Nur jeder Zweite weiß, wofür seine Medikamente sind |
Daniela Hüttemann |
30.10.2018 14:16 Uhr |
Für ihre Studie befragten Simone Kiel und Kollegen von der Universitätsmedizin Greifswald 673 Patienten aus zehn Hausarztpraxen in Westthüringen und Südniedersachen – persönlich direkt in der Praxis, schriftlich oder telefonisch. Die Patienten waren mindestens 65 Jahre alt und nahmen drei Medikamente oder mehr ein. Die Hälfte von ihnen hatte sogar mindestens fünf Arzneimittel verordnet bekommen.
Insgesamt stimmten die Angaben der Patienten zur Einnahme ihrer Medikamente nur zu 54 Prozent mit den Einträgen des Arztes in die Krankenakte überein, schreiben Kiel und Kollegen in der aktuellen Ausgabe der »Deutschen Medizinischen Wochenschrift«. Drei Viertel der Patienten konnten den Handelsnamen oder den Wirktstoff ihrer Präparate richtig benennen. Für welche Erkrankung die Medikamente verordnet worden waren, wussten jedoch nur 47 Prozent. 56 Prozent kannten die korrekte Dosierung und 61 Prozent das Einnahmeschema. Patienten mit mehr als fünf Medikamenten waren dabei schlechter informiert als diejenigen mit drei bis vier Arzneimitteln.
Senioren mit höherer Schulbildung konnten die Arzneimittelnamen und Einnahmefrequenzen vergleichsweise korrekt wiedergeben, schreiben die Autoren. Eine gute Gedächtnisstütze sei ein Medikationsplan. Die Umfrage fand allerdings vor der Einführung des bundeseinheitlichen Medikationsplans im Oktober 2016 statt, sodass nur 65 Prozent der befragten Patienten einen Plan bekommen hatten, von denen drei Viertel vom Allgemeinarzt ausgestellt war. Nur 19 Prozent der Probanden nutzten ihn zur Beantwortung der Fragen.
»Der Besitz eines Medikationsplans alleine zeigte keinen positiven Effekt auf die korrekte Auskunftsfähigkeit, jedoch seine Anwendung«, schreiben die Forscher. Diejenigen, die ihren Medikationsplan auch nutzten, konnten 3,16-fach häufiger die Namen ihrer Arzneimittel nennen. Die Dosierung wurde 2,65-fach öfter korrekt wiedergegeben und die Einnahmehäufigkeit stimmte 2,03-fach häufiger.
Die Forscher folgern daraus, dass eine intensive und regelmäßige Aufklärung der Patienten über ihre Medikation die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) erhöhen kann. Hier solle der Apotheker stärker eingebunden werden. Auch die Technik soll helfen: Mittels einer zentralen Verordnungsdatenbank sollen die verschiedenen Ärzte und Institutionen alle Medikationsdaten vollständig abrufen können. Der ausgedruckte Medikationsplan sei aber weiterhin wichtig, meint Kiel. Er sei für viele Patienten eine wichtige Erinnerungsstütze und könne in Notfällen vorgelegt werden – wenn die Patienten ihn denn bei sich führen und er regelmäßig, das heißt einmal im Quartal, aktualisiert wird.
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