PZ Nachrichten |
08.02.1999 00:00 Uhr |
08.02.Industrie
übt heftige Kritik an Bundesrat
PZ. Auf den Widerspruch der Pharmaindustrie ist die Stellungnahme des
Bundesrates zur Arzneimittelpolitik gestoßen. Wie berichtet, hatte die Länderkammer am
Freitag an die Bundesregierung appelliert, eine Positivliste einzuführen, Parallelimporte
zu fördern und die Zulassung von Generika zu beschleunigen. Der mittelständisch
orientierte Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) in Frankfurt am Main und
der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) in Bonn reagierten auf den
Forderungskatalog der Länder gereizt. Statt sich für mehr Wettbewerb auszusprechen,
setze der Bundesrat auf staatliche Lenkung, stellten die Verbände fest. Das belaste nicht
nur den Pharmastandort Deutschland, sondern auch die bevorstehenden Gespräche über die
Gesundheitsreform 2000. Der BPI-Vorsitzende Professor Dr. Hans Rüdiger Vogel wandte sich
in einem Brief direkt an Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), der im nächsten Halbjahr
Ratspräsident der EU ist. Vogel mahnt "eine umfassende Deregulierung" des
europäischen Pharmamarktes an. Entsprechende Aktivitäten der EU-Kommission solle der
Bundeskanzler unterstützen. Durch eine marktwirtschaftliche Preisbildung könnten
möglicherweise die gleichen Einspareffekte erreicht werden, wie sie derzeit mit direkten
Preiskontrollen, Festbeträgen und ähnlichen schwerwiegenden Eingriffen bei der
Preisbildung zu erreichen versucht würden.
08.02. Licht unterstützt Heilungsprozeß
PZ. Bei Ulcus cruris, diabetischer Gangrän, Dekubitus und Brandwunden
stellt die Lichttherapie eine neue Therapieoption dar. Bei schwer heilenden Wunden ist der
lokale Stoffwechsel stark beeinträchtigt. Werden die Wunden zusätzlich mit pathogenen
Keimen besiedelt, ist die Heilungstendenz weiter behindert. Wissenschaftliche
Untersuchungen haben ergeben, daß Kalt-Licht des Spektralbereichs 400 bis 2000 nm (es
enthält also keinen UV-Strahlenanteil) eine entzündungshemmende und schmerzstillende
Wirkung hat, die Immunabwehr im Wundbereich aktiviert, den Lymphabfluß steigert und die
Durchblutung, die Neubildung von Blutgefäßen sowie die lokale Stoffwechsellage
verbessert. Alle drei Phasen der Wundheilung (körpereigene Reinigungsphase,
Granulationsphase und Epithelisierungsphase) werden durch das Kalt-Licht beeinflußt,
teilt das Unternehmen Bioptron mit, das die entsprechenden Lampen vertreibt.
08.02. Gehe kauft britische
Apothekenkette
dpa. Europas größter Pharmagroßhändler, die Stuttgarter Gehe AG,
ist weiterhin auf Einkaufstour. Mit der Übernahme der 43 Apotheken der britischen Peel
Street Pharmacy Ltd. (Peel's) habe die Gehe-Tochter AAH/Lloyds ihre führende Position in
Großbritannien ausgebaut. Das sagte der neue Vorstandschef von Gehe, Fritz Oesterle, am
späten Freitag abend in Stuttgart. Der Konzern komme nun auf 1.290 Apotheken in
Großbritannien, der große Konkurrent Boots hat laut Gehe 1 230. Peel's setze im Jahr
etwa 36,6 Millionen Pfund (103 Mio. DM, 53 Mio. Euro) um und arbeite rentabel. Gehe kauft
vor allem im Einzelhandel zu, nachdem Akquisitionen im Großhandel in wichtigen Märkten
wie Deutschland oder Großbritannien aus kartellrechtlichen Gründen schwierig geworden
sind. "Das ist eine gottgegebene Schwerpunktverschiebung", sagte der seit 1.
Januar als Nachfolger von Dieter Kämmerer amtierende Oesterle.
05.02. Bundesrat: Generika schneller
zulassen
PZ. Der Bundesrat hat heute in Bonn an die Bundesregierung appelliert,
Veränderungen im GKV-Arzneimittelmarkt auf den Weg zu bringen. Anlaß war eine
Stellungnahme der Länderkammer zu einer Mitteilung der Europäischen Kommission Über den
EU-Binnenmarkt für Arzneimittel. In der Erklärung spricht sich die SPD-Mehrheit im
Bundesrat dafür aus, den Marktzugang für Generika nach Ende des Patentschutzes für das
Originalpräparat durch Beschleunigung des Zulassungsverfahrens zu verbessern. Außerdem
sollte demnach sichergestellt werden, "daß sich baldmöglichst nur noch Arzneimittel
mit nachgewiesener therapeutischer Wirksamkeit" auf dem deutschen Markt befänden.
Eine "ergänzende Maßnahme" zur Dämpfung der GKV-Arznei-Ausgaben verspricht
sich die Länderkammer ferner von der Förderung des Parallelimports. Außerdem plädiert
der Bundesrat für eine Positivliste und bittet die Regierung zu prüfen, ob direkte
Preisverhandlungen zwischen Industrie und Kassen "marktgerechte Arzneimittelpreise
fördern können". Neben der Notwendigkeit, die Arzneimittelausgaben auf einem
"sozialverträglichen Niveau zu halten" unterstreicht die Länderkammer die
Innovationsfähigkeit der Pharmaindustrie. Deshalb müßten gesamtwirtschaftliche
Lösungen gefunden werden, um dadurch neben einer Optimierung der Arzneinitteltherapie
auch eine Sicherung qualifizierter Arbeitsplätze zu erreichen.
05.02. Th1 schützt vor Allergien
PZ. Ob ein Mensch an Allergien und Asthma leiden wird, entscheidet sein
Immunsystem - und zwar direkt nach der Geburt. Die Immunzellen von atopischen Kindern
entwickeln sich nämlich anders als die von gesunden Kindern. Zu diesem Ergebnis kommen
Susan L. Prescott und ihre Mitarbeiter vom TVW Telethon Institute for Child Health in
Perth, Australien. Sie hatten in einer im Lancet (353, 16. Januar 1999, S. 196 - 200)
veröffentlichten Studie die Reifung von Immunzellen bei atopischen und gesunden Kindern
untersucht. Menschen mit einer Atopie reagieren mit einer T-Helferzellantwort vom Subtyp 2
(Th2) auf Allergene. Im Gegensatz dazu reagieren gesunde Menschen mit einer Th1-Antwort,
wenn sie mit Allergie-auslösenden Substanzen in Kontakt kommen. Während der
Schwangerschaft ist die Immunität der Mutter immer in Richtung Th2 verschoben. Daher
findet man auch bei allen Neugeborenen Immunantworten vom Subtyp 2. Bei gesunden Kindern
verschiebt sich nach den Ergebnissen der neuen Studie allerdings innerhalb des ersten
Lebensjahres die Immunantwort auf Allergene aus der Luft in Richtung Th1. Es entwickelt
sich so eine Toleranz gegenüber Allergie-auslösenden Substanzen. Bei atopischen Kindern
bildet sich eine Th1-Antwort auf Allergene jedoch nicht aus. Die Faktoren, die die
Verschiebung der Immunantwort bei gesunden Kindern bewirken, sind noch unbekannt. Viele
Wissenschaftler vermuten, daß Infektionen und die Zusammensetzung der Bakterienflora im
Darm dafür sorgen, daß die Th1-Antwort verstärkt wird.
05.02. Neurobiologen entdecken
Taubheitsgen
dpa. Hamburger Neurobiologen haben ein Gen entdeckt, das für eine
vererbte Form der Taubheit verantwortlich ist. Diese Entdeckung ist in der neusten Ausgabe
des Wissenschaftsjournals Cell vom Freitag veröffentlicht worden, teilte die Universität
Hamburg mit. Der Hamburger Arbeitsgruppe um Professor Thomas Jentsch vom Zentrum für
Molekulare Neurobiologie gelang es zusammen mit der Gruppe von Prof. Christine Petit vom
Institut Pasteur in Paris, das Taubheitsgen KCNQ4 zu identifizieren und weiter zu
charakterisieren. Das gefundene Gen enthalte den Bauplan für einen Ionenkanal. Der nun
entdeckte Ionenkanal sei im Innenohr in den Haarzellen lokalisiert - in den Zellen, die
für die Umwandlung von Geräuschen in elektrische Nervenimpulse notwendig sind. Diese
Impulse werden anschließend vom Gehirn weiter verarbeitet. Der Funktionsausfall dieses
speziellen Kalium-Ionenkanals scheint somit einen zentralen Mechanismus des Hörens zu
stören, hieß es in der Mitteilung. Patienten mit Veränderungen an diesem Gen erkranken
an einer rasch zunehmenden Schwerhörigkeit, die in der Kindheit oder Jugend beginnt und
zur vollständigen Ertaubung führen kann.
04.02. Reform: Bayerns SPD warnt vor
Schnellschuß
PZ. Der bayerische Landesverband der Sozialdemokraten im Gesundheitswesen
(ASG) hat ein Moratorium für die Strukturreform im Gesundheitswesen gefordert. Der
Vorstand appellierte an die Bundesregierung, den Termin 1. Januar 2000 für das
Inkrafttreten zu verschieben. Die bayerischen SPD-Gesundheitspolitiker Andrea Faber, Anne
Hirschmann und Hans-Ulrich Pfaffmann plädieren dafür, daß sich die Bonner Koalition
mehr Zeit läßt als bislang geplant. Die sozialdemokratischen Positionen sollen bereits
am 9. Februar festgelegt, der endgültige Gesetzentwurf spätestens Anfang Juli in den
Bundestag eingebracht werden. Dagegen wenden die Bayern ein, daß für grundlegende
Reformschritte eine breite Diskussion erforderlich sei. Viele komplexe Probleme seien seit
Jahren in der Diskussion und nicht in ein paar Wochen zu klären. In Briefen an die
Koalitionsfraktionen sprechen sich die bayerischen SPD-Gesundheitspolitiker dafür aus,
grundlegende Alternativen für die Steuerung des Gesundheitswesens in Ruhe vorzubereiten
und öffentlich zu diskutieren. Das laufende Jahr sollte demnach zur Lösungsfindung
genutzt werden. Ein Hin und Her wie bei der übereilten Neuregelung der 630-Mark-Jobs
dürfe es bei der Gesundheitsreform nicht geben.
03.02. Antibiotika sollen vor Infarkt
schützen
PZ. In der Diskussion, ob bestimmte bakterielle Infektionen einen
Herzinfarkt begünstigen können, haben die Befürworter der Theorie neue Belege
gesammelt. Nach den Ergebnissen einer US-amerikanischen Studie, reduziert die Einnahme von
Chinolonen oder Tetrazyklinen das Infarktrisiko signifikant. Keinen Effekt haben dagegen
Makrolide, Sulfonamide, Penicillin und Cephalosporine. Christoph Meyer und seine Kollegen
von der Boston Universität in Lexington, verglichen 3315 britische Infarktpatienten mit
13.139 Kontrollpersonen, deren Krankheitsgeschichte und Medikamenteneinnahme in einer
Datenbank dokumentiert war. Dabei stellten sie fest, daß Versuchspersonen, die in den
letzten drei Jahren Chinolone eingenommen hatten, ein um 55 Prozent reduziertes
Infarktrisiko aufweisen. Tetrazykline vermindern das Risiko um 30 Prozent, stellten die
Forscher fest. In der Wissenschaftszeitschrift JAMA bezeichnen sie dieses Ergebnis als ein
deutliches Indiz dafür, daß Chinolon- und Tetrazyklin-sensible Bakterien das
Herzinfarktrisiko erhöhen. Gleichzeitig weisen sie aber auch darauf hin, daß weiter
Untersuchungen notwendig sind, um den exakten Zusammenhang aufzuklären.
03.02. Hebammen dürfen Heilkunde nicht
ausüben
dpa. Hebammen dürfen außerhalb der Geburtshilfe nicht selbständig
die Heilkunde ausüben. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz in einem am Mittwoch
veröffentlichten Urteil. So ist es nach Auffassung der Richter Hebammen etwa untersagt,
Schwangeren homöopathische Medikamente zu verabreichen (Az.: 3 K 1947/98). Das Gericht
wies mit seinem Urteil die Klage einer freiberuflich tätigen Hebamme ab. Die Klägerin
hatte anläßlich ihrer Praxiseröffnung damit geworben, sie betreibe eine
"Naturheilpraxis". Eine Praxisbesichtigung durch das Gesundheitsamt ergab, daß
die Klägerin dort tatsächlich Untersuchungen und Behandlungen von Patientinnen mit
Schwangerschaftsbeschwerden vornahm. Daraufhin untersagte ihr die beklagte
Verbandsgemeinde unter Androhung eines Zwangsgeldes die Ausübung der Heilkunde.
03.02. Ärzte drohen mit
Verfassungsgericht
dpa. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) will
das Arznei- und Heilmittelbudget nicht akzeptieren und visiert eine Überprüfung durch
das Bundesverfassungsgericht an. Das Budget sei aus Sicht der KBV
verfassungsrechtlich höchst bedenklich, sagte KBV-Hauptgeschäftsführer Rainer Hess der
"Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch). Die KBV selber habe zwar keine
Möglichkeit, Verfassungsklage oder -beschwerde einzulegen. Deshalb werde geprüft, wie
man Ärzten Rechtshilfe geben könne, die gegen das Gesetz juristisch vorgehen wollten,
sagte Hess. Das könne entweder bereits bei Festsetzung der Budgets durch die
Aufsichtsbehörde oder später bei drohender Überschreitung der Budgets geschehen. Das
Arznei- und Heilmittelbudget sei verfassungsrechtlich bedenklich, weil es sich nicht mehr
an der wirtschaftlichen Verordnung der Kassenärzte orientiere, sagte Hess. Es sei damit
eine reine Sicherung der Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung. Denn die auf den
Arzt bezogenen Verordnungsdaten würden den kassenärztlichen Vereinigungen und damit den
niedergelassenen Ärzten vorenthalten. Erst diese Daten aber könnten es überhaupt
ermöglichen, dem Arzt einen Überblick zu verschaffen, ob und wie sich das Budget
einhalten lasse.
© 1999 GOVI-Verlag
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