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»Ohne Apothekerinnen und Apotheker keine Apotheke – Punkt«

Gleich dreimal wiederholte Niedersachsens Kammerpräsidentin Cathrin Burs diesen Satz heute vor Journalisten – und er kam an. Ebenso konnte sie gemeinsam mit Mathias Grau vom LAV-Vorstand darstellen, wieso mehr Geld ins Apothekensystem muss. Rückenwind dafür gab es vom Landesgesundheitsministerium.
Daniela Hüttemann
05.07.2024  15:00 Uhr

Kammer und Verband nutzen am heutigen Freitag im Anschluss an die Routinepressekonferenz des niedersächsischen Landtags in Hannover die Chance, vor Medienvertretern von NDR, SAT1, RTL, Radio Antenne Niedersachsen und weiteren zu erklären, warum die vom Bundesgesundheitsministerium (BMG)  geplante Apothekenreform keine ist und was stattdessen passieren muss:  nämlich eine unverzügliche Stabilisierung der verbliebenen Apothekenstruktur durch eine Honorarerhöhung.

Karl Lauterbachs Reformpläne seien eine reine Mogelpackung, betonte Cathrin Burs, Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen. »Die Reform zerstört die Versorgungsqualität der Patientinnen und Patienten in Niedersachsen unwiederbringlich, statt sie für die Zukunft zu stabilisieren.« Derzeit hat das große Bundesland noch 1687 Apotheken (20 Prozent weniger als noch vor 15 Jahren) für rund 390.000 Patienten pro Tag.

Man sei nun an einem Kipppunkt angekommen. Die Apothekenschließungen träten überall auf, auf dem Land, am Stadtrand und in den Innenstädten. Auf den Einwurf eines Journalisten, die Leute auf dem Land seien es doch gewohnt, 25 Kilometer zu fahren, und in Hannovers Einkaufsstraßen sehe er noch viele Apotheken, warnten Burs und Grau vor einem fehlerhaften Eindruck. Auch diejenigen, die immobil sind, hätten Anspruch auf eine gute pharmazeutische Betreuung und wohnortnahe Versorgung.

In Zukunft Warteschlangen in Apotheken

Schlössen weitere Apotheken, müssten die restlichen immer mehr Arbeit stemmen, dafür fehle es irgendwann an Platz, Personal und Ressourcen, so Burs. In ihrer Apotheke in Braunschweig stehe den ganzen Tag eine PTA in der Rezeptur, die nächste Apotheke habe ein ähnliches Rezepturaufkommen. Falle die weg, sei das kaum auszugleichen.

Gerade der Einwand der hohen Apothekendichte in Innenstädten kommt immer wieder. Kammergeschäftsführer Lukas Kaminski ergänzte, dass in den größeren Städten auch die Bevölkerungsdichte viel höher sei, also auch entsprechend viele Einwohner versorgt werden müssen. Auch hier komme es irgendwann zu Platzproblemen in den Offizinen mit Warteschlangen.

Mathias Grau, stellvertretender Vorsitzender des Landesapothekerverbands (LAV) Niedersachsen, erinnerte daran, dass es auch an Personal in allen Berufsgruppen mangle und mit weniger Apotheken auch weniger ausgebildet werden könne. Zudem trauten sich aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen immer weniger junge Apothekerinnen und Apotheker, einen Betrieb neu zu gründen oder zu übernehmen. Eine für den Staat kostenneutrale Umverteilung des Apothekenhonorars, wie vom BMG vorgesehen werde das Apothekennetz nicht stärken, sondern weiter schwächen, da Gelder an anderen Stellen fehlen würden, warnte Grau.

Mit den Apotheken sparen, nicht an den Apotheken

Burs bekräftigte: »Wir brauchen auf jeden Fall eine Honorarerhöhung, nicht für die Inhaber persönlich, sondern für unsere Betriebe und faire Gehälter unserer Mitarbeiter, die jeden Tag herausragende Arbeit leisten. Wir müssen die vollausgestatteten Apotheken erhalten.« Man wolle sich ja auch kein Flugzeug ohne Flugkapitän vorstellen. »Ohne Apothekerinnen und Apotheker keine Apotheke. Punkt.«, wiederholte Burs mehrfach. 

Arzneimittel könnten erst durch die pharmazeutische Beratung ihre volle Wirksamkeit entfalten und pharmazeutische Dienstleistungen wie Medikationsanalyse helfen dem System, Geld zu sparen. Das gehe nur mit der fachlichen Expertise und Empathie der approbierten Apothekerinnen und Apotheker.

Ob die Apothekerschaft dem Reformvorhaben denn gar nichts Positives abgewinnen könnten, wurde gefragt. Burs fand darauf klare Worte: Es handle sich »um einen Frontalangriff auf unser System, den es abzulehnen gilt«. Weitere Protestmaßnahmen wollen sich Kammer und Verband vorbehalten und dem weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahren anpassen.

Wichtig sei es, nicht nur Gespräche mit Politikern auf allen Ebenen zu führen, sondern auch die Bürger vor einer drohenden Verschlechterung ihrer Arzneimittelversorgung und einer Zwei-Klassen-Apothekenlandschaft zu warnen. Wobei Burs und Grau die von Lauterbach anvisierten »Zweigapotheken« ohne Approbierten nicht als Apotheke durchgehen lassen, sondern von reinen Abgabestellen sprachen.

Landesgesundheitsministerium sieht Bedarf für mehr Geld

Das SPD-geführte Landesgesundheitsministerium hatte sich bereits mehrfach gegen die Pläne auf Bundesebene positioniert, so auch bei dieser Pressekonferenz. Ein Sprecher sagte, die Apothekendichte gehe auch in Niedersachsen spürbar zurück und viele stünden unter wirtschaftlichem Druck. Es sei gut, dass sich der Bund nun endlich um die Apotheken, als dritter wichtiger Säule des Gesundheitswesens neben Krankenhäusern und Arztpraxen, kümmern wolle. Aber die Details der geplanten Apothekenreform »sind unserer Ansicht nach unzureichend oder kontraproduktiv«, insbesondere Light-Apotheken ohne Apotheker, so der Sprecher.

Es brauche jetzt Aktionen, die tatsächlich wirksam gegen die Apothekenschließungen seien. Gerade für ein Flächenland wie Niedersachsen sei entscheidend, dass eine stabile Struktur der Vor-Ort-Apotheken erhalten bleibe. Kostenneutralität sei ein nachvollziehbares Ziel, auch im Blick auf stabile Krankenkassenbeiträge, aber man werde hier die Diskussion führen müssen, wie man das Gesundheitswesen insgesamt zukunftsfähig aufstellen kann. Bei der Apothekenreform sei die Kostenneutralität letzten Endes nur ein Taschenspielertrick, mit dem es keine strukturellen Verbesserungen geben werde. Die Rahmenbedingungen müssten verbessert werden, auch damit wieder mehr junge Menschen Apotheken übernehmen.

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