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29.09. AOK will Solidarfonds einführen
Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) wollen spätestens bis
zum Jahr 2000 einen Solidarfond einführen, um die ostdeutschen
AOK-Landesverbände zu entlasten. Es sei "auf Dauer nicht
tragbar", daß die ostdeutschen Kassen nur über 80 Prozent der
Einnahmen von westdeutschen Kassen verfügten, bei den Ausgaben
aber 100 Prozent erreichen, sagte der Geschäftsführer des
AOK-Bundesverbandes, Hans Jürgen Ahrens, heute im
Deutschlandradio. Nach den Worten Ahrens ist geplant, die AOKen
im Westen zu einer Zahlung von 0,1 Prozent des Beitragsaufkommens
zu verpflichten. Dafür müsse man die Beiträge nicht erhöhen, im
Osten könnten sie sogar um 0,5 Prozent gesenkt werden.
Koalitionspolitiker planen nach Informationen der Zeitung "Die
Welt", die finahziell bedrängten ostdeutschen Kassen durch einen
kreditfinanzierten Ausgleichsfonds vor dem Kollaps zu bewahren.
So sollen Erhöhungen der Beiträge zunächst verhindert werden. Das
Defizit der Ostkassen hatte im Juli 1,1 Milliarden Mark betragen.
29.09. Heroinabgabe in Schweiz nicht abgeschafft
In der Schweiz hat eine Volkinitiative über die Abschaffung der
kontrollierten Heroinabgabe an Schwerstabhängige am Sonntag keine
Mehrheit gefunden. Nach der Prognose des Schweizer Fernsehens
wurde die Initiative konservativer Politiker von 71 Prozent der
Wähler abgelehnt. Die Regierung will in Kürze entscheiden, ob die
Heroinabgabe an Schwerstabhängige, die in einem Pilotprojekt
versucht worden war, ausgeweitet werden soll. Im Rahmen dieses
Projets waren rund 1000 Süchtige, die schon mehrere Therapien
abgebrochen hatten, täglich mit Heroin versorgt worden. Ziel wa
es, sie aus dem illegalen Beschaffungsmilieu herauszuholen, ihren
Gesundheitszustand zu stabilisieren und sie dann mit größeren
Erfolgsaussichten auf den Entzug vorzubereiten. Die Projektleiter
hatten eine positive Bilanz des dreijährigen Versuchs gezogen.
Die Befürworter der Volksinitiative meinten dagegen, der
staatlich sanktionierte Drogenkonsum sei eine gefährliche
Verharmlosung der Sucht.
29.09. Festbetragsarznei am meisten verordnet
Erste Ergebnisse einer Studie lassen erkennen, daß der
pauschale Vorwurf, die Ärzte in den neuen Bundesländern würden
immer noch zu viel verordnen, nicht berechtigt ist. Vielmehr sei
ein großer Teil auf Indikationen wie Diabetes und
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, zurückzuführen. Wie das Institut für
Medizinische Statistik (IMS) in Frankfurt am Main meldet, ist mit
endgültigen Zahlen Ende 1997 zu rechnen. Das Institut hat auch
den Anteil der Festbetragspräparate in der Gesetzlichen
Krankenversicherung in Westdeutschland im ersten Halbjahr 1997
unter die Lupe genommen. Danach machen sie 66 Prozent der
Verordnungen und 53 Prozent nach Wert aus. Bei einer Betrachtung
der Verordnungsentwicklung seit 1991 kommt IMS zum Schluß eines
eindeutigen Trends zugunsten von Präparaten, die der
Festbetragsregelung unterliegen. Ihr Verordnungsanteil in der GKV
habe sich in diesem Zeitraum von 29,1 auf jetzt rund 66 Prozent
mehr als verdoppelt. Der Anteil der patentgeschützten innovativen
Arzneimittel sei hingegen relativ konstant geblieben und liege
zur Zeit bei 4,5 Prozent (1991: 4,7 Prozent).
26.09. Zweiter Gerichtsentscheid gegen AVR
Gegen den Arzneimittelverordnungs-Report (AVR) liegt nun eine
weitere Gerichtsentscheidung vor. Auf Antrag der "Zentrale zur
Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs" hat das Landgericht Köln mit
Beschluß vom 23. September 1997 einem Spitzenverband der
Krankenkassen im Wege der einstweiligen Verfügung kostenpflichtig
untersagt, die Tabelle 46.2 "Verordnungseinschränkungen nach den
Arzneimittel-Richtlinien" und die Tabelle 46.5 "Substitution
umstrittener Arzneimittel" zu veröffentlichen oder
veröffentlichen zu lassen.
26.09. Transplantationsrecht kann in Kraft treten
Nach Zustimmung des Bundesrates kann das Transplantationsrecht
nun in Kraft treten. Damit wird gleichzeitig der Organhandel bei
Strafe verboten. Grundsätzlich ist die Organspende in Zukunft nur
möglich, wenn der Organspender vor seinem Tod in die
Organentnahme eingewilligt hat. Der Eingriff darf nur durch einen
Arzt vorgenommen werden. Unzulässig ist ferner eine Entnahme,
wenn die verstorbene Person ihr vorher widersprochen hatte. Das
neue Gesetz bezieht sich lediglich auf Organe, Organteile und
Gewebe. Regelungen für Blut und Knochenmark sowie für embryonale
und fetale Organe sollen später folgen.
26.09. Personalschulung bei Aldi
Die Aldi-Gruppe, Mülheim/Ruhr, will demnächst in 11 von 16
Bundesländern Medikamente anbieten, die nicht rezept- oder
apothekenpflichtig sind. Dies bestätigte der Deutsche Industrie-
und Handelstag (DIHT) am 23. September in Bonn. Nach
Zeitungsmeldungen werden derzeit 3.000 Aldi-Mitarbeiter für den
Verkauf von Arzneimitteln geschult und für eine vom Gesetzgeber
vorgeschriebene Sachkenntnisprüfung bei den Industrie- und
Handelskammern (IHK) vorbereitet. Vertreter der Zentrale von
Aldi-Nord in Essen wollten dazu nicht Stellung nehmen. Laut DIHT
gibt es auch bei weiteren Supermarktketten Überlegungen,
Medikamente in das Sortiment aufzunehmen.
26.09. Expertenrunde zur weltweiten Aids-Überwachung
Auf einer vom Robert Koch-Institut (RKI) organisierten
UNAIDS-Tagung wurde festgestellt, daß die Entwicklung von
Strategien zur Verhütung und Bekämpfung von HIV und Aids trotz
der Erfolge der verbesserten Behandlungsmöglichkeiten mit den
neuen Kombinationstherapien weiterhin eine zentrale Aufgabe
nationaler und internationaler Gesundheitspolitik ist. Da die
neuen antiviralen Arzneistoffe zur Aids-Therapie sehr kostspielig
sind, werden weltweit mehr als 90 Prozent der Patienten damit
nicht behandelt, heißt es in einer Pressemeldung des RKI vom 25.
September. Die Beobachtung der Ausbreitung der Epidemie und die
Prävention durch Aufklärung blieben deshalb die wirksamsten
Waffen im Kampf gegen HIV und Aids. Nur anhand belastbarer
epidemiologischer Daten sei der weitere Verlauf der Epidemie
einzuschätzen, und geeignete Präventionsmaßnahmen könnten
ergriffen werden.
24.09. Keine weiteren Fälle von Lassa-Fieber
Nach dem Tod eines Afrikaners, der wahrscheinlich mit dem
Lassa-Virus infiziert war, sind bisher keine neuen
Krankheitsfälle aufgetreten. In Düsseldorf wurden etwa 60
Personen untersucht, mit dem 37jährigen Mann in Kontakt gestanden
haben sollen, teilte das Gesundheitsamt der Stadt jetzt mit. Die
Suche nach Menschen, die sich infiziert haben könnten, wird
dadurch erschwert, daß sich der Afrikaner illegal in Deutschland
aufhielt. In Mainz und Wiesbaden werden rund 100 Menschen
medizinisch überwacht, die den Mann besucht, behandelt oder seine
Labor-Proben untersucht haben. Die Behörden riefen nochmals dazu
auf, jeden möglichen Kontakt mit dem Gestorbenen zu melden. Die
Suche nach Kontaktpersonen soll bis zum 11. Oktober fortgesetzt
werden. Derzeit werden in Düsseldorf mehr als 7 000 Handzettel
und Fotos verteilt. Endgültige Sicherheit darüber, ob der Mann
tatsächlich an Lassa-Fieber gestorben ist, versprechen sich die
Experten von Laborproben, die derzeit noch untersucht werden.
Unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen obduzierten Ärzte in
Süddeutschland am 23. September die Leiche des 37jährigen.
Ergebnisse sind noch nicht bekannt.
24.09. Warnung vor Medikamenten aus dem Internet
Deutsche Ärzte haben nach einem Stichproben-Test dringend vor
der Bestellung von Medikamenten über das Internet gewarnt. Bei
der Laboruntersuchung eines zu Testzwecken bestellten Medikaments
seien erhebliche Qualitätsmängel entdeckt worden, berichtete die
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft am 24. September
in Köln. Das Medikament Diphtantoine sei im Internet
fälschlicherweise als Mittel gegen Depressionen und zur
Konzentrationssteigerung angeboten worden. Tatsächlich handele es
sich bei dem in Belgien in Verkehr gebrachten Präparat aber um
ein Antiepileptikum, das auch gegen Herzrhythmusstörungen
eingesetzt werde. Infolge von Herstellungsmängeln werde der
Wirkstoff bei dem Medikament außerdem mit erheblicher Verzögerung
freigesetzt. Das untersuchte Muster des Arzneimittels erfülle die
deutschen Qualitätsanforderungen nicht. Die Kommission habe
inzwischen die deutschen Überwachungsbehörden für
Arzneimittelsicherheit über die mit dem Versand des Präparats
zusammenhängenden Risiken informiert.
24.09. WellMate ist mobiles Diabetes-Konzept
Ein konstantes, kostengünstiges und ortsunabhängiges
Diabetes-Monitoring ist Ziel einer gemeinsamen Neuentwicklung des
internationalen Anbieters digitaler Mobiltelefone Nokia, der
finnischen Pharmafirma Orion und von Boehringer Mannheim. Mit dem
Konzept WellMate soll eine flexible, tägliche Messung und
Kontrolle diabetesrelevanter Informatio-nen möglich werden. Die
Kooperationspartner wollen damit eine kostengünstige Lösung für
die Kommunikation zwischen dem einzelnen Diabetes-Patienten und
seinem Arzt anbieten. Branchenweit, so Boehringer Mannheim, werde
WellMate das erste mobile Telefongerät sein, das in der
Diabetesbehandlung Einsatz finden werde. Mit ihm können
Blutzuckerwerte und andere diabetesrelevante Daten gesammelt und
vom Patienten entweder per digitalem Telefon oder PC mit
Internetanschluß an eine bestimmte medizinische Datenbank
gesendet werden. Der Arzt könne zu jedem Zeitpunkt und von jedem
Ort die Datenbank abrufen und sich so ein genaues Bild über die
Blutzuckerwerte machen. Die ersten klinischen und techni-schen
Untersuchungen mit WellMate sollen im Herbst 1997 in Finnland
anlaufen.
24.09. Schorre: Freiberufe müssen erhalten bleiben
Vertragsärzte und Apotheker sind nach Einschätzung von Winfried
Schorre, Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
(KBV), massiv in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Die
Ursache sieht Schorre in gesetzlichen Ausgabebudgets und
Sparzwängen. Im Rahmen einer Feierstunde zum 125jährigen Jubiläum
des Deutschen Apotheker Verbandes (DAV) am 23. September in
Frankfurt bemerkte Schorre, daß Arzt und Apotheker wie
siamesische Zwillinge miteinander verbunden seien. Der Arzt darf
die für seine Behandlung notwendigen Medikamente nicht selbst in
seiner eigenen Praxis abgeben, der Apotheker ist aber bei
verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an die Verordnung des
Mediziners gebunden." Man müsse deshalb unbedingt arbeitsteilig
miteinander kooperieren. Sowohl im ärztlichen als auch im
pharmazeutischen Bereich käme es durch Überkapazitäten zu einem
massiven Konkurrenzdruck, der die wirtschaftliche Situation aller
Beteiligten verschärfe. Schorre empfahl, sich nicht unter die
Dampfwalze von Einkaufssystemen amerikanischer Prägung schieben
zu lassen, sondern durch eigene Beiträge das deutsche
Gesundheitssystem weiterzuentwickeln. Apotheker und Ärzte sollten
die in den beiden GKV-Neuordnungsgesetzen enthaltene Chance
gemeinsam nutzen, die sektoralen Ausgabenbudgets durch
individuelle Richtgrößen abzulösen und neue Versorgungs- und
Vergütungsstrukturen behutsam zu entwickeln.
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