Overwienings Agenda als ABDA-Präsidentin |
Daniela Hüttemann |
11.11.2020 13:16 Uhr |
Wie beim Westfälisch-Lippischen Apothekertag, hier zuletzt im März 2019, hätte die Kammerversammlung heute in der Halle Münsterland stattfinden sollen. Stattdessen diskutierten die Delegierten digital miteinander. Dabei stellte die AKWL-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening auch ihre Ziele als mögliche ABDA-Präsidentin vor. / Foto: AKWL
Die ursprünglich für den 11. November als Präsenzveranstaltung geplante Kammerversammlung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) in der Halle Münsterland musste coronabedingt ausfallen. Alternativ fand eine Informations- und Diskussionsveranstaltung statt. Statt des normalerweise üblichen Präsidentenberichts skizzierte Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening ihre Agenda als einzige Kandidatin für das Amt als ABDA-Präsidentin. Die Wahl findet am 9. Dezember statt.
Dabei skizzierte Overwiening ihre »Vision für die Leitplanken der Apotheke der Zukunft«. Als drei zentrale Punkte nannte sie: eine pharmazeutische und ökonomische Perspektive für die Apotheke vor Ort zu entwickeln; deutlich selbstbewusster als bislang mit anderen Heilberuflern auf Augenhöhe zu agieren und die ABDA zur starken, gemeinsamen Stimme der Apotheker auszubauen. »Als 60.000 Einzelkämpfer haben wir kein großes Gewicht. Als Team schon«, betonte die Kandidatin. »Als vergleichsweise kleiner, aber eben unverzichtbarer Berufsstand dürfen wir uns nicht auseinanderdividieren lassen oder gar gegenseitig zerfleischen.« Die ABDA als Dachorganisation aller Apothekerkammern und -verbände müsse die »entschlossene, geschlossene und gemeinsame starke der Stimme der Apotheker« sein.
In diesem Kontext verwies Overwiening auch auf die anstehende Organisations-Untersuchung, bei der die Struktur der ABDA auf den Prüfstand gestellt wird. Die Präsidentschaftskandidatin möchte mehr auf Beteiligung aus den einzelnen Bundesländern setzen und die »vielfältigen Kompetenzen, Ideen und Projekte« auf Bundesebene zusammenführen. Die ABDA sei keine Einbahnstraße, bei der es von oben nach unten gehe. »Wenn wir in den Mitgliedsorganisationen das Gefühl haben, dass unsere Mitarbeit in der ABDA explizit gewünscht wird, dann ist dies das beste Mittel, um aus Mitgliedern Mitwirkende zu machen«, so Overwiening. Einen besonderen Fokus will Overwiening dabei auf die jüngeren Apotheker legen, die noch 30 Berufsjahre und mehr vor sich haben. Sie sollen ein stärkeres Gewicht erhalten. Zudem schwebe ihr ein sogenannter Thinktank inklusive nicht-pharmazeutischen Branchenkennern als beratendes Gremium vor.
Overwiening setzt dabei auf breiten Rückenwind aus ihrer eigenen Kammer. »Es ist ein sicheres Gefühl, Sie alle mit Ihrem Expertenwissen, Ihrer Leidenschaft, Kreativität und Ihrem Selbstverständnis unseres Berufes hinter sich stehen zu wissen.« Sie strebe nicht weniger als einen pharmazeutischen Aufbruch in Zeiten des politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbruchs an.
»Die Apotheke vor Ort ist und bleibt unverzichtbar«, betonte Overwiening. Nicht zuletzt die Corona-Krise habe wie unter einem Brennglas gezeigt, was Apotheker leisten und welche Verantwortung sie übernehmen. Dies sei für alle erlebbar gewesen. Diese Würdigung müsse sich nun aber auch in einer adäquaten Honorierung widerspiegeln. »Wertschätzung bemisst sich nicht zuletzt in einer wertschätzenden Honorierung, die wir weiterhin sehr deutlich einfordern müssen«, so Overwiening.
Die Honorierung der Apothekenleistung gelte es dringend zu dynamisieren. Das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) mit einer grundsätzlichen, wenn auch zu niedrigen Honorierung des Botendienstes, dem Verbot von Rx-Boni zumindest im GKV-Bereich und der erstmals rechtlichen Verankerung für eine Vergütung pharmazeutischer Dienstleitungen sieht sie als »erste gesetzliche Stabilitätsanker für unsere Apotheken«, doch dies reiche nicht aus für die Sicherung der Apotheke als wesentliche Säule der Versorgung, betonte sie.
AKWL-Kammerpräsidentin Overwiening heute in der virtuellen Diskussion mit den Delegierten der Kammerversammlung. / Foto: PZ/AKWL/Screenshot
Mit großer Sorge sieht Overwiening die zunehmende Bagatellisierung des Arzneimittels als ordinäre Ware »wie Bonbons«, vor allem auch in Hinsicht einer Verharmlosung möglicher Risiken, die mit einer Einnahme verbunden sind. »Wir Apotheker wissen um die Janus-Köpfigkeit von Medikamenten und müssen uns dieser Verharmlosung entgegenstellen.« Die besondere Rolle der Apotheken sei mit der besonderen Rolle der Arzneimittel untrennbar verknüpft. Damit stehe und falle die Wahrnehmung der Apotheke in der Bevölkerung mit der der Medikamente.
In der ersten Corona-Welle seien die Apotheken ein Fels in der Brandung gewesen und hätten nun einmal mehr allen Grund, selbstbewusst aufzutreten – auch gegenüber anderen Heilberuflern. Overwiening fordert eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, vor allem mit den Ärzten. »Apotheker haben sich in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder neu erfunden, losgelöst davon, was andere tun oder nicht«, so die Kammerpräsidentin. Dies solle man auch in Zukunft tun, unabhängig davon, ob es anderen Berufen »schmeckt oder nicht«.