PZ Nachrichten |
25.01.1999 00:00 Uhr |
26.01. Rückgang bei Berufskrankheiten 1997
PZ. Fast 89.000 Verdachtsfälle einer Berufskrankheit sind 1997 bei
den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung angezeigt worden; 5,4 Prozent weniger als
im Jahr zuvor. Das geht aus dem "Unfallverhütungsbericht Arbeit 1997" der
Bun-desregierung hervor. Knapp 23.500 Fälle wurden als Berufskrankheit anerkannt.
Weiterhin auffällig ist die Zunahme bei Erkrankungen, die auf die Einwirkung von Asbest
zurückzuführen sind. Der Anlaß für diese Erkrankungen liegt etwa zehn bis 40 Jahre
zurück. Heute ist die Verwendung von Asbest verboten und für den Umgang bei der
Entsorgung bestehen strenge Arbeitsschutzvorschriften. Die sieben häufigsten
Verdachtsanzeigen der Berufskrankheiten beziehen sich auf folgende Krankheitsbilder:
Schwere Hauterkrankungen (21.922 Fälle) Lendenwirbelsäule, Heben und Tragen (13.638)
Lärmschwerhörigkeit (12.689) Obstruktive Atemwegserkrankungen durch allergisierende
Stoffe (4.898) Asbestose (4.086) Silikose (2.997) Meniskusschäden (2.317).
25.01. Ein Skorpion gegen den Krebs
dpa. Im Kampf gegen einen meist tödlichen Hirnkrebs (Gliom) setzt ein
deutscher Forscher auf das Gift von Skorpionen. Harald Sontheimer fand in dem Gift des
israelischen Riesenskorpions (Leiurus quinquestratum) ein Peptidmolekül, das sich
ausschließlich an diese Krebszellen bindet. Er stellte seinen Zufallstreffer am Samstag
(Ortszeit) in Anaheim (Kalifornien) auf dem größten interdisziplinären
Wissenschaftskongreß der Welt vor, der 151. Jahrestagung des Amerikanischen Verbandes zur
Förderung der Wissenschaft (AAAS). Die klinischen Versuche an Menschen mit dem
Peptidmolekül Chlorotoxin sollen noch in diesem Jahr beginnen, sagte Sontheimer, der
jetzt als Professor an der Universität von Alabama in Birmingham lehrt. Das Peptid soll
radioaktiv bestrahlt und dann den Patienten intravenös injiziert werden. Das Molekül ist
so klein, daß es die Blut-Hirn-Schranke durchdringt und sich im Gehirn selektiv an die
Tumorzellen haftet, sagte der Forscher. Er erwartet, daß die Peptide mit ihrer
radioaktiven Strahlung alle Krebszellen im Gehirn der Patienten zerstören, ohne gesundes
Gewebe anzugreifen. Das Verfahren soll vor allem einzelne, im Hirn vertreute Gliom- Zellen
aufspüren. Der Tumorherd selbst würde auch in Zukunft chirurgisch entfernt werden, sagte
Sontheimer. Im Labor habe seine Methode eine Erfolgsrate von 98 Prozent. Das
Peptidmolekül blockiert den Chlorid-Eisen-Kanal der Krebszellen, der bei der Streuung des
Tumors eine entscheidende Rolle spielt.
25.01. MS-Kranken Medikamente nicht vorenthalten
dpa. Vor negativen Folgen bei der Versorgung schwer kranker Menschen mit neuen
erfolgversprechenden Medikamenten wegen der Kosteneinsparungen im Gesundheitswesen hat die
Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) in Hannover gewarnt. "Nur ein Viertel
der in Frage kommenden Erkrankten erhält bisher das Mittel Beta-Interferon", sagte
Dorothea Pitschnau, Bundesgeschäftsführerin der DMSG, in einem dpa-Gespräch. Dabei
könne bei rund 40.000 der insgesamt 120.000 MS-Patienten in Deutschland der
Krankheitsverlauf mit Beta-Interferon deutlich verlangsamt werden. Tatsächlich würden
jedoch nur etwa 10.000 Menschen, die unter der unheilbaren Muskelschwäche leiden, mit
diesen Präparaten behandelt. Pitschnau: "Es ist ein Skandal, wenn den Betroffenen
aus Kostengründen die Chance genommen wird, so lange wie möglich ein normales Leben zu
führen", erklärte Pitschnau. Es sei erwiesen, daß die Medikamente die Zahl der
Krankheitsschübe um rund ein Drittel pro Jahr reduzierten. Jährlich kosteten die
Beta-Interferon-Präparate für einen MS-Kranken zwischen 25.000 und 30:000 Mark.
"Angesichts des strikten Arzeimittelbudgets scheuen sich natürlich viele Ärzte,
diese Mittel zu verschreiben", sagte die Geschäftsführerin. Die Mediziner gerieten
dadurch in einen Gewissenskonflikt. Es sei Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen,
eine Lösung zu finden.
25.01. Expertin: HIV-Therapie birgt Risiken
dpa. Die Ausdehnung der medikamentösen Aidstherapie auf bisher
unbehandelte Gruppen von HIV- Infizierten könnte die Resistenz des Virus fördern und die
Epidemie noch weiter anfachen, befürchten US-Forscher. Sally Blower und Kollegen von der
Universität von Kalifornien in San Francisco stellten auf der 151. Jahrestagung des
Amerikanischen Verbandes zur Förderung der Wissenschaft (AAAS) in Anaheim ein
mathematisches Modell vor, das die Resistenz des HI-Virus gegen die neuen
Kombinationstherapien mit einbezieht. Ihr Modell kommt zu dem Ergebnis, daß die
medikamentöse Behandlung weiterer HIV-Infizierter unter striktester Aufsicht die Zahl der
neuen Fälle in den kommenden zehn Jahren um 15 bis 20 Prozent reduzieren könnte. Ohne
die entsprechende ärztliche Kontrolle aber könnte das Heer der HIV-Infizierten noch
anschwellen, warnte Blower. Sie errechnete eine Zuwachsrate von 20 Prozent in zehn Jahren
für den Fall, daß das HI-Virus durch die Ausdehnung der Therapien bei unzureichender
Aufsicht mehr Möglichkeit zur Resistenzbildung erhielte. Die Erfahrung zeige, daß die
Einnahme der Medikamenten-Cocktails gegen Aids größte Disziplin verlangt, sagte Blower.
Studien zeigten, daß etliche Patienten sich bei mangelnder Aufsicht nicht an die
vorgeschriebenen Einnahmezeiten und Dosierungen halten. Damit erhalte das Virus die
Chance, sich durch genetische Mutation zu wandeln und in neuer, leicht veränderter
Version der Schlagkraft der Medikamente zu entgehen.
22.01. Arzneipreise künftig vom Staat festgelegt?
PZ. Bei Bonner Politikern und Krankenkassen scheint sich die
Erkenntnis durchzusetzen, daß die Festbetragsregelung in der gegenwärtigen Form nicht
mehr haltbar ist. Ausgelöst worden ist dies durch die einstweilige Verfügung des
Land-gerichts Düsseldorf, wonach die Festbetrags-Festsetzung durch die Spitzenverbände
der gesetzlichen Krankenversicherung ge-gen europäisches Kartellrecht verstößt. Der
Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Bundestages Klaus Kirschner (SPD) plädierte in
Bonn dafür, daß die Festbeträge künftig per Verordnung vom Gesetzgeber festgesetzt
werden sollten. Die Entscheidungen anderer Gerichte abzuwarten, hält Kirschner für
falsch. "Der Staat muß jetzt die Verantwortung übernehmen, damit wir dieses System
nicht aufgeben müssen", erklärte der Parlamentarier. Ähnlich äußerte sich der
FDP-Gesundheitspolitiker Dieter Thomae. Er wies darauf hin, daß auch die abgewählte
Koalition in der letzten Wahlperiode dieses Thema andiskutiert habe. Thomae sprach sich
allerdings gegen "ein Preisdiktat" aus, "das den Wettbewerb um niedrigere
Preise unterhalb der Festbeträge zunichte macht und die Entwicklung von Innovationen
behindert".
22.01. IL-9 an Lypmphknotenkrebs beteiligt
dpa. Das Cytokin Interleukin 9 (IL-9) spielt wahrscheinlich eine
wichtige Rolle bei der Entstehung von Morbus Hodgkin und des anaplastischen Lymphoms.
Einem Pathologen der Medizinischen Universität Lübeck ist es gelungen, einen Botenstoff
nachzuweisen, der maßgeblich an der Entstehung der beiden häufigsten Arten von
Lymphknotenkrebs beteiligt ist. Die von dem Privatdozenten Hartmut Merz vorgelegte Arbeit
werde von der Medizinischen Gesellschaft Lübeck mit dem Habilitationspreis 1998
ausgezeichnet, teilte die Medizinische Universität am Donnerstag mit. In seiner Arbeit
habe Merz mit molekularbiologischen Experimenten nachgewiesen, daß der Wachstumsfaktor
Interleukin 9 an der Entstehung des Morbus Hodgkin und des großzelligen anaplastischen
Lymphoms beteiligt sei. Diese beiden Tumore sind die häufigsten Formen des
Lymphknotenkrebses.
22.01. Käse nach dem Essen schützt die Zähne
dpa. Käse schließt nicht nur den Magen, er ist auch gut für die
Zähne. Darauf haben britische Zahnärzte und Ernährungswissenschaftler hingewiesen. Sie
beriefen sich dabei am Donnerstag in der Zeitung "Daily Telegraph" (London)
unter anderem auf eine Untersuchung der Universität Newcastle. Die Testserie an 16
Erwachsenen ergab, daß ein Käsedessert den Angriff des im Hauptgang enthaltenen Zuckers
auf den Zahnschmelz bremst. Warum das so ist, sei noch unbekannt, da Käse eine "sehr
komplexe Substanz" sei, sagte Judy Buttriss, wissenschaftliche Direktorin der
britischen Ernährungsstiftung. Nach der wahrscheinlichsten Theorie zerfalle im Mund das
Käse-Protein Kasein und verbinde sich mit Calcium und Phosphaten. Diese Kombination von
Substanzen könne die Minerale des Zahnschmelzes möglicherweise genauso schnell wieder
ersetzen, wie sie vom Zucker abgebrochen würden.
21.01. ICOS bringt T-Zellen auf Trab
PZ. Wissenschaftler am Robert-Koch-Institut (RKI) haben einen neuen Rezeptor
entdeckt, der die Antwort der Immunzellen auf ein Antigen verstärkt. Bei dem von den
Wissenschaftlern ICOS (induzierbarer Co-Stimulator) genannten Molekül handele es sich um
ein Protein mit der relativen Molekülmasse von 55.000-60.000, das auf der Oberfläche von
T-Zellen sitzt, schreiben Andreas Hutloff und sein Kollegen in Nature (Bd. 397,1999,
S.263-266). Wenn ICOS mit einem eingedrungenen Erreger in Kontakt kommt, verstärkt es die
Immunantwort der T-Zelle, dazu gehören die Sekretion von Lymphokinen, die Vermehrung der
T-Zellen und die Stimulation der B-Zellen über Interleukin-10. Die B-Zellen attackieren
daraufhin die eingedrungenen Erreger mit spezifischen Antikörpern. Hutloff und sein
Kollegen vom RKI sind sich sicher, daß der von ihnen entdeckte ICOS neben CD 28 und
CTLA-4 der dritte wichtige Rezeptor für die Regulation der Immunantwort ist. CD 28 wirkt
ebenfalls aktivierend auf die T-Zellen. CTLA-4 verhindert, daß die Reaktion des Körpers
auf einen Eindringling überschießt.
20.01. Kassen wollen Festbeträge senken
PZ. Vorschläge zur Absenkung der Arzneimittel-Festbeträge in 202
Festbetragsgruppen haben gestern die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV) vorgestellt. In zwei Gruppen sollen die Festbeträge angehoben werden. Die
Absenkungsvorschläge erreichen in der Spitze 45 Prozent (Aciclovir Gruppe 1 und
H2-Antagonisten), bewegen sich aber zumeist im einstelligen Prozentbereich. Das dadurch zu
erzielende Einsparvolumen für die GKV soll 550 Millionen DM pro Jahr betragen. Insgesamt
umfaßt der Festbetragsmarkt derzeit 446 Gruppen. Wie die Spitzenverbände in Bonn weiter
mitteilten, wird das Anhörungsverfahren bis 18. Februar laufen. Anhörungsberechtigt sind
Sachverständige der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft, die
Arzneimittelhersteller und die Berufsvertretung der Apotheker. Voraussichtlich am 4. März
wollen die Spitzenverbände dann endgültig entscheiden, damit die neuen Festbeträge am
1. April 1999 in Kraft treten können. Die Revision ist unmittelbare Folge des
Solidaritätsstärkungsgesetzes. Wie berichtet, sollen demnach die Festbeträge künftig
den höchsten Abgabepreis des unteren Drittels des Abstandes zwischen dem niedrigsten und
höchsten Preis in der Vergleichsgruppe nicht übersteigen. Von der Neufestsetzung sind
die zum Anfang des Jahres in Kraft gesetzten Festbeträge ausgenommen.
20.01. Rezeptorblockade soll bei Cellulite helfen
PZ. Das Fettgewebe an Gesäß- und Oberschenkelregion der Frau ist
offenbar als Energiespeicher für Schwangerschaft und Stillzeit gedacht und nimmt nicht am
Abbau im Rahmen einer Gewichtsreduktion teil, erklärte Professor Dr. Werner O. Richter
vom Institut für Fettstoffwechsel und Hämorheologie vor Journalisten in München. Der
Fettabbau wird gesteigert durch Catecholamine, Wachtstumshormon und Glucagon, die über
den intrazellulären Anstieg von cAMP die Lipolyse ankurbeln. Freie Fettsäuren verlassen
die Zelle, gelangen zur Leber und werden umverteilt in Fett- und Muskelzellen.
Lipolyse-hemmend wirken dagegen Neurotransmitter, die am Neuropeptid-y-Rezeptor oder am a-2-Rezeptor angreifen. Fettzellen an seitlichen Gesäß- und
Oberschenkelregion tragen laut Richter etwa fünfmal mehr dieser Rezeptoren als andere
Fettzellen. Auf der Blockade der beiden Rezeptortypen beruht der Effekt des
apothekenexklusiven Dermokosmetikums Lipofactor®. In ex-vivo-Untersuchungen mit Humanhaut
konnte gezeigt werden, daß die Wirkstoffe die Haut penetrieren, so Richter. Eine sieben-
bis achtmal höhere Diffusion als aus der Gelformulierung soll das Sprühpflaster
erzielen, das im April in die Apotheken kommen soll. In einer vierwöchigen Untersuchung
mit 31 Frauen mit hartnäckiger Cellulite nahm die Dicke des Fettgewebes am behandelten
Bein um zehn Prozent ab.
19.01. Wohl keine tödlichen Ampullen im Umlauf
dpa. Das Pharmaunternehmen B. Braun Melsungen geht davon aus, daß
nach dem Tod zweier Babys in Belgien durch die falsche Beschriftung eines Medikaments
keine fehlerhaft etikettierten Ampullen mehr im Umlauf sind. Der Vorstandsvorsitzende
Georg Ludwig Braun sagte am Dienstag in Melsungen, nach seinen Informationen seien von dem
tödlichen Fehler insgesamt vier Ampullen betroffen, die im belgischen
Universitätskrankenhaus Leuven sichergestellt worden seien. Allerdings habe er von den
belgischen Behörden noch keine offizielle Auskunft erhalten, betonte Braun. Die
Verwechslung sei möglicherweise vermutlich darauf zurückzuführen, daß im Berliner Werk
des Unternehmens zunächst Ampullen mit Kaliumchlorid und im Anschluß daran Ampullen mit
Glucose-Lösung auf ihre Dichtigkeit überprüft wurden. Durch unterlassene Kontrolle mit
dem Auge sowie dem Leerlaufknopf könnte ein Riegel mit vier Ampullen des Kaliumchlorids
versehentlich in der Maschine verblieben sein, sagte Braun. Konzentriertes Kaliumchlorid
kann für Säuglinge tödlich sein.
© 1997 GOVI-Verlag
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