PZ +++ Nachrichten +++
16.03. Tolterodin:
neu bei Harninkontinenz
PZ. Seit Anfang März ist der
Muscarinrezeptorantagonist Tolterodin (Detrusitol) zur Behandlung der motorischen
Dranginkontinenz im Handel. Der neue Wirkstoff aus den Forschungslabors von Pharmacia
& Upjohn ist offenbar ebenso gut wirksam wie Oxybutynin, dem derzeitigen
"Gold-Standard" in der anticholinergen Pharmakotherapie der Dranginkontinenz,
aber deutlich besser verträglich. Tolterodin verringert im Vergleich zu Placebo die
Häufigkeit der Miktion um 20 Prozent und die des unfreiwilligen Harnverlustes um 45
Prozent, haben Phase-III-Studien ergeben. Bei einer Dosierung von zweimal täglich zwei
Milligramm Tolterodin reduziert sich in zwölfwöchiger Therapie die Harnmenge beim
Wasserlassen um 35 Milliliter. In einem Beobachtungszeitraum von einem Jahr kam es zu
keinem Abhängigkeitsverhalten, die Dosis mußte nicht erhöht werden. Der signifikante
Unterschied zwischen Oxybutynin und Tolterodin liegt in der Häufigkeit unerwünschter
anticholinerger Nebenwirkungen. Dabei ist Mundrockenheit einer der häufigsten Gründe
für einen Therapieabbruch mit Oxybutynin. Bei der Therapie mit dreimal fünf Milligramm
Oxybutynin am Tag tritt sie mit einer Häufigkeit von 28 Prozent auf, mit zweimal zwei
Milligramm Tolterodin bei vier Prozent und mit Placebo bei zwei Prozent der Patienten.
Auch Verstopfung, Akkomodationsstörungen und kardiale Nebenwirkungen treten unter der
neuen Substanz deutlich seltener auf als unter Oxybutynin. Firmenaussagen zufolge sei die
stärkere Rezeptorbindungsstärke und damit die niedrigere Konzentration der Grund für
das günstige Nebenwirkungsspektrum.
16.03. MB-Plasma: Engpaß bei Blutspende droht
dpa. Der
Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Frankfurt hat jegliches
Sicherheitsrisiko im Zusammenhang mit MB-Blutplasma zurückgewiesen. "MB-Plasma ist
bisher 1,5 Millionen Mal in Deutschland angewendet worden, ohne daß ein Fall einer
Infektion von Aids, Hepatitis-B oder -C nachgewiesen wurde", sagte der ärztliche
Direktor des Blutspendedienstes, Professor Dr. Erhard Seifried, und warnte vor einem
drohenden Versorgungsengpaß mit Blutplasma in Hessen. Das Regierungspräsidium Kassel
hatte dem DRK wegen einer möglichen Hepatitis-Infektion den Vertrieb des MB- oder
Methylenblau-Plasmas in Hessen untersagt. Im vergangenen Jahr sei ein Patient "mit
hoher Sicherheit" von MB-Plasma mit Hepatitis-C infiziert worden, begründete
Präsidiumssprecher Manfred Merz das Verbot. Nach Angaben von Seifried gab es 1995 einen
Fall, bei dem möglicherweise Hepatitis-C übertragen wurde. Aber auch nach intensiver
Nachforschung sei diese Infektion nicht nachgewiesen worden. Die akute Entscheidung des
Regierungspräsidiums hält Seifried "für nicht angebracht". Da 50 Prozent des
vertriebenen Blutplasmas in Hessen MB-Plasma seien, drohe ein Engpaß in der Versorgung,
warnte Seifried. Zwar würden andere Anbieter wohl die Lücke füllen. Das DRK allerdings
gehe mit seinen Sicherheitsmaßnahmen für Blutprodukte weit über das geforderte Maß
hinaus.
16.03. Vier-Punkte-Programm gegen Cholera
dpa. Im
Kampf gegen die Cholera hat die Hongkonger Regierung heute ein Vier-Punkte-Programm
vorgelegt. Es umfaßt unter anderem strikte Einfuhrbeschränkungen für Muschelfleisch und
Schalentiere und die Überwachung von Fischrestaurants. Daneben müssen Reisebüros
Urlauber über die teilweise unzureichenden hygienischen Bedingungen in südostasiatischen
Ländern aufklären. Grund für die Aktivitäten ist eine neue Cholera-Welle in Hongkong
mit bislang 41 Erkrankungen. 1997 waren nur insgesamt 14 Cholera-Fälle registriert
worden.
13.03. Unfruchtbarkeit ist eine Krankheit
dpa. Die Unfruchtbarkeit einer Frau
ist nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs in München als Krankheit anzusehen. Nach der
am Freitag veröffentlichten Entscheidung des 3. Senats ist daher eine künstliche
Befruchtung als Heilbehandlung anzusehen. Deshalb seien die Kosten für die Behandlung als
außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar (III R 84/96). Geklagt hatte ein Ehepaar
aus Niedersachsen, das Kosten in Höhe von 6825 Mark für eine künstliche Befruchtung
steuerlich geltend gemacht hatte. Die Frau litt an einer organisch bedingten Sterilität
und konnte auf natürlichem Weg kein Kind empfangen. Das Finanzamt weigerte sich jedoch,
die Behandlung als notwendige außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Dagegen urteilten
die Richter des Bundesfinanzhofs, die Frau befinde sich in einer Zwangslage, die
steuerrechtlich zu berücksichtigen sei. "Das Recht, Nachkommen zu gebären, gehört
zum Kernbereich der freien Entfaltung der Persönlichkeit", heißt es in der
Urteilsbegründung. Allerdings billigten die Richter dies nur verheirateten Frauen zu.
13.03. Tuberkulose gefährlichste Infektion
dpa. Tuberkulose bleibt die am
häufigsten zum Tod führende Infektionskrankheit der Erde. Weltweit sterben jährlich
rund drei Millionen Menschen an der Lungenkrankheit, teilte das Deutsche Zentralkomitee
zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK, Berlin) am Freitag in Leipzig mit. 1996 wurden in
Deutschland 11.814 neue Tbc-Erkrankungsfälle registriert, knapp 900 Menschen starben
daran. Besondere Sorge bereitet den Medizinern die Zunahme von Multiresistenzen. In
Deutschland bestehe allerdings noch keine Gefahr, hieß es. Von den Neuerkrankungen
machten diese Fälle nur 1,3 Prozent aus. "Aber international sieht das völlig
anders aus", sagte Robert Loddenkemper, Generalsekretär des DZK. So liege ihr Anteil
in Rußland bereits bei etwa fünf Prozent, die Resistenzen gegen einzelne Medikamente
zwischen 25 und 50 Prozent.
13.03. BgVV: Sensibler Bestrahlungsnachweis
dpa. Mit einer neuen Methode des
Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) kann
die Strahlenbehandlung von Lebensmitteln auch bei geringster Dosierung nachgewiesen
werden. Das neue Verfahren sei besonders für die Überwachung des hiesigen
Bestrahlungsverbotes für Früchte, Gemüse und Kartoffeln geeignet, teilte das Institut
am Donnerstag in Berlin mit. In anderen europäischen Ländern ist die Strahlenbehandlung
von Lebensmitteln erlaubt, um die Zahl von Keimen darin zu reduzieren. Bei Kartoffeln,
Zwiebeln und Knoblauch wird ein Auskeimen verhindert. Bei den teilweise extrem niedrigen
Dosen sei es bisher nicht immer möglich gewesen, die Strahlenbehandlung sicher
nachzuweisen. Bei dem neuen, genauen Verfahren wird die Lichtmenge bestimmt, die
Silikatmineralien - mineralische Verunreinigungen in Obst und Gemüse - bei einer
Erhitzung von 70 Grad Celsius auf 500 Grad abgeben: Stammen die Mineralien von einer
bestrahlten Probe, geben sie wesentlich mehr Licht ab als unbestrahlte.
12.03. AOK: Kritik an Zuzahlung
PZ. Der AOK-Bundesverband hat erneut
die erhöhten Arzneimittel-Zuzahlungen kritisiert. Die derzeitige Regelung sei
gesundheitspolitisch unsinnig. Wenn Zuzahlungen erhoben würden, müßten sich diese an
Qualitätsaspekten orientieren, machte Verwaltungsratsvorsitzender Peter Kirch gegenüber
der Presse deutlich. Er sprach sich für ein Drei-Stufen-Modell aus, wie es bereits der
Bundesverband der Betriebskrankenkassen und - in ähnlicher Form - der Verband der
Forschenden Arzneimittelhersteller vorgeschlagen hatten. Lebensnotwendige Arzneimittel
sollten demnach ganz von der Zuzahlung befreit sein, wirtschaftliche und wirksame
Arzneimittel mit höchstens zehn Prozent belastet werden. "Unwirtschaftliche und
unwirksame" Medikamente will die AOK über hohe Zuzahlungen ganz vom Markt drängen.
11.03. HMR: Strebt Gewinnmarge von 20 Prozent an
dpa. Hochst Marion Roussel (HMR), die
Pharma-Tochter des Hoechst-Konzerns, will bis 1999 auf eine Gewinnmarge von 20 Prozent des
Umsatzes kommen. "Alle wichtigen Geschäftsprozesse sind darauf ausgerichtet, die
Ziele für 1999 zu erreichen", sagte der Vorstandsvorsitzende der Hoechst Marion
Roussel AG, Richard Markham, am Mittwoch in Frankfurt. Zu den zentralen Zielen gehört
auch, jährlich zwei neue Medikamente auf den Markt zu bringen. 1997 ist der Umsatz um
sieben Prozent auf 14 Milliarden DM gestiegen. Das Betriebsergebnis blieb jedoch mit 1,65
Milliarden DM um 19 Prozent unter dem Vorjahresergebnis. Im Berichtsjahr seien bedeutende
Fortschritte bei der Neuausrichtung von Forschung und Entwicklung erzielt worden, betonte
Markham.
11.03. BgVV warnt vor Campylobacter jejuni
PZ. Das Bundesinstitut für
gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV), Berlin, weist auf eine
bislang unterschätzte Erregergruppe von Lebensmittelinfektionen hin, Bakterien der
Gattung Campylobacter. Wie aus einer Auswertung der epidemiologischen Daten aus den neuen
Bundesländern, Berlin und dem Saarland hervorgehe, stellen diese in der Öffentlichkeit
kaum bekannten Bakterien in der Bundesrepublik Deutschland die nach den Salmonellen
zweithäufigste Erregergruppe für durch Lebensmittel ausgelöste Durchfallerkrankungen,
so das Institut. Hauptverursacher der 1996 gemeldeten rund 10.000 Campylobacteriosen (zum
Vergleich: 32.000 Salmonellosen) sei die Spezies C. jejuni. Das Krankheitsbild der
Campylobacteriosen entspricht im wesentlichen einer Salmonelleninfektionen und äußert
sich in akutem Durchfall, oft mit Fieber. Während bei Einzel- und Familienerkrankungen
vor allem kontaminiertes Geflügelfleisch verantwortlich zu sein scheint, erwiesen sich
bei infektionsepidemiologische Untersuchungen des BgVV nach Campylobacterausbrüchen in
Großküchen roh oder zu gering erhitzte Milch als Infektionsquelle. Dies führte 1997 zu
einem Verbot von roher Milch in der Gemeinschaftsverpflegung.
10.03. Arzneimittelausgaben sind gesunken
vwd. Nach Angaben des Bundesverbandes
der Betriebskrankenkassen (BKK) sind die Ausgaben für Arzneimittel im vergangenen Jahr in
Westdeutschland um 4,1 Prozent und in den neuen Ländern sogar um 6,8 Prozent gegenüber
1996 gesunken. Wesentlicher Grund für die Einsparung ist die drastische Anhebung der
Zuzahlungen im Jahr 1997. Nach den Angaben des BKK wurden 1997 im Westen 25,7 Milliarden
DM für Arzneimittel ausgegeben. 1996 waren es 26,8 Milliarden DM, 1995 lagen die Ausgaben
mit 25,1 Milliarden DM allerdings niedriger als im vergangenen Jahr. In Ostdeutschland
gaben die Kassen im Jahr 1997 rund 6,2 Milliarden DM für Medikamente aus. Niedriger lag
der Betrag zuletzt im Jahr 1993 mit 5,7 Milliarden DM. Großen Anteil an dieser
Entwicklung hat die zweimalige Erhöhung der Zuzahlung, die Patienten zu Medikamenten
leisten müssen. Die Patienten zahlten im vergangenen Jahr 5,5 Milliarden DM der
Arzneimittelausgaben selbst; im laufenden Jahr dürften es über sieben Milliarden DM
werden.
10.03. Gewalt gegen Senioren nimmt zu
PZ. Ein Problem, das Apotheker aus
Gesprächen mit älteren Kunden kennen: Viele Senioren haben Angst, Opfer von Gewalt zu
werden. Zu Recht, zeigt eine Studie der Bonner Initiative "Handeln statt
Mißhandeln" (HsM). Rund 36 Prozent der etwa 1000 Befragten wurden in den letzten
fünf Jahren Opfer von Gewalt in der Öffentlichkeit. Die häufigsten Delikte sind dabei
Einbruch (43 Prozent), Betrug (37 Prozent) und Handtaschenraub (32 Prozent). Über
Mißhandlungen durch Familienangehörige, insbesondere durch ihre Ehepartner, berichteten
rund elf Prozent der über 60jährigen. Die meisten von ihnen, knapp 70 Prozent, wurden
seelisch mißhandelt. Tätlich angegriffen oder eingesperrt wurden etwa 20 Prozent. Gewalt
in Pflegeheimen und Kliniken wird in der Erhebung kaum genannt. Die Bonner Initiative geht
allerdings davon aus, daß dort vieles im argen liegt. Professor Dr. Rolf D. Hirsch,
Gründer von HsM und Leiter der gerontopsychiatrischen Abteilung der Rheinischen
Landesklinik: "Der Personalschlüssel von einer Pflegekraft auf 2,8 Patienten - in
der Realität oft eins zu vier - ist per se schon Gewalt. Not herrscht dabei aber nicht
nur bei den Opfern, sondern auch bei den Tätern."
© 1997 GOVI-Verlag
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