Overwiening: »Apothekenfeindliche Pläne demaskieren« |
Alexander Müller |
14.06.2024 11:20 Uhr |
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening empfindet die Apothekenreformpläne des BMG als »absoluten Tabubruch«. / Foto: ABDA/Wagenzik
Am Mittwoch war der Referentenentwurf zum Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) bekannt geworden – offenbar hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) das Papier erneut exklusiv über die FAZ gestreut. Zwar kursierte der Entwurf in der Folge schnell, offiziell »zugestellt« wurde er der ABDA Overwiening zufolge aber bis heute nicht. Eine Stellungnahme an das BMG werde gleichwohl natürlich schon vorbereitet.
»Mit Bestürzung« habe man den Referentenentwurf zur Kenntnis genommen, schreibt die ABDA-Präsidentin an die Apotheken. Denn mit letzter Sicherheit sei jetzt klar, »dass der rote Faden des Entwurfs die unbedingte Liberalisierung der Arzneimittelversorgung ist«. Das bewährte System der Arzneimittelversorgung werde damit »dem Großkapital zur Übernahme ausgeliefert«.
Overwienings Fazit zu Lauterbachs Plänen ist klar: »Der vorliegende Referentenentwurf aus dem BMG wird die heilberuflich geführte vollversorgende Apotheke vor Ort zerstören.« Sie befürchtet Leistungskürzungen und Qualitätseinbußen für die Patientinnen und Patienten – angesichts der geplanten »abgespeckten Medikamenten-Abgabestellen, Zweigapotheken sowie Scheinapotheken«.
Insgesamt seien die Pläne einer »Apotheke ohne Apotheker« ein absoluter Tabubruch. Die politische Botschaft des BMG sei, dass die Apotheken für Arzneimittelversorgung nicht mehr benötigt würden. »Es ist unfassbar, dass ein sozialdemokratisch geführtes BMG die Qualität der Versorgung der Bevölkerung abbauen will und massive Kündigungswellen als Einsparpotentiale anpreist«, so Overwiening.
Die ABDA-Präsidentin kritisiert zudem, dass die chronische Unterfinanzierung des Systems nicht angegangen werde. Die vorgesehene Umverteilung des Honorars werde keiner Apotheke helfen. Und dass ländliche Apotheken profitieren würden, sei »nur eine von vielen Falschaussagen« des BMG.
Selbst die im Gesetz geplante Freigabe der Skonti enttäuscht Overwiening. Sie hätte sich eine schnelle Klarstellung in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) gewünscht. »Dieser Umgang mit der Skonti-Problematik zeugt von einem kolossalen Unverständnis der Dringlichkeit und kann nur als Verzögerungstaktik gewertet werden.«
Eine erste Analyse des Entwurfs innerhalb der ABDA falle eindeutig aus: »Wir lehnen den Entwurf in der vorliegenden Form kategorisch ab. Ein Gesetz, das den Berufsstand des Apothekers und der Apothekerin abschafft und durch neue auf Kommerz ausgerichtete Strukturen ersetzen will, wird von uns in aller Härte bekämpft. Alle Passagen, die zur Zerstörung der heilberuflich geführten Apotheke vor Ort führen, müssen aus dem Entwurf gestrichen werden, bevor wir in einen inhaltlichen Diskurs über die Zukunft der Apotheke einsteigen können«, heißt es in dem Schreiben.
Dass Lauterbach dann am Rande der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) am Mittwoch auch noch zu Protokoll gab, mit seinem Gesetz die inhabergeführte Apotheke zu stärken, findet Overwiening »zynisch und unehrlich«.
Overwiening weiter: »Unser Ziel ist klar: Diese apothekenfeindlichen Pläne müssen demaskiert, müssen entlarvt und die Wahrheiten über die Folgen für die Patientinnen und Patienten offen benannt werden«, so die ABDA-Präsidentin.
Erste Gespräche mit Abgeordneten aus dem Gesundheitsausschuss des Bundestags stimmen die Berufsvertretung immerhin optimistisch. Sowohl aus dem Lager der SPD als auch der FDP sei klar signalisiert worden, dass man apothekerlose Apotheken nicht zulassen werde.
Wie geht es weiter? Der ABDA-Gesamtvorstand trifft sich in den nächsten Tagen zu einer außerordentlichen Sitzung. Neben den Forderungen an die Politik muss auch die Kommunikation an die Öffentlichkeit abgestimmt werden. »Pläne und Ideen dazu liegen vor und müssen zielgerichtet und zum richtigen Zeitpunkt umgesetzt werden«, so Overwienings Zusage.
Bei der Darstellung der Probleme in der Breite sind aus Sicht der Präsidentin aber auch die Kolleginnen und Kollegen vor Ort gefragt: »Nutzen Sie Ihre Kundenkontakte dazu, um darüber aufzuklären, was das Gesetzesvorhaben wirklich beinhaltet und welche Konsequenzen dies für die Versorgung jedes Bürgers und jeder Bürgerin hätte.« In Kürze sollen die Apotheken vor Ort mit Fakten und Materialien für diese Gespräche versorgt werden.