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18.08. Kassen müssen weniger für Arznei bezahlen
PZ. Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für
Arzneimittel sind im ersten Halbjahr 1998 im Vergleich zum
Vorjahreszeitraum um 3,3 Prozent (Westdeutschland) und um 9,5
Prozent (neue Länder) zurückgegangen. Das berichtete am Dienstag
in Bonn der Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKK)
aufgrund einer Hochrechnung. Der BKK-Bundesverband ist für den
Arzneimittelbereich federführend in der GKV. Im vergangenen Jahr
waren die GKV-Arzneimittelausgaben im Vergleich zu 1996 um
insgesamt 4,1 Prozent (West) beziehungsweise um 6,8 Prozent (Ost)
gesunken. Aufgrund der Zuzahlungserhöhungen zum 1. Januar und 1.
Juli 1997 müssen GKV-Patienten im laufenden Jahr voraussichtlich
rund 5,3 Milliarden DM für verordnete Medikamente bezahlen,
schätzt der BKK-Bundesverband. Das entspricht rund 16 Prozent der
GKV-Arzneimittelausgaben (1997: 31,9 Milliarden DM). Frühere
Schätzungen waren von höheren Zuzahlungen ausgegangen. Die
niedrigere BKK-Prognose sei auch auf den zu größeren Packungen
zurückzuführen, sagte BKK-Vorstandschef Wolfgang Schmeinck.
Außerdem war die Zahl der im ersten Halbjahr 1997 verordneten
Packungen durch den Vorzieheffekt um zwölf Prozent gestiegen, und
die verbesserte Härtefallregelung entlaste viele Patienten.
17.08. Dealer strecken Drogen mit Lidocain
PZ. Das Landeskriminalamt Berlin und das Bundesministerium für
Gesundheit warnen Apothekerinnen und Apotheker vor einer
unkritischen Abgabe von Lidocain. Lidocain wird nach Angaben der
Behörden seit Jahren von Drogendealern als Streckmittel für
Kokain und Heroin mißbraucht. Die Konsumenten können jedoch nicht
erkennen, ob ihr Stoff mit dem Lokalanästhetikum gestreckt ist
und fallen so der Profitgier der Drogenhändler zum Opfer.
Lidocain schmeckt genauso bitter wie Kokain. Der gestreckte
Drogencocktail kann tödlich wirken. Größere Dosen Lidocain lösen
Krämpfe aus, der Blutdruck fällt ab und es kann zu
Herzrhythmusstörungen und Atemstillstand kommen. Nach Angaben der
Berliner Zeitung (BZ) fanden Gerichtsmediziner in der
Bundeshauptstadt alleine 1998 bei 23 von 98 Drogentoten eine
Überdosis Lidocain. Da Lidocain bisher nicht der
Verschreibungspflicht unterliegt, kann die Substanz problemlos
von geschäftstüchtigen Drogendealern in der Apotheke besorgt
werden. Um diesen Mißbrauch zu unterbinden, will das
Landeskriminalamt Berlin in der kommenden Woche alle
Drogenberatungsstellen, Streetworker und Notärzte warnen. Nach §
17 Absatz 8 der Apothekenbetriebsordnung ist das pharmazeutische
Personal verpflichtet, einem erkennbaren Arzneimittelmißbrauch in
geeigneter Weise entgegenzutreten. Die ABDA weißt darauf hin, daß
bei begründeten Verdacht die Abgabe von Lidocain deshalb
verweigert werden muß.
17.08. VFA hält Richtlinien für Hemmnis
PZ. Der Entwurf zur Neufassung der Arzneimittel-Richtlinien
(AMR) wird dem Ziel nicht gerecht, den sich wandelnden
Anforderungen an eine ausreichende, zweckmäßige und
wirtschaftliche Versorgung der GKV-Versicherten Rechnung zu
tragen. Das sagte heute Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des
Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) in Bonn. Der
Entwurf "setzt innovationshemmende Akzente und erschwert eine
Therapie nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen",
kritisiert Yzer. Beides sei zum Nachteil der Patienten.
Beispielhaft verweist der VFA auf die Absicht, Heilversuche
künftig auf den individuellen Einzelfall zu beschränken und von
der Zustimmung durch die Krankenkassen abhängig zu machen. Der
vollständige Ausschluß der Erstattungsfähigkeit von zugelassenen
Arzneimitteln in nicht zugelassenen Indikationen sei medizinisch
und ethisch ebenso problematisch wie die grundsätzliche
Genehmigungspflicht ihrer Verordnung. Mit dieser Regelung würde
der Einsatz des therapeutischen Fortschritts in der ambulanten
Versorgung behindert und unnötig verzögert, befürchtet der
Verband.
17.08. SPD will Prävention stärken
dpa. Die SPD will Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation
stärker fördern. Dies sei sinnvoller und wirtschaftlicher als das
Streichen von Leistungen, sagte der Vorsitzende Oskar Lafontaine
auf einer Konferenz seiner Partei "Das Recht auf Gesundheit" am
Montag in Bonn. Vor allem sei es aber humaner. Deshalb werde die
SPD bei einer Regierungsübernahme die Bedingungen bei der
Rehabilitation wieder schrittweise verbessern. Es gehe nicht nur
darum, die unverantwortlichen Eingriffe der Regierung in
Leistungen und Strukturen von Prävention und Rehabilitation
wieder zurückzunehmen, sagte der SPD-Sozialpolitiker Karl-Hermann
Haack. Notwendig sei ein zukunftsweisendes Gesamtkonzept. Das
Benachteiligungsverbot des Grundgesetzes müsse durch Stärkung der
Anstrengungen zur beruflichen Rehabilitation Behinderter
verwirklicht werden.
14.08. Gehe mit deutlichem Gewinnplus
dpa. Europas größter Pharmagroßhändler Gehe hat im ersten
Halbjahr 1998 Gewinn und Umsatz gesteigert. Ohne Firmenverkäufe
in Großbritannien wuchs das Ergebnis der gewöhnlichen
Geschäftstätigkeit um rund 22 Prozent auf 240 Millionen DM im
Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das teilte das Unternehmen am
Freitag in Stuttgart mit. Beim Konzernumsatz legte die Gehe AG
ebenfalls um 8,1 Prozent auf 12,7 Milliarden DM zu.
Einschließlich der Verkäufe fielen die Steigerungsraten geringer
aus. Danach betrug das Umsatzplus 2,6 Prozent und der
Ergebniszuwachs 5,7 Prozent. Bis zum Jahresende rechnet Gehe
damit, daß sich die positive Entwicklung fortsetzt. Beim Umsatz
werde ein Ergebnis auf Vorjahresniveau, 25 Milliarden DM,
erwartet und beim Gewinn eine deutliche Steigerung. Verkauft
wurden im vergangenen Jahr Unternehmensteile, unter anderem die
Pharmaproduktion, die nicht zum Kerngeschäft gehörten. Die
Kartellbehörden hatten dies zur Auflage für die Übernahme der
britischen Apothekenkette Lloyds Chemists gemacht. Die Zahl der
Mitarbeiter im Konzern verringerte sich binnen Jahresfrist um
rund 3.600 auf 22.630. Der starke Abbau sei vor allem auf die
Firmenverkäufe zurückzuführen.
14.08. BPI erneuert Kritik an Bundesausschuß
dpa. Als einen "massiven Angriff auf das Grundprinzip der
Solidargemeinschaft" und als "ideologisches Bürokratenwerk" hat
der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) den
Arzneimittel-Richtlinienentwurf kritisiert. "Sollten die
Arzneimittel-Richtlinien in dieser Form realisiert werden, wird
es vor allem für alte und kranke Menschen ein böses Erwachen
geben", kritisierte BPI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Weng am
Freitag in Frankfurt. Der Entwurf des Bundesausschusses Ärzte und
Krankenkassen, der sich derzeit im Anhörungsverfahren befinde,
setze sich zudem über die "alltägliche Praxis der Ärzte" hinweg.
Der BPI hatte dem Ausschuß am Freitag seine Stellungnahme
abgegeben. Die Richtlinien schreiben den Ärzten vor, welche
Medikamente sie den Patienten zu Lasten der erstattenden
Krankenkassen verordnen dürfen. "Wie das Kaninchen die Schlange,
hat der Ausschuß die Arzneikosten im Visier und dabei keinen
Blick mehr für das Wesentliche gehabt", kritisierte Weng. Der
Ausschuß solle den Entwurf zurückziehen, bis das
Bundesverfassungsgericht in einem anhängigen Verfahren über seine
Kompetenz entschieden habe.
14.08. Schering verkauft in Brasilien wieder Pille
dpa. Der deutsche Pharma-Konzern Schering (Berlin) darf seine
Antibabypille "Microvlar" wieder in Brasilien verkaufen. Dazu
habe das brasilianische Gesundheitsministerium am Donnerstag die
Genehmigung gegeben, teilte das Unternehmen in Berlin mit. Von
dem Präparat waren offenbar auf kriminellem Wege wirkungslose
Exemplare in den Handel gelangt, wodurch das brasilianische
Tochterunternehmen von Schering in die Schlagzeilen geraten war.
Das Präparat wird nun in neuer Aufmachung gehandelt. Schering
hatte mehrfach darauf verwiesen, Opfer krimineller Handlungen
geworden zu sein. Die Placebos für einen Testlauf neuer
Verpackungsmaschinen seien entwendet und illegal in Umlauf
gebracht worden. Zugleich erklärte Schering die Bereitschaft,
Frauen zu entschädigen und ihnen medizinische Hilfe anzubieten,
die nachweislich während der Einnahme von Placebo-Pillen
schwanger wurden.
13.08. Bayer sucht keine Fusionspartner
dpa. Der Chemie- und Pharmakonzern Bayer hat kein Interesse,
Hoechst zu übernehmen, falls der Frankfurter Konkurrent ins
Straucheln kommt. "In den nächsten fünf Jahren werden wir alleine
bleiben", sagte Schneider am Mittwoch abend im Internationalen
Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten. Der Bayer-Chef erwartet
allerdings, daß die Konzentrationswelle in der Pharmabranche
weiterrollt. Die Marktanteile der international führenden
Unternehmen seien in diesem Sektor deutlich niedriger als zum
Beispiel in der Autoindustrie. "Zur Entwicklung bahnbrechender
Arzneimittel gehört zwar eine kritische Masse, dies ist aber
nicht von der Größe, sondern von der Kultur eines Unternehmens
abhängig", sagte Schneider. Bayer habe für die kommenden Jahre
genügend Neuentwicklungen parat, um profitabel zu bleiben.
12.08. Viagra-Online: Schweizern platzt der Kragen
vwd. Die Schweizer Heilmittelkontrolle will wegen eines
Internet-Angebots für die Potenzpille Viagra in den USA
intervenieren. Eine Klinik aus Las Vegas besorgt Konsultation und
Verschreibung des Medikaments auf elektronischem Weg. Die Klinik
Focus Medical Group ist nach eigenen Angaben auf die Behandlung
sexueller Funktionsstörungen spezialisiert und offeriert im
Internet eine medizinische Konsultation samt Erstellung der
Anamnese. Das Ganze kostet 85 Dollar (rund 150 DM) und besteht
einzig und allein aus der Beantwortung eines Fragebogens. Gegen
Bezahlung mit der Kreditkarte wird die Potenzpille anschließend
verschickt - zum Preis von 100 Dollar (180 DM) für zehn Stück und
von 47 Dollar für den Versand. Vor möglichen Problemen versucht
sich der Anbieter unter anderem dadurch abzusichern, daß die
sogenannten Patienten sich mit dem Ausfüllen des Fragebogens zu
"ehrlichen" Antworten verpflichten und die Klinik von der
Verantwortung für mögliche Nebenwirkungen des Medikaments
entbinden. Als völlig illegal und abwegig stuft die
Interkantonale Kontrollstelle für Heilmittel (IKS) in Bern das
Vorgehen der Klinik aus Las Vegas ein. "Das ist ein Horror",
sagte IKS-Sprecher Jean-Christophe Meroz auf Anfrage. Eine
"online"-Konsultation samt Entbindung von jeder Verantwortung
gehe nicht an. Die IKS will deshalb bei der amerikanischen
Gesundheitsbehörde FDA und beim US-Hersteller Pfizer
intervenieren, um diese auf die Praktiken im Internet aufmerksam
zu machen.
12.08. Über 2.400 Aids-Tote in NRW
dpa. In Nordrhein-Westfalen sind bislang etwa 12.000 Träger des
Aidserregers HIV registriert worden. Bei fast 4.000 Aids-Kranken
ist das Virus zum Ausbruch gekommen. Diese Zahlen gab
NRW-Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) am Mittwoch in
Düsseldorf bekannt. Mehr als 2.400 Menschen seien landesweit
bereits an Aids gestorben. Trotz deutlicher Behandlungserfolge
gebe es keinen Grund zur Entwarnung, unterstrich die Ministerin.
In NRW müßten jährlich mit weiteren 400 HIV-Infektionen und etwa
200 Aids-Kranken gerechnet werden. "Aids ist zwar behandelbar
geworden, gleichwohl aber eine unheilbare Krankheit geblieben."
Sie warnte davor, die Krankheit als vermeintlich kontrolliertes
Problem aus dem gesellschaftlichen Blickwinkel zu verdrängen. 80
Prozent der Aids-Erkrankten sind Homo- und Bisexuelle, 85 Prozent
sind männlich. In rund einem Prozent der Fälle trifft das
Schicksal Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre.
12.08. Fettpille kommt am 21.9. auf den Markt
dpa. Die Anti-Fett-Pille Orlistat soll am 21. September auf den
deutschen Markt kommen. Eine Vier-Wochen-Packung mit 84 Kapseln
wird etwa 180 Mark kosten, teilte Hans-Ulrich Jelitto, Sprecher
des Pharmakonzerns Hoffmann-La Roche, auf Anfrage mit. Der Preis
für eine Tagesdosis von drei Pillen betrage damit rund sechs
Mark. Der Entscheidung, ob es Xenical auf Kassenrezept gibt,
wollte der Pharmakonzern nicht vorgreifen. Dies müßten die
Krankenkassen entscheiden, sagte Jelitto. Er verwies aber darauf,
daß die durch Fettsucht bedingten Folgeerkrankungen wie
Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Gicht, Stoffwechselstörungen
erhebliche Kosten verursachen. Vor diesem Hintergrund würden die
Kassen sicherlich abwägen, ob Patienten Orlistat auf Chipkarte
bekommen sollen.
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