andere Artikel gewünscht, kann der Botendienst diese schneller liefern als jeder Internetversender.

Keine Scheu, Geld zu verlangen

Zudem bietet Schlenk ihren Patienten unter anderem Reise-, Ernährungs-, Darm- und Hautberatung sowie ganze Raucher-Entwöhnungskurse im 1:1-Format an. »Diese ausführliche Beratung ist kostenpflichtig und stellt eine apothekenübliche Dienstleistung dar.« Die Patienten seien durchaus bereit, dafür selbst zu zahlen. Sie schätzten die individuelle Betreuung.

Schlenk veranschlagt einen bis zwei Euro pro Minute und kommuniziert dies auch vorher. »Ich bekomme weder beim Friseur einen kostenlosen Haarschnitt noch eine zusätzliche Leistung beim Arzt umsonst – warum sollte das für unsere Beratung anders sein?« Im Anschluss an die erbrachte Leistung erhält der Patient eine Rechnung.

Die Kollegin bewirbt ihr telepharmazeutisches Angebot auf der Apotheken-Website und auf Social-Media-Kanälen, über Flyer und Aufkleber mit QR-Code auf der Kundenzeitschrift. »Mittlerweile frage ich bei jeder Reiseberatung, ob der Kunde mich nicht in den Urlaub mitnehmen will – da lachen sie erst einmal und ich habe einen Türöffner.« Sie biete ihren Kunden an, sich bei gesundheitlichen Problemen im Urlaub per Videosprechstunde an sie zu wenden. »Dann gebe ich Tipps, was sie sich in der Apotheke im Urlaubsort besorgen können. Da verdiene ich natürlich nicht unmittelbar mit, aber der Kunde kommt mit Sicherheit das nächste Mal, wenn er zu Hause etwas hat, wieder zu mir.«

Schlenk ist überzeugt: »Wir müssen die Apotheke vor Ort auch in den digitalen Raum bringen. Dafür brauchen wir mehr Kolleginnen und Kollegen, die Telepharmazie anbieten.« Die Apotheken sollten nicht warten, bis die Patienten von selbst mit entsprechenden Nachfragen kommen, sondern das Feld aktiv für sich besetzen, um die weitere Abwanderung zum Versandhandel zu verhindern. »Letztlich ist es wie die Eröffnung einer zusätzlichen Filiale im Internet, und das ohne Investitionskosten.«

Brauchen wir denn überhaupt Telepharmazie oder übernehmen demnächst Chatbots mit künstlicher Intelligenz die Beratung im digitalen Raum? »Die KI kann uns unterstützen, zum Beispiel in der Planung, bei QM-Prozessen oder beim Interaktionscheck, aber letztlich entscheiden wir mit unserem Fachwissen und unserer Empathie und Kenntnis des Menschen gegenüber, was für diesen relevant ist und was nicht – auch im virtuellen Raum«, ist sich Schlenk sicher.

Ein Muss für den Berufsstand

»Die Leute wollen zwar immer weniger weg von ihrem Sofa; trotzdem schätzen sie das niedrigschwellige Angebot ihrer Apotheke vor Ort und wollen dies auch im Internet finden«, meint auch Sören Friedrich, IT-Experte und Geschäftsführer der Gedisa. Über einen Videochat könne eine ähnliche Wärme wie bei einem persönlichen Gespräch entstehen. Durch Blickkontakt könne man sofort erfassen, wie es dem Patienten geht und ob er das Gesagte auch verstanden hat.

»Telepharmazeutische Dienstleistungen sind ein Muss für den Berufsstand, gerade im Hinblick auf die Arzneimitteltherapiesicherheit«, betont Friedrich gegenüber der PZ. Die Apotheken sollten anfangen, ihre Prozesse und Abläufe anzupassen. »Man wird um einen eigenen telepharmazeutischen Arbeitsplatz im Backoffice nicht mehr herumkommen.«

Die Gedisa als Mehrheitsgesellschafter von Apomondo will die telepharmazeutischen Dienste weiter ausbauen. In der »ApoGuide«-App ist bereits ein geschützter Chat zwischen Patient und Apotheke möglich. Das nutzen derzeit rund 8000 Apotheken.

Chat und Videoberatung demnächst in der Gedisa-App

Das Gemeinschaftsprojekt der Landesapothekerverbände arbeitet auch mit der von Medizinern gegründeten Berliner Firma Famedly zusammen, die den bislang ersten zertifizierten Telematikinfrastruktur-Messenger (TIM) anbietet. Damit sind bereits Konsile zwischen Apotheke und Arztpraxis, Rücksprachen zwischen Apotheke und Pflegeheim, aber auch die apothekeninterne Kommunikation beziehungsweise die im Filialverbund möglich.

Eine geschützte Kommunikation innerhalb der TI mit Patienten soll nächstes Jahr hinzukommen, zunächst als Messenger und dann auch mit Videosprechstunden. »Der Messenger funktioniert nach der Initialisierung ähnlich wie WhatsApp, nur hoch sicher«, erklärt Friedrich.

Bei der Übermittlung personenbezogener Gesundheitsinformationen sollte man immer nur über eine End-zu-End-Verschlüsselung kommunizieren, wie unter anderem im TI-Messenger (TIM), einem Chat, der in seinen Grundzügen technologisch auf dem Matrix-Protokoll basiert. Letzteres ist ein offener Standard zur Echtzeitkommunikation über Chat, Telefonie oder Videotelefonie.

»Ich wünsche mir dafür einen strengeren Zulassungsprozess, gerade mit Blick auf datenschutzrechtliche Erfordernisse, für alle Anbieter im Gesundheitsmarkt«, so der IT-Experte – insbesondere, wenn für die Beratung in der Apotheke zusätzliche Daten aus der elektronischen Patientenakte oder E-Rezepte von den TI-Servern abgerufen werden. Auch im Homeoffice sei dies sicher möglich, solange eine entsprechende Verschlüsselung genutzt wird.

Für den angedachten TIM-Dienst für Patienten sieht der Gesetzgeber abschließend noch eine Matrix-ID vor, die von den Krankenkassen herausgegeben wird. »Dies birgt zusätzliche Hürden für Zulassungsprozesse, um Digitalisierung auch für Patientinnen und Patienten erlebbar zu machen«, so Friedrich.

Die Nachfrage nach Chats und Videoberatungen wird seiner Einschätzung nach deutlich steigen. Das könne der Versandhandel mit Callcentern gar nicht leisten. »Für Millionen Patienten kann das nur die Gemeinschaft der Apotheken vor Ort«, so Friedrich.

Dass das gemeinsam funktionieren kann, zeigt zum Beispiel die 24/7-Beratung beim Online-Portal »Frag die Apotheke«, wo ein Zusammenschluss unabhängiger Apothekerinnen und Apotheker rund um die Uhr Patientenfragen ohne Termin per Chat beantwortet – ohne zwingend Produkte zu verkaufen oder Arzneimittel zu versenden. Dafür sollen die Patienten sich an die Apotheke ihrer Wahl wenden.

Ortstermin: Apotheker und PTA im Telefondienst

Für jede Apotheke gewohnter Alltag ist die direkte Beantwortung von Fragen am Telefon. Ortsbesuch in der Vita Apotheke in Hamburg-Eimsbüttel: Hier ist das Telefon täglich zwischen 10 und 20 Uhr von einem Apotheker, einer Apothekerin oder PTA besetzt, der oder die nur dafür zuständig ist. »Hier laufen erst einmal alle Anrufe ein«, erklärt Inhaberin Melanie Tilgner. Falls die Leitung belegt ist, wird zunächst auf die PKA-Arbeitsplätze weitergeleitet. Alternativ springt seit etwa einem Dreivierteljahr ein intelligenter Anrufbeantworter an.

Der KI-basierte Telefonassistent, der ursprünglich von Ärzten und MFA für Arztpraxen entwickelt wurde, geht sofort ran, fragt nach dem Anliegen des Anrufers, kategorisiert es und transkribiert die hinterlassene Nachricht, die anschließend auf dem Monitor des pharmazeutischen Telefon-Arbeitsplatzes läuft. Dort wird die Anfrage schnellstmöglich bearbeitet, gegebenenfalls mit umgehendem Rückruf. »Wir sehen hier einen hohen Bedarf, der seit der Coronapandemie gestiegen ist und anhält«, so Tilgner. Das Feedback der meisten Patienten auf die telefonische Beratung und auch die zwischengeschaltete KI sei sehr gut. Neben Bestellungen und den üblichen Fragen zu Verfügbarkeiten nutzten Patienten den Telefonservice auch gern für Nachfragen zu ihren Medikamenten oder bei akuten Beschwerden.

In der Vita Apotheke wechseln sich fünf Apothekerinnen und PTA täglich am Telefon-Desk ab, der ins Backoffice integriert ist. PTA Paula Asmus steht hier einmal pro Woche und mag die Abwechslung zur Offizin, da sie hier mehr Zeit für die Recherche hat und in ruhigerem Rahmen auf die Fragen des Patienten eingehen kann. Neue Mitarbeiter würden oft mit dem Telefondienst anfangen, um die Abläufe der Apotheke kennenzulernen, erklärt sie.

Dabei erfordert auch diese Position laut Tilgner ein gewisses Multitasking und eine gute Selbstorganisation, da auch die Bestellungen über andere Kanäle hier eingehen und für den Botendienst vorbereitet werden.

Niedrigschwellige Teleberatung

»Wir haben bereits einige Abschlussgespräche nach Medikationsanalysen auf Wunsch der Patienten telefonisch gemacht – diese waren damit sehr zufrieden«, so Tilgner. Bislang bevorzugten die Patienten den spontanen niederschwelligen Kontakt ohne Termin. Eine Nachfrage nach Videoberatung habe sie bislang nicht festgestellt, kann sich ein entsprechendes Angebot der Vor-Ort-Apotheken jedoch sehr gut vorstellen.

»Unser Credo ist: Wir sind in jeder Lebenslage für unsere Patienten da, auch wenn sie krank auf der Couch liegen, ob per Telefon, Mail oder App. Wenn wir all das anbieten und er sich bei uns gut aufgehoben fühlt, warum sollte er dann ins Internet abwandern?« Die Apotheke biete aktiv ihren Botendienst an, aber die meisten Bestellungen würden doch per Click’n’Collect selbst abgeholt, so die Chefin. Eben weil für die Patienten nicht nur Bequemlichkeit zähle, sondern auch immer noch der persönliche Kontakt.

Gerade für eine Ausweitung der pharmazeutischen Dienstleistungen, wie das Gesunde-Herz-Gesetz sie vorsieht, kann sich Tilgner mehr Telepharmazie vorstellen. Zum Beispiel könnten nach dem Erstgespräch und der Präparate-Auswahl für den Nikotinersatz in der Apotheke engmaschig kurze telepharmazeutische Termine folgen. »So können wir die Adhärenz der Patienten stärken. Das funktioniert am besten, wenn man den Patienten kennt und er uns vertraut.«

Wenn der Arzt per Video in die Apotheke kommt

Zudem sieht Tilgner die assistierte Telemedizin in der Apotheke vor Ort als möglichen Baustein einer besseren Notfallversorgung. Dabei übernimmt der Apotheker beispielsweise eine Ersteinschätzung und ruft gegebenenfalls per Video den Arzt hinzu, der eine Diagnose und ein E-Rezept stellen kann. Gesetzlich ist dies durch das Digitalgesetz, das im März 2024 in Kraft getreten ist, bereits möglich. Die genaue Ausgestaltung und Honorierung müssen noch mit den Krankenkassen verhandelt werden.

»Kommt beispielsweise am späten Abend eine Patientin mit Blasenentzündung in die Apotheke und ich habe den Eindruck, sie braucht ein Antibiotikum, muss ich sie derzeit zum ärztlichen Notdienst oder gar in die Notaufnahme schicken, wo sie womöglich die halbe Nacht unter Schmerzen warten muss, um dann mit dem Rezept wieder zu mir zu kommen«, gibt Tilgner ein Beispiel. »Da wäre es doch eine deutliche Entlastung, wenn ich sie in der Apotheke telemedizinisch mit einem Arzt verbinden, bei Bedarf einen Urintest anbieten und dem Arzt zur Auswertung vorlegen könnte. Dieser kann dann direkt über die TI ein E-Rezept für die Patientin bereitstellen, das sie bei mir einlösen kann.«

Stichwort Tele-Notdienst mit den Ärzten: Tilgner denkt dabei nicht an ferne Online-Telekliniken, sondern an eine gemeinsame Sache mit den Kassenärztlichen Vereinigungen, von denen manche bereits einen telemedizinischen Notdienst anbieten. »Ich fände es gut, wenn wir gemeinsam als ambulante Versorger die bestmögliche Lösung für die Patienten finden und so die Notfallversorgung verbessern. »Wenn wir so die Krankenhäuser entlasten können, muss es sich für uns aber auch wirtschaftlich lohnen.«

Auf Initiative von Tilgner hat die Hamburger Apothekerkammer einen Antrag zur »Verbesserung der Versorgung von Patienten in Not- und Akutsituationen durch das Angebot assistierter Telemedizin in Apotheken« zum Deutschen Apothekertag eingereicht. Demnach sollen verschiedene Szenarien der assistierten Telemedizin aktiv in die Verhandlungen zur Ausgestaltung und Honorierung zwischen dem Deutschen Apothekerverband und dem GKV-Spitzenverband eingebracht werden. »Wir sind der Überzeugung, dass die assistierte Telemedizin neben der Notfallversorgung, aber auch als Teil der Akut- und Chroniker-Versorgung zu den normalen Öffnungszeiten eingesetzt werden kann, um zu einer Entlastung der Arztpraxen und einer schnellen und unkomplizierten Versorgung von Patient:innen beizutragen«, heißt es in dem Antrag.

Fazit

Ob Telepharmazie per Video oder Telefon, ob assistierte Telemedizin oder ein Konsil mit dem Arzt: Die Möglichkeiten sind bereits gesetzlich wie auch technisch und datenschutzrechtlich vorhanden. Die Apotheken werden angesichts einer immer Internet-affineren Gesellschaft nicht daran vorbeikommen.

Ähnlich wie bei den pharmazeutischen Dienstleistungen gilt es, einen individuellen Workflow, der zur eigenen Apotheke und dem Team passt, zu entwickeln und die Wirtschaftlichkeit zu kalkulieren. Im Sinne der Patienten müssen die Apothekerverbände entsprechende Verträge für honorierte Videoberatungen aushandeln.

Interview: Schritt für Schritt zur Videosprechstunde

Apothekerin Margit Schlenk erklärt, was man benötigt, um Telepharmazie anzubieten und wie man sie am besten in der eigenen Apotheke umsetzt.

PZ: Was brauche ich, um mit der Telepharmazie zu starten?

Schlenk: Technisch brauchen Sie nur einen Computer, Laptop oder Tablet mit Kamera, am besten ein Headset und einen ruhigen, abgeschirmten und gut ausgeleuchteten Arbeitsplatz. Das Team sollte gebrieft sein, und Sie können zunächst miteinander üben. Wie wirke ich am Bildschirm? Wie kommuniziere ich? Hauptsache ist, dann loszulegen und den digitalen Platz aus der Apotheke vor Ort heraus zu besetzen.

PZ: Ist eine spezielle Software erforderlich?

Schlenk: Über ›Mein Apothekenportal‹ der Gedisa können Sie die telepharmazeutischen Dienste freischalten und dort Zeitslots hinterlegen, die die Patienten buchen können. Das ist im Gedisa-Beitrag enthalten und jede Apotheke kann es sofort nutzen. Der Patient braucht keine spezielle App, sondern erhält einen Zugangscode für den Online-Termin.

PZ: Wie integriere ich Videosprechstunden in den Apothekenalltag?

Schlenk: Sie sollten vorher überlegen, ob es zu bestimmten Zeiten ruhiger ist und wann wie viel Personal verfügbar ist. Das kann frühmorgens, in der Mittagszeit oder auch abends und am Wochenende sein. Vielleicht haben Sie Approbierte, die gern zusätzliche Stunden im Homeoffice machen möchten. Schließlich müssen Sie Ihre telepharmazeutische Präsenz noch bewerben, durch persönliche Kundenansprache, Flyer in der Kundenzeitschrift, Social Media und natürlich auf der eigenen Website.

PZ: Warum sollten die Patienten das Angebot bei ihrer Apotheke vor Ort nutzen und nicht bei einem Versandhändler mit ständig besetztem Callcenter?

Schlenk: Wegen des persönlichen Kontakts! Wir kennen die Patienten in der Regel bereits und sie kennen uns. Wir sind eben kein anonymes Callcenter, sondern akademische Heilberufler, denen vertraut wird. Und wird ein Arznei- oder Hilfsmittel benötigt, bringt der Botendienst es noch am selben Tag vorbei. Das schafft kein Versandhändler. Wir müssen zeigen: Alles, was im Internet funktioniert, funktioniert auch bei uns – nur besser.

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