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Alzheimer-Antikörper

Per Shuttle ins Gehirn

Alzheimer-Antikörper wie das kürzlich in den Handel gekommene Lecanemab penetrieren sehr schlecht ins Gehirn und haben zudem teils schwerwiegende Nebenwirkungen. Forschende haben ein spezielles Transportvehikel entwickelt, mit dem sich im Tierversuch beide Mankos beheben ließen.
Manfred Schubert-Zsilavecz
Theo Dingermann
15.09.2025  10:00 Uhr

Für therapeutische Antikörper ist die Blut-Hirn-Schranke eine nahezu unüberwindbare Barriere. Sie werden deshalb hoch dosiert eingesetzt, erreichen aber dennoch nur geringe Gewebekonzentrationen im Gehirn. Zudem werden Alzheimer-Antikörper wie Donanemab und Lecanemab, die sich gegen β-Amyloid-(Aβ-)Plaques im Gehirn richten und diese auflösen, mit Amyloid-bezogenen Bildgebungsanomalien (ARIA) in Verbindung gebracht. Dabei handelt es sich unter anderem um Schwellungen und potenzielle Blutungen im Gehirn, die durch vaskuläre Entzündungen verursacht werden und tödlich sein können.

Eine im Fachjournal »Science« veröffentlichte Studie beschreibt nun eine breit einsetzbare Plattform-Technologie, die die unzureichende Penetration durch die Blut-Hirn-Schranke deutlich verbessert und zugleich das Risiko für ARIA reduziert. Eine Schlüsselrolle spielen dabei auf Hirnendothelzellen exprimierte Transferrin-Rezeptoren (TfR).

Diese nutzten die Forschenden um Dr. Michelle E. Pizzo vom Biotech-Unternehmen Denali Therapeutics gewissermaßen als Trojanisches Pferd, um Antikörper durch über Blut-Hirn-Schranke zu schleusen. Als Transportvehikel verwendeten sie humanes Immunglobulin G1 (IgG1), dessen Fc-Domäne so modifiziert wurde, dass sie an TfR bindet. Anschließend fusionierten sie die TfR-bindende Fc-Domäne mit einem Anti-Aβ-Antikörper und erhielten so das vollständige Antikörper-Transportvehikel-Konstrukt (ATV).

Periphere Effekte vermeiden

Eine weitere Herausforderung bestand darin, periphere Off-Target-Effekte zu vermeiden, denn auch peripher zirkulierende Retikulozyten exprimieren den TfR. Dafür modifizierten die Forschenden gezielt die Effektor-Funktion des Transportvehikels. Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die sogenannten LALA-Mutationen. Darunter versteht man zwei Punktmutationen (L234A und L235A) in der Fc-Region von IgG1-Immunoglobulinen, wodurch die Bindung von IgG1 an die Fc-γ-Rezeptoren (FcγR) reduziert wird. In der Folge ist die Effektor-Funktion der Immunoglobuline beispielsweise in Form einer Antikörper-vermittelten zellulären zytotoxischen Aktivität oder einer Komplement-vermittelten Zytotoxizität verringert. Sind also diese Effektor-Funktionen nicht erwünscht, werden IgG1-Antikörper mit LALA-Mutationen verwendet.

Die Forschenden konnten im Tierversuch zeigen, dass mit einer asymmetrischen LALA-Mutation, die nur auf derjenigen Fc-Seite (cis) eingeführt wurde, die auch für die TfR-Bindung verantwortlich ist, die hämatologischen Risiken ausgeschaltet werden können. Des Weiteren konnten sie in In-vitro-Versuchen mit Amyloid-inkubierten Maushirnzellen sowie mit transgenen Alzheimer-Demenz-Mäusen zeigen, dass die ATV in der Lage sind, Mikroglia zu rekrutieren und eine Amyloid-Clearance herbeizuführen.

Bessere Penetration, weniger Nebenwirkungen

Mittels Bildgebung an Mausgehirnen konnte einen Tag nach der Verabreichung außerdem eine breite Verteilung der ATV im gesamten Hirnparenchym nachgewiesen werden, was deren transzytotische Aufnahme durch TfR-exprimierende Endothelzellen in die Hirnkapillaren belegt. Im Vergleich dazu führte eine Applikation von nicht modifizierten Anti-Aβ-Antikörpern zu einer signifikant geringeren Konzentration im Gehirn, wobei sich die Antikörper hauptsächlich im Plexus choroideus, in perivaskulären Regionen und im Hirngewebe um Arterien und Arteriolen wiederfanden. Das unterschiedliche Verteilungsmuster ist womöglich eine Erklärung dafür, dass die Behandlung mit ATV im Vergleich zu nicht modifizierten Anti-Aβ-Antikörpern mit einem erheblich verringerten Risiko von ARIA-ähnlichen Läsionen sowie einer Verringerung von Gefäßentzündungen und -störungen verbunden war.

Klinisch betrachtet hat die neue Plattform das Potenzial für eine verbesserte Anwendung von therapeutischen Antikörpern und anderen Wirkstoffen (zum Beispiel Enzymen) im Gehirn. Bis zu einer möglichen Zulassung sind jedoch noch zahlreiche Tests zu bestehen.

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